Rz. 20

Soweit die Schul- oder Berufsausbildung i. S. d. Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a durch einen der in Abs. 5 abschließend aufgeführten Tatbestände – gesetzlicher Wehrdienst, Zivildienst oder gleichgestellter Dienst – unterbrochen wird, verlängert sich – solange die Voraussetzungen des Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a vorliegen – der Anspruch auf Waisenrente um die Dauer dieses Tatbestandes über das 27. Lebensjahr hinaus. Sinn dieser Vorschrift ist es, eine Schlechterstellung der Waise durch den Zeitverlust, den sie durch einen dieser Tatbestände erfahren hat, zu vermeiden. Die Verlängerung des Rentenanspruchs ist durch die gesetzlich vorgeschriebene Dauer des Wehr- bzw. Zivildienstes zeitlich ebenso beschränkt wie durch die tatsächliche Dauer der Dienstverrichtung. Wird beispielsweise der Wehrdienst krankheitsbedingt vor der Beendigung der gesetzlich vorgeschriebenen Dienstzeit abgebrochen, so ist der Rentenanspruch nur für die tatsächliche Dauer des Dienstes zu verlängern. Ein Bundeswehrdienst über die Dauer des gesetzlichen Wehrdienstes hinaus begründet gleichwohl nur einen Anspruch auf Rentenverlängerung für die Dauer des gesetzlich vorgeschriebenen Grundwehrdienstes. Ein Anspruch auf Zahlung von Waisenrente über das 27. Lebensjahr hinaus besteht nicht, wenn der Dienst vollumfänglich nach Vollendung des 27. Lebensjahres geleistet wird, denn in diesem Fall liegt keine Unterbrechung des Bezugs der Waisenrente durch den Dienst vor (vgl. Kamprad, in: Hauck/Haines, SGB VI, § 48 Rz. 64).

 

Rz. 21

Gesetzlicher Wehrdienst ist zunächst der aufgrund des (jeweils geltenden) Wehrpflichtgesetzes (WpflG) – in den Streitkräften der Bundesrepublik Deutschland – zu leistende Dienst. Hierzu zählen neben dem Grundwehrdienst (§ 5 WpflG), Wehrübungen (§ 6 WpflG) und der unbefristete Wehrdienst im Verteidigungsfall (BSGE 34 S. 198). Der Grundwehrdienst umfasste zuletzt seit dem 1.12.2010 6 Monate (§ 5 Abs. 2 WPflG i. d. F. des Wehrrechtsänderungsgesetzes 2010 v. 31.7.2010, BGBl. I S. 1052). Mit Wirkung ab dem zum 1.7.2011 wurde die Wehr- und Zivildienstpflicht durch das Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 (BGBl. I S. 687) ausgesetzt. Gleichwohl besteht auch über den 1.7.2011 hinaus die Möglichkeit, freiwilligen Wehrdienst zu leisten. Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 WPflG (in seiner bis zum 12.4.2013 geltenden Fassung) sowie nach § 58 b Soldatengesetz (in seiner ab dem 13.4.2013 geltenden Fassung) besteht der freiwillige Wehrdienst aus einem 6-monatigen Dienst in Form einer Probezeit und aus einem anschließenden freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst für einen Zeitraum von bis zu 17 Monaten. Er kann sowohl von Frauen als auch von Männern abgeleistet werden. Da Regelungen zum Grundwehrdienst in anderen Gesetzen nach § 58 f Soldatengesetz auf den freiwilligen Wehrdienst entsprechend anzuwenden sind, ist der freiwillige Wehrdienst weiterhin geeignet, den Anspruch auf Waisenrente über das 27. Lebensjahr hinaus in einem Gesamtumfang von bis zu 23 Monaten (6 Monate Probezeit und 17 Monate zusätzlicher freiwilliger Dienst) zu verlängern, soweit dieser Dienst die Schul- oder Berufsausbildung unterbricht. Nicht zum Wehrdienst gehören Wehrdienste oder sonstige Dienste ausländischer Staaten. Nach dem Urteil des EuGH v. 25.6.1997 (EuGHE I 1997 S. 36959) ist allerdings der in einem anderen Mitgliedstaat der EG geleistete Wehrdienst dem nach dem Wehrpflichtgesetz geleisteten Wehrdienst gleichzustellen (vgl. insoweit auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 17.5.1995, L 8 J 78/93; BSG, Urteil v. 8.2.1996, 13 RJ 63/95). Dies bedeutet, dass auch der in einem anderen Mitgliedstaat der EG geleistete Wehrdienst einen Verlängerungstatbestand i. S. d. Abs. 5 darstellt.

 

Rz. 22

Gesetzlicher Zivildienst ist der aufgrund des Zivildienstgesetzes (ZDG) geleistete Dienst. Der gesetzliche Zivildienst, der bis zum 31.12.2011 abgeleistet werden konnte (§ 83 ZDG), dauerte bis zu 6 Monate (§ 24 Abs. 2 ZDG i. d. F. des Wehrrechtsänderungsgesetzes 2010, BGBl. I S. 1052). Der Zivildienst wurde durch das Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 (BGBl. I S. 678) und das Gesetz zur Einführung eines Bundesfreiwilligendienstes mit Wirkung zum 1.7.2011 ebenfalls ausgesetzt. Der seit dem 1.12.2010 nach § 41 a ZDG mögliche freiwillige zusätzliche Zivildienst bewirkt keine Verlängerung des Waisenrentenanspruchs.

 

Rz. 23

Den Zeiten einer Schul- und Berufsausbildung gleichgestellt ist nach Abs. 4 Buchst. b schließlich auch eine Übergangszeit von höchstens 4 Kalendermonaten, die zwischen einem Ausbildungsabschnitt und dem Ableisten eines Dienstes i. S. v. Abs. 4 Buchst. c (vgl. Rz. 18) liegt.

Eine Verlängerung der Rentenzahlung nach Abs. 5 kommt nur in Betracht, wenn der Tod des Elternteils noch vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetreten ist. Nicht erforderlich ist jedoch, dass der Tod zeitlich vor der Ableistung des Dienstes liegt (BSGE 34 S. 200).

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