Rz. 146

Nach dieser Vorschrift, die § 550 Abs. 2 Nr. 1 RVO a.F. entspricht, wird aus sozialpolitischen Gründen ein abweichender Weg (Umweg oder Abweg), der ansonsten unversichert wäre, unter bestimmten Voraussetzungen in den Versicherungsschutz einbezogen. Den Grundsätzen zum Versicherungsschutz bei Wegeunfällen entsprechend ist die Wegeabweichung, nicht aber der Aufenthalt im Hause der Obhutsperson versichert. Auch bildet die Außentür die räumliche Grenze. Der Gesetzgeber will auf diese Weise berufstätigen Eltern helfen, die Kindererziehung und Erwerbstätigkeit zu bewältigen haben. Versichert ist ausschließlich der abweichende Weg während des Weges nach Abs. 2 Nr. 1. Der allein zum Transport eines Kindes unternommene Weg wird nicht erfasst, ist nach der Vorschrift nicht versichert. Die Vorschrift ist insoweit auch nicht analog anwendbar. Diese Auslegung verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Art. 6 Abs. 1 GG (BSG, Urteil v. 20.3.2007, B 2 U 19/06 R). Ein Umweg oder Abweg auf einem Betriebsweg, der während der versicherten Tätigkeit zurückgelegt wird, ist nicht versichert. Abs. 2 Nr. 2a ist in solchen Fällen weder direkt noch analog anwendbar (BSG, Urteil v. 12.1.2010, B 2 U 35/08 R). Ebenso wenig wird die Beförderung von Obhutspersonen erfasst (BSG, Urteil v. 28.4.2004, B 2 U 20/03 R).

 

Rz. 147

Der Versicherte muss den abweichenden Weg wegen eines Kindes i. S. d. § 56 SGB I zurücklegen. Dazu gehören neben den Adoptivkindern nach § 56 Abs. 2 SGB I auch Stiefkinder und Enkel (Nr. 1), Pflegekinder im Rahmen eines auf Dauer angelegten Pflegeverhältnisses (Nr. 2) und Geschwister (Nr. 3). Weitere Voraussetzung ist, wie in § 56 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB I, dass das Kind mit dem Versicherten in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Das Kind muss gerade wegen der beruflichen Tätigkeit des Versicherten oder seines Ehegatten oder seines Lebenspartners fremder Obhut anvertraut werden. Die berufliche Tätigkeit muss also dafür kausal sein, dass das Kind nicht in der Obhut einer der genannten Personen bleiben kann und stattdessen in fremde Obhut gegeben wird. Die Vorschrift setzt nicht voraus, dass beide Elternteile bzw. beide Lebenspartner dem Kind in der Wohnung die erforderliche Betreuung deshalb nicht gewähren können, weil sie aus beruflichen Gründen gleichzeitig von der Wohnung abwesend sind. Entscheidend ist vielmehr der Grund für die Unterbringung des Kindes, der sowohl in der beruflichen Tätigkeit des Versicherten wie auch seines Ehegatten oder Lebenspartners liegen kann (BSG, Urteil v. 26.3.1986, 2 RU 7/85). In der Kommentarliteratur strittig und höchstrichterlich bisher nicht ausdrücklich geklärt ist die Frage, ob das auch dann gelten soll, wenn einer der Ehegatten oder einer der Lebenspartner weder aus beruflichen noch aus sonstigen Gründen (z. B. Krankheit oder Behinderung) gehindert ist, das Kind zu betreuen, und gleichwohl das Kind in fremde Obhut gegeben wird (verneinend Ricke, in: Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII, Rz. 224b; bejahend Keller, in: Hauck/Noftz/Keller, § 8 SGB VII, Rz. 260, und Krasney, in: Brackmann, § 8 SGB VII, Rz. 253).

 

Rz. 148

Der Versicherte muss den abweichenden Weg unternommen haben, um das Kind fremder Obhut anzuvertrauen oder es von dort abzuholen. Auch das Abholen ist versichert, obwohl dies dem Gesetzeswortlaut so nicht zu entnehmen ist (BSG, Urteil v. 26.3.1986, 2 RU 7/85). Das BSG leitet dies aus dem gesetzgeberischen Willen her. Nicht versichert ist ein abweichender Weg, wenn der Betreffende das Kind lediglich besuchen will.

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