Rz. 43

Gegen Erstattungsbescheide ist der Rechtsbehelf des Widerspruchs gegeben. Ein Widerspruch und die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens sind notwendige Voraussetzungen für eine sozialgerichtliche Klage. Während dieser Widerspruch beim reinen Erstattungsbescheid gegen den Bescheid insgesamt gerichtet ist, kann er sich bei zusammengefassten Bescheiden auch isoliert gegen den Aufhebungs- oder den Erstattungsbescheid richten. Wird der Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid gerichtet, wird damit zugleich auch der Erstattungsbescheid angegriffen, denn der Aufhebungsbescheid ist notwendigerweise Voraussetzung für den Erstattungsanspruch. Wird Widerspruch nur gegen die Erstattung eingelegt, der Aufhebungsbescheid dagegen bestandskräftig, beschränkt sich das Widerspruchs- und auch ein folgendes Klageverfahren allein noch auf die Höhe der Erstattung, nicht mehr auf dessen Rechtsgrund. Ob die rückwirkende Aufhebung rechtmäßig war, ist dann nicht mehr erneut zu überprüfen, wenn der Aufhebungsbescheid bestandskräftig geworden ist (BSG, Urteil v. 22.4.1987, 10 RKg 16/85, SozR 1300 § 50 Nr. 16).

 

Rz. 44

Da es sich bei dem Erstattungsbescheid um die Rückforderung einer Leistung handelt, hat eine Anfechtungsklage gegen diesen Bescheid aufschiebende Wirkung (§ 97 Abs. 1 Nr. 2 SGG), d. h., die Behörde kann die Erstattung noch nicht verlangen oder im Vollstreckungsverfahren durchsetzen. Da allerdings durch die Klage auch die Unanfechtbarkeit nicht eintreten kann, beginnt auch nicht die Verjährung, so dass es bei erfolgloser Klage bei der Rückzahlungsverpflichtung bleibt.

 

Rz. 45

Streitig war, ob Widersprüche und Klagen gegen solche Bescheide nach § 50 aufschiebende Wirkung haben, mit denen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zurückgefordert werden. So ist diskutiert worden, ob die aufschiebende Wirkung nach § 39 SGB II entfällt. Dabei entzündete sich der Streit an der alten Fassung des § 39 SGB II, der einen Wegfall der aufschiebenden Wirkung immer dann vorsah, wenn der angefochtene VA über "Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende" entschied. Nach der aktuell gültigen Neufassung des § 39 SGB II haben Widersprüche und Anfechtungsklagen u. a. gegen einen solchen Bescheid keine aufschiebende Wirkung, der "Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft oder herabsetzt". Entscheidungen nach § 50 werden jedoch auch in der aktuellen Neufassung des § 39 SGB II ausdrücklich nicht genannt, obwohl dem Gesetzgeber der Meinungsstreit bekannt war. Zudem ist § 39 SGB II als Sonderregelung zur grundsätzlich aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen (§ 86a Abs. 1 SGG) eher eng auszulegen, so dass dessen Anwendung auf Bescheide nach § 50 im Ergebnis abzulehnen ist und Widersprüche gegen Bescheide nach § 50 auch dann aufschiebende Wirkung haben, wenn damit Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zurückgefordert werden (so auch LSG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 15.5.2007, L 11 B 30/07 ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 30.9.2009, L 19 B 247/09 AS; str.). Nach der Neufassung des § 39 SGB II dürfte sich der Meinungsstreit weitgehend erledigt haben.

 

Rz. 46

Ergänzend stellt sich bei Sozialleistungen an Bedarfs- und Einstandsgemeinschaften (SGB XII, SGB II, Asylbewerberleistungsgesetz) das Problem, dass die Erstattungsbescheide hinreichend erkennen lassen müssen, welche Leistung von welchem Mitglied der Bedarfs- oder Einstandsgemeinschaft in welchem Umfang zurückgefordert wird, denn sonst sind diese Bescheide wegen fehlender Bestimmtheit (§ 33) rechtswidrig (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 18.12.2006, L 20 SO 20/06 = Breithaupt 2007 S. 349, zur Sozialhilfe; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 23.5.2007, L 20 B 22/07 AY ER, zu Asylbewerberleistungen; vgl. auch die Kommentierung zu § 48 Rz 4b hinsichtlich neuerer Entwicklung in der Rechtsprechung zu Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden bezüglich der Leistungen nach dem SGB II). An die Personen, die der konkreten Rückforderung ausgesetzt sind, muss der Bescheid auch entsprechend gerichtet werden. Eine gesamtschuldnerische Haftung kommt nur in seltenen, vom Gesetz ausdrücklich angeordneten Ausnahmefällen in Betracht (LSG Nordrhein-Westfalen, a. a. O.).

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