Rz. 13

Der Rentenversicherungsträger kann wegen Tumor- und Systemerkrankungen (Krebs- bzw. Ca-Erkrankungen; Definition: vgl. Rz. 31, dort § 2) im Rahmen der sonstigen Leistungen des § 31 – so der Wortlaut des Gesetzes – Leistungen zur onkologischen Nachsorge bewilligen.

Bedeutung hat § 31 Abs. 1 Nr. 2 insbesondere für onkologisch erkrankte Menschen, die

  • die persönlichen (= medizinischen) Voraussetzungen des § 10 (z. B. positive Erwerbsprognose) oder
  • die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11 ("Wartezeit")

nicht erfüllen und somit keine Leistungen nach § 15 erhalten können (Näheres zu diesem Personenkreis vgl. Rz 22 ff.). Bei Anträgen auf Leistungen nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 ist daher zunächst immer eine Leistungsmöglichkeit nach den §§ 9 ff. i. V. m. § 15 SGB VI zu prüfen – und zwar auch dann, wenn der Antrag sofort auf Leistungen nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 gestellt wurde.

 

Rz. 14

Nach § 31 Abs. 2 Satz 3 kann die DRV Bund als Träger der Grundsatz- und Querschnittsaufgaben (vgl. § 125 Abs. 2 Satz 2) im Benehmen mit dem BMAS Richtlinien erlassen, die insbesondere die Ziele sowie Art und Umfang der Leistungen näher ausführen. Dieses ist durch die "Gemeinsamen Richtlinien der Träger der Rentenversicherung nach § 31 Absatz 1 Nr. 2 SGB VI für die Erbringung von Leistungen zur onkologischen Nachsorge bei malignen Tumorerkrankungen und Systemerkrankungen (Ca-Richtlinien)" vom 28. Juni 2018 geschehen. Der Text der Richtlinien ist unter Rz. 31 aufgeführt.

Bei den Ca-Richtlinien, die die im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales erstellt wurden, handelt es sich um bloße Verwaltungsvorschriften ohne normative Wirkung. Die Richtlinien bewirken die Selbstbindung der Verwaltung und geben den Anspruchsberechtigten einen Anspruch auf Gleichbehandlung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 13.11.2012, L 11 R 5770/11; vgl. auch vgl. BSG, Urteil v. 20.8.1970, 1 RA 211/68). Der Rentenversicherungsträger hat bei der Ermessensausübung im Rahmen des heutigen § 31 Abs. 1 Nr. 2 das ihm gesetzlich eingeräumte Ermessen unter Anwendung der benannten Vorgaben der Ca-Richtlinien sowie des § 13 auszuüben (vgl. SG Kassel, Urteil v. 20.7.2010, S 6 R 369/07).

 

Rz. 15

Die indikationsspezifischen Rehabilitationsleistungen können in ambulanter oder stationärer Form zur Verfügung gestellt werden und decken sich inhaltlich mit denen nach § 15. Sie zielen darauf ab, den bei Geschwulsterkrankungen typischen Rehabilitations- bzw. Nachsorgebedarf ("onkologische Nachsorge") zu befriedigen.

Bei der onkologischen Nachsorge ist zu unterscheiden zwischen

  • einer Rehabilitationsleistung nach der "Ca-Primärbehandlung" (bis zum Ablauf von einem Jahr nach der "Ca-Primärbehandlung") und
  • einer Wiederholungs-Rehabilitationsleistung (= bis zum Ablauf des zweiten Jahres nach der "Ca-Primärbehandlung", sofern noch erhebliche Funktionsstörungen entweder durch die Tumorerkrankung selbst oder durch Komplikationen bzw. Therapiefolgen vorliegen)

(vgl. § 1 Abs. 2 der Ca-Richtlinien). Voraussetzung für die Übernahme der Kosten nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 ist allerdings, dass kein Anspruch über § 15 hergeleitet werden kann.

Unter dem Begriff "Primärbehandlung" ist bei onkologischen Krankheiten die Gesamtheit der regelrecht angewandten eingreifenden onkologischen Therapiemaßnahmen, wie Operation und/oder Strahlentherapie und/oder zytostatische Chemotherapie zu verstehen, unabhängig, ob es sich um eine Ersterkrankung oder Rezidivbildung handelt.

Unbedeutend ist bei der Anwendung des § 31 Abs. 1 Nr. 2 auch, ob die Rehabilitationsleistung kurativen oder palliativen Zielen dienen soll. Das Ziel der in § 10 aufgeführten Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit – dieses ist bei Leistungen nach § 15 von elementarer Bedeutung – tritt bei Leistungen zur onkologischen Nachsorge zugunsten der Besserung der Krankheitsverarbeitung usw. in den Hintergrund.

Bei mehreren Strahlenserien ist als Ende der Primärbehandlung das Ende der letzten Strahlenbehandlung anzusehen. Wird wegen erneuter Metastasenbildung eine weitere operative Strahlentherapie erforderlich, können bei medizinischer Notwendigkeit weitere Rehabilitationsleistungen (Nachbehandlungen) beansprucht werden; die Ein- bzw. Zweijahresfrist beginnt dann neu.

 

Rz. 16

Nach § 3 der Ca-Richtlinien erhalten folgende onkologisch erkrankte Menschen Leistungen:

  1. der Versicherte i. S. d. § 11 Abs. 2, also derjenige,

    • der in den letzten 2 Jahren vor der Antragstellung 6 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten nachweisen kann (§§ 55 ff.; Berechnung: vgl. Komm. zu § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1; bei Beziehern von Arbeitslosengeld II verlängert sich der Zeitraum von 2 Jahren um die Anrechnungszeiten wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld II entsprechend § 11 Abs. 2 Satz 2),
    • der innerhalb von 2 Jahren nach Beendigung einer Ausbildung (Schulausbildung oder Studium) eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit aufgenommen und

      • bis zum Antrag ausgeübt hat oder
      • nach einer solchen Beschäftigung oder Tätigkeit bis zum Antrag arbeitsunfähig oder ...

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