Rz. 2

Abs. 1 regelt die Haftung der nach §§ 104 bis 107 privilegierten Schädiger gegenüber den Sozialversicherungen. Es handelt sich um einen nicht aus dem Recht der Versicherten abgeleiteten originär zivilrechtlichen Aufwendungsersatzanspruch. Leistungen der Sozialversicherungsträger begründen keinen Schaden. Daher geht es nicht um Schadensersatz (Ricke, in: BeckOGK, SGB VII, § 110 Rz. 5). Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz soll der Schädiger dem Sozialleistungsträger seine Aufwendungen, die er anstelle des Schädigers geleistet hat, ersetzen. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass es bei einem groben Verschulden des privilegierten Schädigers nicht mehr gerechtfertigt erscheint, den Schädiger auf Kosten der Beitragszahler zur Sozialversicherung von seiner zivilrechtlichen Haftung freizustellen (Krasney/Becker/Heinz/Bieresborn, SGB VII, § 110 Rz. 3). Für die Unfallversicherung ist zu berücksichtigen, dass die Haftungsprivilegierung des Unternehmers u. a. daraus erwächst, dass er allein die Beiträge zur Unfallversicherung erbringt. Ein Rückgriff ihm gegenüber soll nur dann erfolgen, wenn es unter Berücksichtigung dieses Umstandes angesichts des für den Versicherungsfall ursächlichen Verhaltens nicht mehr gerechtfertigt erscheint, die finanziellen Folgen des Versicherungsfalls auf die in der Gefahrtarifgemeinschaft zusammengeschlossenen Unternehmer abzuwälzen (Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 110 Rz. 2 mit Hinweis auf BGH, Urteil v. 12.1.1988, VI ZR 158/87). Neben der Möglichkeit des Schadensausgleichs soll die Vorschrift auch präventive und erzieherische Wirkung entfalten. Durch den drohenden Regress soll der Unternehmer angehalten werden, Versicherungsfälle zu vermeiden. Der Aufwendungsersatzanspruch tritt im Falle der Haftungsbeschränkung nach § 104 an die Stelle des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 116 SGB X (vgl. § 104 Abs. 1 Satz 2).

 

Rz. 3

Abs. 1a ist ebenfalls Präventionsnorm und hat darüber hinaus sanktionierenden Charakter (Ricke, in: KassKomm. SGB VII, § 110 Rz. 23). Durch den drohenden Regress bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sollen Unternehmer von Schwarzarbeit ab- und zur Beitragszahlung angehalten werden (krit. zum Strafcharakter und den dadurch entstehenden Anforderungen an eine rechtsstaatliche Ausgestaltung: Leube, SGb 2006 S. 404). Der Einführung des Abs. 1a lag die Überlegung zugrunde, dass die Solidargemeinschaft der redlichen Beitragszahler zur gesetzlichen Unfallversicherung durch Schwarzarbeit zunehmend geschädigt wird. Durch die Entschädigung von Versicherungsfällen, für die keine Beiträge entrichtet wurden, steigen die Beitragssätze. Dafür sollte ein Ausgleich geschaffen werden. Gleichzeitig hat die Norm durch die fehlende Begrenzung des Regresses auf den zivilrechtlichen Anspruch Sanktionscharakter (Hauck/Kranig, SGB VII, § 110 Rz. 23; krit. dazu: Hillmann, in: JurisPK SGB VII, § 110 Rz. 23.1).

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