Rz. 19

In der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung wird für die Begründung der Versicherungspflicht verlangt, dass eine Beschäftigung vorliegt und diese gegen Entgelt ausgeübt wird. § 7 fixiert hierzu einen der zentralen Begriffe des Sozialversicherungsrechts, nämlich den der Beschäftigung. Dabei handelt es sich nicht um einen tatbestandlich scharf definiertes Merkmal (vgl. hierzu ausführlich Berchtold, NZS 2012 S. 481), sondern mehr um eine typisierende Beschreibung. Das BVerfG hat einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot verneint (BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96). Danach ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn dieser Rechtsbegriff anhand der in Rechtsprechung und Literatur herausgearbeiteten Kriterien und unter Berücksichtigung des Gesamtbildes im Einzelfall präzisiert wird.

 

Rz. 20

Der Begriff "Beschäftigung" ist das entscheidende Abgrenzungsmerkmal für den Personenkreis, der dem Schutz der Sozialversicherung unterfallen soll (vgl. Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, SGB IV, § 7 Rz. 3). An den Tatbestand der Beschäftigung knüpft eine Vielzahl sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften an. Die Beschäftigung ist meist Grundlage für die Versicherungspflicht (z. B. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII).

 

Rz. 21

Im Sinne einer Legaldefinition bestimmt § 7 Abs. 1, dass Beschäftigung eine nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis ist. Hieraus folgt zunächst, dass eine Beschäftigung stets dann anzunehmen ist, wenn nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen ein Arbeitsverhältnis besteht.

Dennoch ist das Beschäftigungsverhältnismit dem Arbeitsverhältnis nicht deckungsgleich (vgl. hierzu Berchtold, NZS 2012 S. 481; vgl. auch die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage "Das Statusfeststellungsverfahren der Deutschen Rentenversicherung" BT-Drs. 18/11982 v. 18.4.2017, S. 12). Letzteres ist logisch gesehen ein Unterfall des Beschäftigungsverhältnisses (Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, SGB IV, § 7 Rz. 1). Anders gewendet: Die Definition des Arbeitsvertrages in § 611a BGB hat insofern Einfluss auf die sozialversicherungsrechtliche Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit, als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer auch abhängig Beschäftigte i. S. d. Sozialversicherungsrechts sind (so Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage "Das Statusfeststellungsverfahren der Deutschen Rentenversicherung" BT-Drs. 18/11982 v. 18.4.2017, S. 16).

 

Rz. 22

Faktisch stellt das Arbeitsverhältnis indes den Regelfall einer Beschäftigung dar. § 7 Abs. 1 Satz 1 bringt diesen Zusammenhang durch den 2. Halbsatz zum Ausdruck ("..., insbesondere in einem Arbeitsverhältnis"). Eine Beschäftigung i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 1 besteht deswegen auch im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses und kann z. B. auch bei arbeitnehmerähnlichen Tätigkeiten vorliegen. Im Sozialversicherungsrecht wird der Begriff des Arbeitsverhältnisses in einer Vielzahl von Vorschriften verwandt (z. B. §§ 31 Abs. 2, 36 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 2, 38, 41 Abs. 1 Satz 1 SGB III, §§ 103, 23a, 28a SGB IV, §§ 24i, 47 Abs. 2, 147 Abs. 2, 171 Satz 1, 213 Abs. 1 Satz 2, 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V), ohne dass er definiert wird. Zur Interpretation dieses Begriffs ist daher auf arbeitsrechtliche Grundsätze zurückzugreifen. Ein Arbeitsvertrag unterliegt den Vorschriften der §§ 611 ff. und ist ein schuldrechtlicher gegenseitiger Austauschvertrag, durch den sich der Arbeitnehmer zur Leistung abhängiger Arbeit und der Arbeitgeber zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet. Der Arbeitsvertrag ist eine Sonderform des Dienstvertrags, ist also ein Dauerschuldverhältnis, das die Leistung von abhängiger weisungsgebundener Tätigkeit gegen Entgelt zum Gegenstand hat (hierzu Fandel/Hausch, in: Herberger/Martinek/Rüßmann, jurisPK-BGB, § 611 Rz. 2 ff.). Der Arbeitsvertrag ist Grundlage des Arbeitsverhältnisses durch das die rechtliche und soziale Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geprägt wird.

 

Rz. 23

Der Arbeitsvertrag ist seit 1.4.2017 legal definiert. Durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze v. 21.2.2017 (BGBl. I S. 258) wurde § 611a BGB mit Wirkung zum 1.4.2017 in den Untertitel "Dienstvertrag" des BGB eingefügt. Nach der Gesetzesbegründung (BR-Drs. 294/16 S. 2 f.) verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, die von der Rechtsprechung entwickelte Abgrenzung von abhängiger zu selbstständiger Tätigkeit zu kodifizieren (hierzu auch Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage "Das Statusfeststellungsverfahren der Deutschen Rentenversicherung" BT-Drs. 18/11982 v. 18.4.2017, S. 16). Dabei kam es ihm namentlich darauf an, die tatsächliche Vertragsdurchführung zu betonen (krit. Richardi, NZA 2017 S. 36). Da die anderen Vertragstypen (§§ 611 ff. BGB) nicht auf die Parteien abstellen, sondern den Inhalt als wesentliches Merkmal bestimmen, wird auch der Arbeitsvertrag nicht funktionsbezogen (Arbeitnehme...

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