Rz. 13

Auf den Nachweis der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 kann nach § 241 Abs. 2 Satz 1 verzichtet werden, wenn die Zeit vom 1.1.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung oder der Berufsunfähigkeit (§ 240 Abs. 2) mit sog. Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist. Kalendermonate, in denen nur teilweise Anwartschaftserhaltungszeiten vorhanden sind, werden hierbei in Anwendung des § 122 Abs. 1 als volle Kalendermonate angerechnet. Als Anwartschaftserhaltungszeiten kommen die in § 241 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 6 genannten Zeiten in Betracht. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung gemäß §§ 7, 197, 198, 204 bis 207, 282, 284 und 285 noch zulässig ist, kann gemäß § 241 Abs. 2 Satz 2 auf die Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten verzichtet werden.

Zu den Anwartschaftserhaltungszeiten zählen im Einzelnen:

a) Beitragszeiten (§ 241 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1)

Als Anwartschaftserhaltungszeiten kommen zunächst einmal Beitragszeiten in Betracht. Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind oder für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 Satz 1 und 2). Zu den Beitragszeiten zählen hierbei auch Zeiten, die den Beitragszeiten nach Bundesrecht durch Übergangsregelungen des SGB VI (z. B. Beitragszeiten im Beitrittsgebiet bis zum 31.12.1991 gemäß § 248 Abs. 1 bis 3), nach dem Fremdrentengesetz (Beitragszeiten gemäß § 15 FRG oder Beschäftigungszeiten gemäß § 16 FRG), aufgrund von Sozialversicherungsabkommen oder nach dem Recht der Europäischen Union gleichgestellt sind.

 

Rz. 14

Für Zeiten vor dem 1.1.1992 bestand für versicherungspflichtige Handwerker und für antragspflichtversicherte Selbständige die Möglichkeit, zu ihrer finanziellen Entlastung anstelle einer monatlichen Beitragszahlung lediglich für jeden zweiten Kalendermonat Pflichtbeiträge zu zahlen (§ 4 Abs. 5 HwVG, § 1405a RVO, § 127a AVG). Soweit im Einzelfall von dieser beitragsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch gemacht worden ist, gelten auch die Kalendermonate als mit Beitragszeiten belegt, für die tatsächlich keine Pflichtbeiträge gezahlt worden sind (BSG, Urteil v. 10.9.1987, SozR 5800 § 4 Nr. 5).

Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, erübrigt sich nach § 241 Abs. 2 Satz 2 eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten. Die Voraussetzung des § 241 Abs. 2 Satz 2 ist als erfüllt anzusehen, wenn eine wirksame freiwillige Beitragszahlung für die unbelegten Kalendermonate am Tag des Eintritts der Erwerbsminderung nach den allgemeinen Zahlungsfristen (§§ 197, 198) oder aufgrund besonderer Nachzahlungsmöglichkeiten (z. B. Nachzahlung von Beiträgen für Ausbildungszeiten gemäß § 207) noch zulässig war. Auf eine tatsächliche Beitragszahlung für die noch unbelegten Kalendermonate kommt es hierbei nicht an.

 
Praxis-Beispiel

Ein Versicherter, geb. am 10.3.1960, ist nach ärztlichem Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes seit dem 15.3.2018 voll erwerbsgemindert i. S. d. § 43 Abs. 2 Satz 2. Am 15.5.2018 beantragte er die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2). Der Versicherte weist folgenden vollständigen Versicherungsverlauf nach:

 
1.8.1977 – 30.4.1995 versicherte Beschäftigung, Pflichtbeiträge allgemeine Rentenversicherung
seit 1.5.1995 selbständiger Handelsvertreter (keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung)
1.5.1995 – 31.12.2016 freiwillige Beiträge zur allgemeinen Rentenversicherung

Lösung:

Der Versicherte könnte einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2) haben. Dann müssten unter anderem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 vorliegen.

Der Versicherte ist seit dem 15.3.2018 voll erwerbsgemindert. In den letzten 5 Jahren vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung (5-Jahres-Zeitraum gemäß § 26 SGB X i. V. m. §§ 187 ff. BGB = 15.3.2013 bis zum 14.3.2018) weist er nach dem vorliegenden Versicherungsverlauf weder Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit noch gleichgestellte Pflichtbeitragszeiten i. S. d. § 55 Abs. 2 nach, so dass er die versicherungsrechtliche Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 Nr. 2 nicht erfüllt.

Zu prüfen bleibt, ob eine 3-jährige Pflichtbeitragszeit in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung im vorliegenden Fall aufgrund der Übergangsregelung des § 241 Abs. 2 entbehrlich ist. Voraussetzungen hierfür sind die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit vor dem 1.1.1984 und die Belegung der Zeit vom 1.1.1984 bis zum 28.2.2018 (Kalendermonat vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung) mit Anwartschaftserhaltungszeiten i. S. v. § 241 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 6.

Bis zum 31.12.1983 weist der Versicherte 77 Kalendermonate mit Beitragszeiten i. S. v. § 55 Abs. 1 Satz 1 nach, so dass er bereits vor dem 1.1....

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