Der Arbeitgeber bedarf zur Kündigung gegenüber einem schwerbehinderten Menschen dann nicht der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts, wenn der Arbeitnehmer bis zur Kündigung weder einen Bescheid über seine Schwerbehinderteneigenschaft erhalten noch wenigstens innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Fristen einen entsprechenden Antrag beim Versorgungsamt oder einen Gleichstellungsantrag bei der Agentur für Arbeit gestellt hat.[1]

Ist die Behinderung offenkundig, muss der besondere Kündigungsschutz allerdings auch ohne Nachweis über die Schwerbehinderteneigenschaft beachtet werden.

Liegt zum Kündigungszeitpunkt ein Bescheid über die Schwerbehinderteneigenschaft vor oder hat der Arbeitnehmer rechtzeitig einen Antrag beim Versorgungsamt gestellt (ohne dass das Feststellungsverfahren wegen fehlender Mitwirkung verzögert wird), dann steht dem schwerbehinderten Menschen der volle Sonderkündigungsschutz im Grundsatz auch dann zu, wenn der Arbeitgeber von der Schwerbehinderteneigenschaft oder der Antragstellung nichts wusste. Die ohne Zustimmung des Integrationsamts erklärte Kündigung ist unwirksam. Will der Arbeitgeber wirksam kündigen, muss er zu einer künftigen Kündigung zunächst die Zustimmung des Integrationsamts einholen.

Hat der Arbeitgeber bei der Kündigung keine Kenntnis davon, dass der Arbeitnehmer vor der Kündigung die Feststellung seiner Schwerbehinderteneigenschaft beantragt hatte oder diese bereits festgestellt war, dann muss der Arbeitnehmer nach Zugang der Kündigung innerhalb einer angemessenen Frist (bei ordentlicher Kündigung regelmäßig 3 Wochen) gegenüber dem Arbeitgeber seine bereits festgestellte oder zur Feststellung beantragte Schwerbehinderteneigenschaft geltend machen, wenn er sich den Sonderkündigungsschutz erhalten will.[2]

Ein Berufen auf den Sonderkündigungsschutz innerhalb dieses Zeitraums ist regelmäßig nicht als illoyal verspätet anzusehen. Hierbei darf es dem Arbeitnehmer auch nicht zum Nachteil gereichen, wenn er – etwa zu Beweiszwecken – eine schriftliche Mitteilung wählt.

In den Fällen, in denen nach den vorstehenden Ausführungen ein Zustimmungsverfahren nicht durchzuführen ist, ist die im Zeitpunkt der Kündigung bestehende Schwerbehinderteneigenschaft nicht unbeachtlich, sondern im Kündigungsschutzprozess bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit einer ordentlichen Kündigung oder des wichtigen Grunds zur außerordentlichen Kündigung besonders zu berücksichtigen.

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