Rz. 11

Ist zu der versicherungsrechtlichen Beurteilung der Erwerbstätigkeit ein Verwaltungsverfahren eingeleitet, gilt der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 20 SGB X). Die zuständigen öffentlichen Stellen (Sozialversicherungsträger, Gerichte) sind aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes bzw. der Offizialmaxime angehalten, den Sachverhalt umfassend aufzuklären und ihre Entscheidungen auf dieser Grundlage zu treffen (so zutreffend die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage v. 22.3.2017, BT-Drs. 18/17799, in BT-Drs. 18/11982 S. 14). Der Sozialversicherungsträger hat daher von sich aus die Tatsachen zu ermitteln, die zur Beurteilung der Rechtsfrage, ob eine selbständige Tätigkeit oder eine abhängige Beschäftigung vorliegt, erforderlich sind. Die DRV Bund hat bei der Entscheidung, ob eine Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung vorliegt, alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen, die für die Entscheidung nach § 7 Abs. 1 und der dazu ergangenen Rechtsprechung von Bedeutung sind. Durch Abs. 2 wird ausdrücklich bestimmt, dass die DRV Bund nur aufgrund einer Gesamtwürdigung des ermittelten Sachverhalts entscheiden darf. Das entspricht der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil v. 31.5.2017, B 12 R 7/15 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 30; Urteil v. 24.3.2016, B 12 KR 20/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 29; vgl. Komm. zu § 7) und steht der Annahme entgegen, die Rechtssicherheit für die Beteiligten könne dadurch verstärkt werden, dass ein Postivkatalog aufgestellt wird (hierzu Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage v. 22.3.2017, BT-Drs. 18/17799, in BT-Drs. 18/11982 S. 14).

 

Rz. 11a

Zusicherungen nach § 34 SGB X werden von der Clearingstelle nicht abgegeben. Sowohl die vertraglichen als auch die tatsächlichen Umstände sind beim Statusfeststellungsverfahren zu berücksichtigen. Bei in Aussicht genommenen Tätigkeiten sind die tatsächlichen Verhältnisse noch nicht bekannt, so dass nur eine unverbindliche Stellungnahme möglich ist. Gutachterliche Bewertungen sind im Prinzip in allen Fällen denkbar und werden von der Clearingstelle auch auf Antrag abgegeben (so Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage v. 22.3.2017, BT-Drs. 18/17799, in BT-Drs. 18/11982 S. 19).

 

Rz. 11b

Treffen für die Beschäftigteneigenschaft sprechende Merkmale mit auf Selbständigkeit hindeutenden Merkmalen zusammen, hat der Sozialversicherungsträger nach Aufklärung des Sachverhalts im Rahmen der Gesamtwürdigung zu prüfen, in welchem Bereich der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt, um sodann auf der Grundlage des § 7 Abs. 1 zu entscheiden. § 7a Abs. 2 hat nur klarstellende Funktion. Die Vorschrift ist an sich überflüssig, denn sie gibt nur das wieder, was durch § 20 Abs. 2 SGB X ohnehin vorgegeben ist. Hinsichtlich der Ermittlungsdichte und Würdigung des Ermittlungsergebnisses ist daher auf die Kommentierung zu § 20 SGB X zu verweisen. Im Gegensatz zum insoweit überflüssigen Abs. 2 enthalten die Abs. 3 bis 5 über § 20 SGB X hinausgehende Spezialregelungen. Hierdurch wird die DRV Bund in die Lage versetzt, die entscheidungserheblichen Angaben und Unterlagen aufgrund der den Beteiligten nach anderen Vorschriften auferlegten Mitwirkungspflichten zu ermitteln. Kann die DRV Bund keine Gesamtwürdigung vornehmen, weil einer der Beteiligten nicht hinreichend an der Sachaufklärung mitwirkt, ist sie berechtigt, auf der Grundlage einer reduzierten Tatsachenbasis anhand der Vermutungsregel des § 7 Abs. 4 Satz 1 zu entscheiden. Die Vermutungsregel greift auch dann, wenn die DRV Bund im Rahmen der Würdigung der ermittelten Beweise zu keinem eindeutigen Ergebnis gelangt, weil sie sich trotz Ausschöpfung aller Erkenntnisquellen nicht die Überzeugung verschaffen konnte, dass ein Beschäftigungsstatus vorliegt; dann kann eine Beschäftigung nach § 7 Abs. 4 ggf. vermutet werden.

 

Rz. 12

Auf Frage 27 der Kleinen Anfrage v. 22.3.2017 (BT-Drs. 18/17799)

"Warum gibt es beim Statusfeststellungsverfahren nach Kenntnis der Bundesregierung keine Sachverhaltsaufklärung vor Ort, und inwiefern könnte eine solche nach Ansicht der Bundesregierung zu höherer Rechtssicherheit führen?"

hat die Bundesregierung zutreffend geantwortet (BT-Drs. 18/11982 S. 18):

Mit dem Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV sollte ausweislich der amtlichen Begründung eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage eröffnet werden (vgl. Bundestagsdrucksache 14/1855, Allgemeine Begründung). Der Gesetzgeber hat dabei sowohl für die Antragstellung (Absatz 1) als auch für die Anforderung weiterer Unterlagen (Absatz 3) die Schriftform zwingend vorgeschrieben. Ein gesetzlicher Auftrag, Sachverhaltsaufklärung vor Ort durchzuführen, ist nicht zu erkennen. Sachverhaltsaufklärung vor Ort dürfte die Dauer eines Anfrageverfahrens spürbar verlängern und die DRV Bund aufgrund des höheren Aufwandes vor erhebliche Herausforderungen stellen. Ob dies dadurch zu rechtfertigen wäre, dass eine entsprechende Verfahrensänderung "zu höherer Rechtssicherheit führen" würde, wird bezweifelt.

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