Rz. 6

Der Unternehmerbegriff des § 104 folgt dem des § 136 Abs. 1 Nr. 1 bis 4. Demnach ist derjenige Unternehmer, dem das wirtschaftliche Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht. Irrelevant ist die Tatsache, ob der Unternehmer selbst freiwillig, durch Gesetz oder durch Satzung unfallversichert ist (Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 104 Rz. 4.1). Bei Gesellschaften bestimmt die Gesellschaftsform, wer Unternehmer ist (BSG, Urteil v. 26.1.1978, 2 RU 90/77). Kapitalgesellschaften (z. B. AG oder GmbH) sind jeweils selbst Unternehmer, nicht deren gesetzliche Vertreter. Diese können aber u. U. "andere Personen" i. S. d. § 105 sein (Krasney, NZS 2004 S. 7, 8). Bei Personengesellschaften (OHG, KG, BGB-Gesellschafft) sind Unternehmer die persönlich haftenden Gesellschafter (Schmitt, SGB VII, § 104 Rz. 4). Bei mehreren Unternehmern in einem Unternehmen sind diese Mitunternehmer und in gleicher Weise privilegiert, unabhängig davon, ob sie selbst versichert sind oder nicht (Krasney, in: Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, SGB VII, § 104 Rz. 7; Lauterbach/Dahm, SGB VII, § 104 Rz. 7; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 104 Rz. 4.2). Eine auf Erwerb gerichtete Betätigung des Unternehmens – was zwar regelmäßig vorliegen wird – ist jedoch nicht erforderlich. So ist auch der Eigenbauherr, dem Nachbarn "wie Arbeitnehmer" helfen, i. S. d. § 104 privilegiert (Lauterbach/Dahm, SGB VII, § 104 Rz. 7). Auch Verwaltungen wie Schulen oder die dahinter stehende Gemeinde können Unternehmer sein (vgl. Krasney, NZS 2004 S. 7, 8).

 

Rz. 6a

Auch derjenige Unternehmer, der Schwarzarbeit leistet, indem er Dienst- oder Werkleistungen erbringt, aber seine sozialversicherungsrechtliche Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 SchwarzArbG), ist nach § 104 haftungsprivilegiert. Dessen abhängig beschäftigte Arbeitnehmer sind in den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung einbezogen, wenn sie in den Betrieb eingegliedert sind (§ 7 Abs. 2 SGB IV). Der Unternehmer haftet gemäß § 110 Abs. 1a gegenüber den Sozialversicherungsträgern (vgl. die Komm. zu § 110 Rz. 20 bis 25).

 

Rz. 7

Das Unternehmerprivileg schützt den Unternehmer nur dann, wenn er als Unternehmer gehandelt hat. Für privates Handeln muss er nach den zivilrechtlichen Regeln einstehen, auch wenn er dabei zufällig einen Versicherten seines Unternehmens schädigt (Lauterbach/Dahm, SGB VII, § 104 Rz. 8; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 104 Rz. 4.1). Die teilweise in der Literatur vorgenommene Differenzierung zwischen einer Unfallverursachung des privat handelnden Unternehmers auf dem Betriebsgelände und auf einem Betriebsweg des Versicherten (Ricke, in: KassKomm. SGB VII, § 104 Rz. 4; Hauck/Kranig, SGB VII, § 104 Rz. 20) erscheint inkonsequent. In beiden Fällen liegt für den Versicherten ein Arbeitsunfall vor, sodass nur die Handlungsrichtung des Unternehmers ein Differenzierungsmerkmal sein kann. Für privates Handeln des Unternehmers steht die gesetzliche Unfallversicherung jedoch nicht ein.

 

Rz. 8

Haftet neben dem privilegierten Unternehmer ein Anderer, der nicht in der Haftung privilegiert ist (Zweitschädiger), so haftet dieser dem Geschädigten nach den Regeln der "gestörten Gesamtschuld" von vornherein nur zu dem Anteil, zu dem er im Innenverhältnis ohne die Privilegierung des Unternehmers haften würde (ständige Rechtsprechung des BGH: Urteil v. 11.11.2003, VI ZR 13/03; Urteil v. 10.5.2005, VI ZR 366/03; Urteil v. 24.6.2003, VI ZR 434/01; Hollo, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., § 104, Stand: 21.3.2019).

 
Praxis-Beispiel

A und B verursachen gemeinsam zu gleichen Teilen (50 %/50 %) einen Arbeitsunfall des C. A ist nach §§ 104ff. haftungsprivilegiert. Da A und B Gesamtschuldner sind (§ 421 BGB), könnte C grundsätzlich den vollen Schadensersatz von A oder B verlangen und den Schadensausgleich nach Anteilen dem Innenverhältnis nach § 426 BGB überlassen. C kann Schadensersatz jedoch nur von B verlangen, da sonst die Privilegierung des A ins Leere laufen würde. Auch dem B gegenüber gilt im Innenverhältnis das Haftungsprivileg des A. B müsste so den vollen Schaden tragen, obwohl sein Verursachungsanteil nur 50 % ausmacht.

Dies hätte zur Folge, dass sich das Haftungsprivileg des A nicht – wie es das System der Haftungsabgeltung bezweckt – zulasten des Geschädigten, sondern zulasten des Zweitschädigers auswirkt. Das Haftungsprivileg soll sich jedoch dort auswirken, wo es seinen ausgleichenden Grund hat, nämlich beim Geschädigten. Dieser erhält, quasi als "Gegenleistung" für die Haftungsminderung des Unternehmers, die Versicherungsleistung der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies darf jedoch nicht zu einer Begünstigung des Zweitschädigers (B) führen. Auf seine Haftung darf sich das Unternehmerprivileg letztlich nicht auswirken.

Ohne das Haftungsprivileg des A müsste B im Innenverhältnis zu 50 % haften. Dieser Haftungsumfang wird im Rahmen der gestörten Gesamtschuld auf das Außenverhältnis übertragen. C kann...

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