1.1 Grundsätze der Rentenberechnung

1.1.1 Zwei Säulen der Rentenberechnung

 

Rz. 2

Die Rentenhöhe durch die Ermittlung von (persönlichen) Entgeltpunkten – als der die individuelle Lebensleistung prägender Faktor der Rentenberechnung – steht seit der Novellierung des Rentenrechts durch die Überführung der rentenrechtlichen Regelung aus dem alten Recht (RVO/AVG) in das SGB VI durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 – RRG 1992) auf zwei Säulen (vgl. zu den gesetzgeberischen Erwägungen allgemein, BT-Drs. 11/4124, insbesondere S. 171):

  1. auf der Bewertung der tatsächlich im Versicherungsleben eingezahlten Beiträgen; also den Beitragszeiten nach § 70 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 55, einschließlich der Kindererziehungszeiten nach § 70 Abs. 2 i. V. m. § 56 – die sog. Beitragsrente und
  2. seit 1.1.1992 auch auf der Bewertung aller beitragsfreien Zeiten – Gesamtleistungsbewertung § 71.

1.1.2 Beitragsrente und Gesamtleistungsbewertung (= Beitragsdichtemodell)

 

Rz. 3

Die Bewertung der Beitragsrente nach § 70 Abs. 1 erfolgt dabei nach dem in § 63 Abs. 1 niedergelegten Äquivalenzprinzip; dem Grundprinzip der Lebensleistung (vgl. insoweit auch die Komm. zu § 63).

 

Rz. 4

Die Gesamtleistungsbewertung gibt in § 71 Abs. 1 Satz 1 bei der Bewertung beitragsfreier Zeiten das sog. Beitragsdichtemodell vor, das ebenfalls bereits durch die Grundsätze in § 63 Abs. 3 niedergelegt ist (vgl. insoweit auch die Komm. zu § 63). Die im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung vorzunehmenden unabhängigen Bewertungsverfahren – die Grundbewertung nach § 72 und die Vergleichsbewertung nach § 73 – erfolgen durch einen Vergleich der vom Versicherten individuell erbrachten Gesamtleistung an Beiträgen in dem für die Versicherung jeweils maßgebenden belegungsfähigen Gesamtzeitraum. Sinn des Beitragsdichtemodells ist es, die Bewertung der beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten letztlich an der individuell erbrachten Gesamtleistung des Versicherten zu messen; deren Bewertung ist damit eng an den Umfang und die Höhe der Beitragszahlung geknüpft. Damit soll letztlich auch die Bewertung dieser Zeiten an das Äquivalenzprinzip bzw. an das Lebensleistungsprinzip angelehnt werden; damit soll die individuelle Lebensleistung honoriert werden. Die Gesamtleistungsbewertung führt daher dazu, dass bei einem vollständig belegten Gesamtzeitraum der durchschnittliche Beitragswert zum Gesamtleistungswert wird. Nur bei lückenloser Versicherungsbiografie entspricht der Gesamtleistungswert dem individuellen durchschnittlichen Beitragswert. Dieser Gesamtleistungswert sinkt beim Vorhandensein von Lücken im Gesamtzeitraum entsprechend ab (GRA der DRV zu § 72 SGB VI, Stand: 1.2.2021, Anm. 2). Lücken im Versicherungsschutz und niedrige Entgeltpunkte drücken daher insgesamt auch die Bewertung der beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten.

1.1.3 Bewertungsmodelle und deren Sinn

 

Rz. 5

Der Einfluss beitragsfreier Zeiten auf die Höhe der Rente wird durch die Gesamtleistungsbewertung nach § 71 i. V. m. §§ 72 bis 74 ermittelt. Dabei ergibt sich die Ermittlung der Entgeltpunkte durch die Gesamtleistungsbewertung in drei Schritten:

  • Ermittlung der Entgeltpunkte für beitragsfreie Zeiten durch die Grundbewertung nach § 72
  • Ermittlung der Gewährung eines Zuschlags an Entgeltpunkten durch die Vergleichsbewertung nach § 73
  • Begrenzung der ermittelten Entgeltpunkte für bestimmte Anrechnungszeiten durch die begrenzte Gesamtleistungsbewertung nach § 74.

Der Wert für die beitragsfreien Zeiten ergibt sich entweder aus dem höheren Durchschnitt der Entgeltpunkte aus sämtlichen Beitrags- und Berücksichtigungszeiten (Grundbewertung) oder aus ausschließlich vollwertigen Beitrags- und Berücksichtigungszeiten (Vergleichsbewertung).

1.1.3.1 Grundbewertung

 

Rz. 6

Die Grundbewertung dient der Ermittlung von Entgeltpunkten für beitragsfreie Zeiten. Zur Ermittlung des Dividenden wird nach § 72 Abs. 1 die Summe aller Entgeltpunkte für Beitrags- und Berücksichtigungszeiten gebildet; das stellt die Gesamtleistung dar. Der Divisor wird ermittelt durch den Zeitraum, in dem Beitragsentrichtung möglich war; belegungsfähiger Zeitraum § 72 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 und 3. Der durch die Division der beiden Werte ermittelte Quotient ergibt die Höhe des zugrunde zu legenden Entgeltpunktes für jeden Monat an beitragsfreien Zeiten.

 

Rz. 7

Während bei der Grundbewertung nach § 72 Abs. 1 sämtliche Beitragszeiten i. S. d. § 54 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b – also auch die beitragsgeminderten Zeiten i. S. d. § 54 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b i. V. m. § 54 Abs. 3 und die Berücksichtigungszeiten i. S. d. § 54 Abs. 1 Nr. 3 für die Summe der Entgeltpunkte heranzuziehen sind – bleiben gerade die beitragsgeminderten Zeiten i. S. d. § 54 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b i. V. m. § 54 Abs. 3 bei der Vergleichsbewertung nach § 73 Satz 1 Nr. 1 bei dieser Summe außer Betracht.

1.1.3.2 Vergleichsbewertung

 

Rz. 8

Die zentrale Funktion der (komplizierten) Vergleichsbewertung liegt daher in der besonderen Berücksichtigung und Bewertung der beitragsgeminderten Zeiten. Beitragsgeminderte Zeiten sind aufgrund des verbrieften Eigentumsrechts nach Art. 14 GG wenigstens so zu bewerten wie beitragsfreie Zeiten (vgl. Vorlagebeschluss des BSG v. 16.12.1999, B 4 RA 11/99 R;...

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