§ 9 Abs. 1 Satz 1 JArbSchG normiert ein echtes Beschäftigungsverbot des Arbeitgebers mit dem Ziel, die Berufsschulpflicht des Jugendlichen abzusichern und mit der betrieblichen Ausbildung im Rahmen des Berufsausbildungsverhältnisses zu synchronisieren. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Jugendlichen für die Teilnahme am Berufsschulunterricht von der Arbeit freizustellen. Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Verbot ist eine Ordnungswidrigkeit.[1] Der Jugendliche hat umgekehrt ein Recht, während der Berufsschulzeit die Arbeitsleistung zu verweigern. Für Auszubildende ergibt sich dies auch aus § 7 BBiG. Zum Beschäftigungsverbot gibt es keine Ausnahmevorschriften, auch nicht für Notfälle.[2]

Der Umfang der Freistellung bestimmt sich nach der Inanspruchnahme durch die Berufsschulzeiten. Die Freistellung hat umfassend zu erfolgen und ist deshalb nicht auf die reine Unterrichtszeit beschränkt. Andererseits soll die Freistellung dem Jugendlichen keine zusätzliche Freizeit zulasten seiner betrieblichen Beschäftigungspflicht verschaffen.[3] Dementsprechend umfasst das Beschäftigungsverbot die Unterrichtszeit, einschließlich der Pausen, Freistunden und Prüfungen, die verbindlichen Schulveranstaltungen, eine Tätigkeit für die Schülervertretung, die SMV-Veranstaltungen, notwendige Wegezeit[4] und Umkleidezeit sowie mögliche Erholungszeiten.

Beginnt der Berufsschulunterricht vor 9 Uhr, darf der Jugendliche zuvor nicht beschäftigt werden. Bei Beginn des Berufsschulunterrichtes um 9 Uhr oder später kann der Jugendliche vor Beginn des Unterrichts in zumutbarem Umfang beschäftigt werden, sofern die 12-stündige Ruhezeit des § 13 JArbSchG gewahrt wird. Nach dem täglichen Ende der Berufsschule endet das Beschäftigungsverbot, sofern nicht der Fall des § 9 Abs. 1 Nr. 2 JArbSchG vorliegt. Nach dieser Sonderregelung hat der Arbeitgeber den Jugendlichen einmal wöchentlich den gesamten Tag freizustellen, wenn der Berufsschultag mehr als 5 Unterrichtsstunden zu je 45 Minuten umfasst.[5] An (eventuellen) weiteren Berufsschultagen in der Woche gilt lediglich die allgemeine Freistellung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 JArbSchG. Es kommt dabei nicht auf die tatsächlich erteilten Unterrichtsstunden an, sofern bei ausfallendem Unterricht eine Rückkehr in den Ausbildungsbetrieb nicht zumutbar ist. Der Arbeitgeber hat den Jugendlichen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 JArbSchG auch für die Teilnahme am Blockunterricht freizustellen. Dabei muss es sich um einen planmäßigen Unterricht von mindestens 25 Stunden an mindestens 5 Tagen handeln. Zusätzliche betriebliche Ausbildungsveranstaltungen von bis zu 2 Stunden wöchentlich bleiben jedoch zulässig. Es kommt hier aber nicht auf den tatsächlichen, sondern auf den planmäßigen Unterricht an. Fallen daher Stunden außerplanmäßig aus, gilt dennoch der Freistellungsanspruch. Ansonsten gelten hier auch die Grundsätze wie beim wöchentlichen Berufsschulunterricht. Eine Unterrichtsstunde muss 45 Minuten betragen. Pausen werden nicht mitgerechnet. Fällt der Unterricht einen ganzen Tag oder die ganze Woche aus, hat der Jugendliche für diesen Zeitraum keinen Freistellungsanspruch. Umfasst der Blockunterricht planmäßig weniger als 25 Unterrichtsstunden, besteht weiterhin der Freistellungsanspruch nach § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 JArbSchG.

Von der Freistellungsverpflichtung unberührt bleiben die Zeiten für freiwillige Schulveranstaltungen und Weiterbildungsmaßnahmen, insbesondere aber auch das Anfertigen der Hausaufgaben und das Führen der Berichtshefte.

Einen weiteren Freistellungsanspruch gewährt § 10 JArbSchG für die Teilnahme an Prüfungen und Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte; zudem besteht ein Freistellungsanspruch für den der schriftlichen Abschlussprüfung vorausgehenden Arbeitstag.[6]

Nach §§ 9 Abs. 3 bzw. 10 Abs. 2 Satz 2 JArbSchG darf der Jugendliche durch den Besuch der Berufsschule keinen Entgeltausfall erleiden. Der Lohn ist daher unverkürzt weiterzuzahlen. Bei Stundenlohn sind die Stunden zu bezahlen, die der Jugendliche ohne Berufsschulbesuch gearbeitet hätte. Fällt die Berufsschulzeit auf arbeitsfreie Tage, besteht ein Vergütungsanspruch bis zur Arbeitszeithöchstgrenze von 40 Wochenstunden.[7] Sofern auch diese Höchstgrenze bereits ausgeschöpft ist, besteht ein Anspruch auf Vergütung der Berufsschulzeit als Mehrarbeit. Die Berechnung erfolgt nach dem Lohnausfallprinzip, d. h. es ist der Lohn zu zahlen, den der Jugendliche verdient hätte, wenn er in der Berufsschulzeit tatsächlich gearbeitet hätte.

Die arbeitszeitrechtlichen Auswirkungen der Berufsschulzeiten regeln §§ 9 Abs. 2 bzw. 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 JArbSchG. Da Berufsschulzeit keine Arbeitszeit i. S. d. § 4 JArbSchG darstellt, stellen die Regelungen ausdrücklich klar, dass die Berufsschulzeit auf die Arbeitszeit anzurechnen ist. Dabei ist die Berufsschulzeit auf die gesetzliche (Höchst-)Arbeitszeit der Jugendlichen anzurechnen. Jedenfalls ohne eindeutige abweichende (tarifvertragliche) Anrechnungsregelung gilt dies auch bei kürz...

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