Rz. 127

Weder das Rechtsverhältnis als Ehrenbeamter als solches noch dessen Rechtsstellung als Organ oder Mitglied eines Organs einer juristischen Person des öffentlichen Rechts mit eigenen gesetzlichen Befugnissen noch die Zahlung einer pauschalen Aufwandsentschädigung ohne Bezug zu einem konkreten Verdienstausfall schließen ein versicherungspflichtiges und beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis per se aus (vgl. BSG, Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 12/05 R m. w. N.). Ehrenamtliche Tätigkeit kommt im Privatrecht aber auch im Bereich des öffentlichen Rechts vor und erhält ihr Gepräge durch die Verfolgung ideeller Zwecke und Unentgeltlichkeit. Sie knüpft teilweise an einen speziellen Status an, sodass sie von vornherein nur für bestimmte Personen in Betracht kommt. Die Ausübung von Aufgaben der Repräsentation im Rahmen ehrenamtlicher Betätigung ist möglich, jedoch nicht typischerweise kennzeichnend für eine ehrenamtliche Tätigkeit; viele ehrenamtliche Tätigkeiten beinhalten keinerlei Repräsentationsaufgaben. Das BSG differenziert zwischen Repräsentationstätigkeiten bzw. Tätigkeiten aufgrund mitgliedschaftlicher Verpflichtung und allgemein zugänglicher (Verwaltungs-)Tätigkeit. Es anerkennt die Besonderheiten ehrenamtlichen Engagements und qualifiziert die mit einem Ehrenamt verbundenen Repräsentationsaufgaben als weisungsfreie, dem Grunde nach nicht versicherungspflichtige Tätigkeiten (BSG, Urteil v. 27.3.1980, 12 RK 56/78). Allerdings nimmt das BSG in einer Gesamtwürdigung dennoch eine insgesamt abhängige Beschäftigung dann an, wenn ein ehrenamtlich Tätiger zugleich allgemein zugängliche Verwaltungsaufgaben übernimmt und für die Ausübung dieser Tätigkeiten eine Aufwandsentschädigung erhält, die über den tatsächlichen Aufwänden liegt (vgl. BSG, Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 12/05 R m. w. N.). Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis liegt auch dann vor, wenn die Betätigung nicht allein aufgrund mitgliedschaftlicher Verpflichtung und wegen dieser Verpflichtung ohne Erwerbszweck für einen Verein ausgeübt wird (BSG, Urteil v. 16.8.2017, B 12 KR 14/16 R).

 

Rz. 128

Andererseits gilt: In Ausübung einer nicht oder kaum mit Repräsentationsaufgaben verbundenen ehrenamtlichen Tätigkeit wird nicht in jedem Fall eine Beschäftigung ausgeübt, die bei wertender Betrachtung eine Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Sozialversicherung sinnvoll erscheinen lässt. Wenn sich der ehrenamtlich Tätige im Rahmen seines ehrenamtlichen Engagements bei seinem Einsatz z. B. sachlichen oder fachlichen Weisungen Dritter fügt oder er sich in eine Organisation einordnet, weil in aller Regel nur auf diese Weise die Funktionsfähigkeit der Organisation gewährleistet ist, begründet dies noch keine abhängige Beschäftigung (BSG, Urteil v. 16.8.2017, B 12 KR 14/16 R).

 

Rz. 129

Ehrenamtliche Tätigkeit wird durch ihre ideellen Zwecke und Unentgeltlichkeit bestimmt, hingegen nicht durch persönliche Abhängigkeit, wie sie für abhängige Beschäftigung i. S. v. § 7 Abs. 1 typisch ist. Entgeltlichkeit ist zwar kein absolut zwingendes Kriterium abhängiger Beschäftigung, jedoch ist sie Typus bildend für die abhängige Beschäftigung, denn regelhaft liegt der Ausübung einer Beschäftigung ein Erwerbszweck zugrunde. Selbst in den Fällen, in denen es an einem rechtswirksamen Arbeitsverhältnis fehlt und arbeitsrechtlich von einem fehlerhaften Arbeitsverhältnis und sozialversicherungsrechtlich von abhängiger Beschäftigung auszugehen ist, wird i. d. R. eine Gegenleistung für geleistete Arbeit gewährt. Das Gesetz bezieht Beschäftigte im Sinne individueller Vorsorge einerseits und zum Schutz der Allgemeinheit vor mangelnder Eigenvorsorge des Einzelnen andererseits in die einzelnen Zweige der Sozialversicherung ein und ordnet dazu Versicherungs- und Beitragspflicht an (vgl. BSG, Urteil v. 16.8.2017, B 12 KR 14/16 R; Urteil v. 23.7.2015, B 5 RE 17/14 R; Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 8/01 R; Urteil v. 10.8.2000, B 12 KR 21/98 R). Das Versicherungsverhältnis ist als Gegenleistungsverhältnis des Beschäftigten auf der einen Seite und der Solidargemeinschaft aller Versicherten eines Zweiges der Sozialversicherung auf der anderen Seite angelegt und erfordert, dass aus der Beschäftigung Erwerbseinkommen erzielt wird, aus dem sozial angemessene Beiträge zur Finanzierung des jeweiligen Systems geleistet werden können. Dass Versicherungsschutz auch Personengruppen in Tätigkeiten gewährt wird, die gemeinnütziger Ziele und nicht der Erzielung von Erwerbseinkommen wegen verrichtet werden, ist im System nicht angelegt und bedarf der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, wie sie z. B. in § 2 Abs. 1 Nr. 9 und 10 SGB VII getroffen worden ist (so zutreffend BSG, Urteil v. 16.8.2017, B 12 KR 14/16 R).

 

Rz. 130

Die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit schließt es nicht aus, dass bei einem die Grenzen der Organstellung überschreitenden überobligatorischen Engagement zusätzlich und neben dem nicht zu abhängiger Beschäftigung und damit zur Vers...

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