Rz. 16

Zeiten der Schul- und Berufsausbildung gleichgestellt ist nach Abs. 4 Buchst. b i. d. F. des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes v. 21.7.2004 (BGBl. I S. 1791) eine Übergangszeit von höchstens 4 Kalendermonaten, die zwischen 2 Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes i. S. v. Abs. 4 Buchst. c liegt. Diese gesetzliche Regelung, die ebenfalls durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz v. 21.7.2004 mit Wirkung zum 1.8.2004 (vgl. Rz. 1) in das Gesetz aufgenommen wurde, knüpft an die Rechtsprechung des BSG zu § 48 in seiner bis zum 31.7.2004 geltenden Fassung bzw. an die Rechtsprechung zu den Vorgängerbestimmungen an (BT-Drs. 15/2149 S. 2). Das BSG hatte in ständiger Rechtsprechung über den damaligen Wortlaut des Gesetzes hinaus in rechtsfortbildender Analogie (vgl. z. B. BSG, Urteil v. 22.2.1990, 4 RA 38/89) entschieden, dass während sog. Übergangszeiten, die für die Waisen aus von den Ausbildungsstätten vorgegebenen organisatorischen Gründen regelmäßig unvermeidbar sind, die Waisenrente weiter zu leisten ist (vgl. BSG, Urteil v. 27.2.1997, 4 RA 21/96; vgl. auch Urteil v. 17.4.2008, B 13/4 R 49/06 R). Dabei seien unvermeidbare Zwangspausen "längstens für die Dauer von 4 Monaten" als Ausbildungszeit zu berücksichtigen, sofern der nächste Ausbildungsabschnitt spätestens im 4. auf die Beendigung des vorherigen Ausbildungsabschnitts folgenden Monat beginnt (vgl. BSG, Urteil v. 30.3.1994, 4 RA 45/92, und Urteil v. 27.2.1997, 4 RA 21/96) bzw. wenn die unvermeidbare Zwischenzeit (zwischen 2 Ausbildungsabschnitten) von vornherein auf maximal 4 Monate begrenzt ist (vgl. z. B. BSG, Urteil v. 5.12.1996, 4 RA 101/95; Urteile v. 26.1.2000, B 13 RJ 53/99 R, und v. 31.8.2000, B 4 RA 7/99 R). Hieraus ist abzuleiten, dass volljährige Waisen nur dann Anspruch auf Waisenrente für Zeiträume zwischen 2 Ausbildungsabschnitten haben, wenn die Übergangszeit höchstens 4 Kalendermonate andauert. Umfasst die unvermeidbare Zwischenzeit einen längeren Zeitraum, besteht der Anspruch auf Waisenrente auch nicht für die Dauer von 4 Monaten, sondern endet mit der Beendigung der letzten Ausbildung (BSG, Urteil v. 1.7.2010, B 13 R 86/09 R). Allerdings hatte das BSG zum früheren Recht auch entschieden, dass auch länger andauernde Übergangszeiten einem Waisenrentenanspruch von 4 Monaten nicht entgegenstanden. Dies betraf jedoch nur Fälle, in denen der Ausbildungswillige "von hoher Hand" – wie z. B. bei der Einberufung zum Wehr- oder Zivildienst – an der Ausbildung gehindert war (vgl. BSG, Urteil v. 30.3.1994, 4 RA 45/92; Urteile v. 27.2.1997, 4 RA 21/96, und v. 31.8.2000, 4 RA 7/99 R) oder die Übergangszeit nur wenige Tage den Zeitrahmen von 4 Monaten überschritten hatte (BSG, Urteil v. 17.4.2007, B 5 R 62/06 R). Neben dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes steht der Zahlung von Waisenrente im Falle einer über 4 Monate hinausgehenden Übergangszeit insbesondere der Sinn und Zweck des Waisenrentenanspruchs entgegen (BSG, a. a. O.). Dieser liegt – wie bei allen Hinterbliebenenrenten – in der Unterhaltsersatzfunktion dieser Rentenleistung, wobei der Anspruch auf Waisenrente in den Fällen des Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und b typisierend den Ausbildungsunterhalt fingiert, den der verstorbene Versicherte gemäß §§ 1601, 1602 Abs. 1, 1610 BGB ohne seinen Tod hätte leisten müssen (vgl. BSG, Urteil v. 18.6.2003, B 4 RA 37/02 R; Urteil v. 17.4.2008, B 13/4 49/06 R; Urteil v. 1.7.2010, B 13 R 86/09 R). Soweit zivilrechtlich typischerweise kein Unterhalt zu leisten ist, besteht auch kein Anlass, Waisenrente zulasten der gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen. Nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte besteht jedoch Anspruch auf Unterhalt zwischen 2 Ausbildungsabschnitten allenfalls für kurze Zeiträume oder wird gar generell verneint, weil es dem Kind zuzumuten ist, durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit selbst für seinen Unterhalt zu sorgen (OLG Rostock, Beschluss v. 18.10.2006, FamRZ 2007 S. 1267; OLG Koblenz, Urteil v. 24.11.2003, JAmt 2004 S. 153; OLG Frankfurt a. M., Urteil v. 10.4.2006, 1 UF 80/05; OLG Zweibrücken, Entscheidung v. 29.3.1994, NJW-RR 1994 S. 1225 m. w. N.; OLG Naumburg, Beschluss v. 10.5.2007, FamRZ 2008 S. 86; OLG Hamm, Urteil v. 21.12.2005, NJW-RR 2006 S. 509; zit. nach BSG, Urteil v. 1.7.2010, B 13 R 86/09 R).

 

Rz. 16a

Mit Wirkung zum 1.7.2011 wurde die Wehr- und Zivildienstpflicht durch das Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 (BGBl. I S. 687) ausgesetzt. Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 WPflG (in seiner bis zum 12.4.2013 geltenden Fassung) und nach § 58b Soldatengesetz (in seiner ab dem 13.4.2013 geltenden Fassung) besteht jedoch auch über den 30.6.2011 hinaus die Möglichkeit des freiwilligen Wehrdienstes, der aus einem 6-monatigen Dienst in Form einer Probezeit und aus einem anschließenden freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst für einen Zeitraum von bis zu 17 Monaten besteht. Er kann sowohl von Frauen als auch von Männern abgeleiste...

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