Rz. 6

Das BSG hat mit Urteilen v. 26.10.1982 (12 RK 8/81) und v. 14.7.2004 (B 12 KR 7/03 R, B 12 KR 1/04 R und B 12 KR 7/04 R) entschieden, dass die Sozialversicherungsbeiträge nach dem geschuldeten und nicht nur nach dem tatsächlich ausgezahlten Lohn oder Gehalt zu berechnen sind. Das trifft insbesondere für solche Fälle zu, in denen der Arbeitgeber geschuldetes und vom Arbeitnehmer auch gefordertes Arbeitsentgelt bei Fälligkeit nicht gezahlt hat (Entstehungsprinzip).

 

Rz. 7

Aufgrund des Entstehungsprinzips ergibt sich nach Auffassung der am gemeinsamen Beitragseinzug Beteiligten (Besprechung v. 28./29.3.2001) das für die Sozialversicherung maßgebende Arbeitsentgelt aus dem für den Arbeitnehmer geltenden Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag. Es wird daher davon ausgegangen, dass die Tarifbestimmungen den Inhalt der Arbeitsverhältnisse gestalten, ohne dass es auf die Kenntnis von Arbeitnehmer und Arbeitgeber über den Arbeitsentgeltanspruch ankommt. Erst recht bedarf es keiner Anerkennung, Unterwerfung oder Übernahme des Tarifvertrags durch die Parteien eines Einzelarbeitsvertrags. Die Regelungen des Tarifvertrags gelten selbst dann, wenn die dem personellen Anwendungsbereich des Tarifvertrags unterworfenen Arbeitsvertragsparteien ausdrücklich gegenteilige oder auch andere Bedingungen vereinbart haben. Auch neu geschlossene tarifwidrige Arbeitsverträge sind hinsichtlich des tarifwidrigen Teils unwirksam. Ebenfalls sind Vertragsabsprachen, die den durch Tarifvertrag gestalteten Arbeitsvertrag auf Zeit einschränken oder suspendieren wollen, unwirksam.

Eine besondere Stellung nehmen in diesem Zusammenhang für allgemein verbindlich erklärte Tarifverträge ein. Nach § 5 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz (TVG) kann der Bundesminister für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss, der sich aus jeweils 3 Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zusammensetzt, einen Tarifvertrag auf Antrag einer Tarifvertragspartei für allgemein verbindlich erklären. Mit einer derartigen Erklärung erfassen die Rechtsnormen des Tarifvertrags in seinem Geltungsbereich auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (§ 5 Abs. 4 TVG).

Die Sozialversicherungsträger gehen daher davon aus, dass ein Arbeitsentgeltanspruch mindestens in Höhe des in einem Tarifvertrag oder in einem allgemein verbindlichen Tarifvertrag festgesetzten Lohns bzw. Gehalts besteht und der Beitragsberechnung zugrunde zu legen ist. Das durch Tarifvertrag oder durch einen allgemein verbindlichen Tarifvertrag festgesetzte Arbeitsentgelt kann von den Parteien eines Arbeitsvertrags, die der Geltung eines Tarifvertrags unterliegen, nicht rechtswirksam unterschritten werden. Hinsichtlich des einmaligen Arbeitsentgelts (§ 23a Abs. 1) ist jedoch die Sondervorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 2 zu beachten, wonach ein Beitragsanspruch aus solchem Entgelt erst dann entsteht, wenn es ausgezahlt worden ist.

Das BSG hat inzwischen mit mehreren Urteilen v. 14.7.2004 (B 12 KR 7/03 R, B 12 KR 1/04 R und B 12 KR 7/04 R) entschieden, dass bei allgemein verbindlichen Tarifverträgen die Beiträge auch dann nach dem im Tarifvertrag vereinbarten Arbeitsentgelt zu berechnen sind, wenn dieses Arbeitsentgelt tatsächlich vom Arbeitgeber nicht gezahlt wird. Dies gilt nach der Änderung des § 22 Abs. 1 seit dem 1.1.2003 nicht mehr für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt.

Die Vertreter der Spitzenverbände der am gemeinsamen Beitragseinzug beteiligten Sozialversicherungsträger vertreten seit der Besprechung am 26./27.5.2004 den Standpunkt, dass Einmalzahlungen, die – ungeachtet der arbeitsrechtlichen Zulässigkeit – in jedem Kalendermonat zu einem Zwölftel zur Auszahlung gelangen, ihren Charakter als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verlieren und damit als laufendes Arbeitsentgelt zu qualifizieren sind. Dies wiederum hat z. B. Auswirkungen auf die beitragsrechtliche Behandlung von Beiträgen zur Direktversicherung, die nach § 40b EStG in der am 31.12.2004 geltenden Fassung pauschal versteuert werden; denn die pauschal versteuerten Direktversicherungsbeiträge sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 SvEV nur dann nicht dem Arbeitsentgelt zuzuordnen, wenn es sich hierbei um zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers handelt, die neben dem laufenden Arbeitsentgelt gezahlt werden, oder wenn sie aus Einmalzahlungen finanziert werden. Sofern also für die Direktversicherungsbeiträge laufendes Arbeitsentgelt verwendet wird, was bei einer Umstellung von Einmalzahlungen auf monatliche Zahlungen der Fall wäre, führt dies nicht zu einer Minderung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts, d. h., die aus dem laufenden Arbeitsentgelt finanzierten Direktversicherungsbeiträge unterliegen auch bei einer vorgenommenen Pauschalbesteuerung der Beitragspflicht.

Hat ein Leiharbeitgeber seinen Arbeitnehmern geringere Löhne gezahlt, als vergleichbaren Arbeitnehmern in den Betrieben der jeweiligen Entleiher gezahlt wird, so sind die vom Arbeitgeber zu entrichtenden Beiträge nach dem Arbeitsentgelt zu ...

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