1 Anrechnung

Kindererziehungszeiten sind bestimmte Zeiten der Erziehung eines Kindes. Für einen Elternteil als leibliche Eltern, Adoptiv- und Pflegeeltern wird eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn

  • die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist,
  • die Erziehung im Inland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht und
  • der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist.

1.1 Erziehung im Inland/in gleichgestellten Gebieten

Die Anrechnung einer Kindererziehungszeit setzt voraus, dass das Kind im Gebiet der (heutigen) Bundesrepublik oder in gleichgestellten Gebieten erzogen wurde (gewöhnlicher Aufenthalt des Erziehenden und des Kindes in diesen Gebieten).

1.2 Erziehung im Ausland

Eine Erziehung im Ausland steht der im Inland gleich, wenn die besonderen Voraussetzungen nach § 56 Abs. 3 Sätze 2 und 3 SGB VI vorliegen, d. h. trotz des Auslandsaufenthalts die Integration in die deutsche Arbeits- und Erwerbswelt fortbesteht.

Davon ist – unabhängig von der Staatsangehörigkeit – auszugehen, wenn während der Erziehung des Kindes oder bereits unmittelbar vor dessen Geburt u. a. einer der nachfolgenden Sachverhalte vorgelegen hat:

  • Für den Erziehenden oder dessen Ehegatten/Lebenspartner wurden für eine Tätigkeit im Ausland Pflichtbeiträge zur deutschen Rentenversicherung gezahlt.[1]
  • Der Erziehende oder dessen Ehegatte/Lebenspartner übt – unter Fortbestehen eines inländischen Rumpfarbeitsverhältnisses – eine im Voraus zeitlich begrenzte Auslandsbeschäftigung aus.
  • Für den Ehegatten/Lebenspartner des Erziehenden sind während der Auslandsbeschäftigung nur deshalb keine Pflichtbeiträge zur deutschen Rentenversicherung gezahlt worden, weil Versicherungsfreiheit zur Rentenversicherung oder eine Befreiung von der Versicherungspflicht bestand. Die Auslandsbeschäftigung muss allerdings zeitlich im Voraus begrenzt gewesen sein.

1.3 Erziehung in einem EU-Mitgliedstaat/EWR-Staat/in der Schweiz

Zeiten der Erziehung eines Kindes in einem anderen Mitgliedstaat der EU sowie in Island, Liechtenstein, Norwegen oder der Schweiz können unter den Voraussetzungen des Art. 44 VO (EG) Nr. 987/2009 als Kindererziehungszeiten in Deutschland berücksichtigt werden.

 
Praxis-Tipp

Erkundigungen einziehen

Es empfiehlt sich bei einer (geplanten) Erziehung im Ausland den Rentenversicherungsträger zu kontaktieren und sich nach den Voraussetzungen für die Anrechnung von deutschen Kindererziehungszeiten zu erkundigen

1.4 Berechtigte nach dem Fremdrentengesetz

Bei Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) (z. B. Vertriebene, Aussiedler, Spätaussiedler) stehen der gewöhnliche Aufenthalt und Zeiten der Erziehung in den Herkunftsgebieten dem gewöhnlichen Aufenthalt und der Erziehung in der Bundesrepublik Deutschland gleich.[1] Berechtigte nach dem FRG erhalten somit Kindererziehungszeit für die im Herkunftsgebiet erzogenen Kinder.

2 Ausschluss von der Anrechnung

Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung werden nach § 56 Abs. 4 SGB VI nicht angerechnet für Personen, die

  • wegen Einstrahlung oder einer Ausnahmevereinbarung oder wegen der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem einer internationalen Organisation (EG-Beamte) nicht der Versicherungspflicht nach den deutschen Rechtsvorschriften unterliegen;
  • nach § 5 Abs. 4 SGB VI versicherungsfrei sind wegen des Bezugs

    • einer Vollrente wegen Alters nach Ablauf des Monats, in dem die Regelaltersgrenze erreicht wurde,
    • einer beamtenrechtlichen Versorgung bzw. einer Versorgung nach den Regelungen einer berufsständischen Versicherungs- und Versorgungseinrichtung oder wegen
    • bisheriger Nichtversicherung und Erreichen der Regelaltersgrenze bzw. wegen einer Beitragserstattung[1];
  • während und aufgrund der Erziehungszeit Anwartschaften auf Versorgung im Alter nach beamtenrechtlichen Vorschriften, Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen oder nach den Regelungen einer berufsständischen Versorgungseinrichtung erworben haben, die systembezogen gleichwertig berücksichtigt werden wie die Kindererziehung in der Rentenversicherung. Eine gleichwertige Berücksichtigung von Erziehungszeiten ist z. B. für Beamte nach dem BeamtVG vorgesehen (somit Ausschluss), regelmäßig hingegen nicht für berufsständisch Versorgte (kein Ausschluss).

Besonderheit Nachversicherung

Für Erziehende, die von der Berücksichtigung einer Kindererziehungszeit wegen anderweitiger Versorgung (z. B. Beamte) ausgeschlossen sind, können Kindererziehungszeiten angerechnet werden, wenn eine Nachversicherung durchgeführt wird.

Abgeordnete, Minister oder Parlamentarische Staatssekretäre sind von der Anrechnung einer Kindererziehungszeit ausgeschlossen, es sei denn, sie scheiden aus ihrer Tätigkeit ohne Anspruch auf eine Versorgung aus. Im Fall einer Nachversicherung und bei unversorgtem Ausscheiden werden die Erziehungszeiten berücksichtigt, die wegen anderweitiger Versorgung (zunächst) unberücksichtigt geblieben sind.

3 Dauer

Für jedes vor dem 1.1.1992 geborene Kind kann eine Kindererziehungszeit als Pflichtbeitragszeit von höchstens 30 Kalendermonaten (2,5 Jahre) berücksichtigt werden. Bei Geburten nach dem 31.12.1991 umfasst sie längstens 36 Kalendermonate (3...

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