Eine Haftungsinanspruchnahme[1] als Arbeitgeber setzt voraus, dass die Lohnsteuer entstanden, nicht aber, dass sie auch festgesetzt worden ist.[2] Wird der Arbeitgeber vom Finanzamt als Haftungsschuldner in Anspruch genommen, so ist ein Haftungsbescheid zu erlassen.[3]

Im Haftungsbescheid sind die für das Entschließungs- und Auswahlermessen[4] maßgebenden Gründe des Finanzamts anzugeben.[5] Der Arbeitgeber hat dann eine Zahlungsfrist von einem Monat.[6]

 
Wichtig

Rechtsbehelfe gegen den Haftungsbescheid

Der Arbeitnehmer hat gegen diesen Haftungsbescheid insoweit ein Einspruchsrecht, als er persönlich für die nachgeforderte Lohnsteuer in Anspruch genommen werden kann. Dem Arbeitgeber steht ein unbeschränktes Einspruchs- und Klagerecht zu.

Ernstliche Zweifel bei Haftungsbescheid aufgrund einer Steuerfahndung ohne Mitteilung der Besteuerungsgrundlagen

Die Vollziehung eines Lohnsteuerhaftungsbescheids gegen ein Taxiunternehmen, der nach Ermittlungen der Steuerfahndung (Schwarzzahlungen an Taxifahrer) ergeht, ist auszusetzen, wenn das Finanzamt dem Antrag des Arbeitgebers nicht stattgibt, diesem die Besteuerungsgrundlagen nach § 364 AO im Einspruchsverfahren mitzuteilen.[7]

Aussetzung der Vollziehung bei rechtswidrigem Haftungsbescheid

Ist ein Haftungsbescheid mit Sicherheit oder großer Wahrscheinlichkeit rechtswidrig und deshalb ein für den Steuerpflichtigen günstiger Prozessausgang zu erwarten, kann das Finanzgericht die Aussetzung der Vollziehung auch ohne Sicherheitsleistung des Haftungsschuldners anordnen. An der Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids bestehen ernsthafte Zweifel, wenn das Finanzamt die einer Lohnkalkulation zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände, wie geleistete Stunden oder Stundensatz, vorher nicht aufgeklärt hat, die Haftungssumme dadurch u. U. rechnerisch falsch ermittelt wurde und der Haftungsbescheid keinerlei Ermessenserwägungen enthält.[8]

Haftung hat nur Schadenscharakter

So darf eine Haftungsinanspruchnahme nur für die gesetzlich entstandene Lohnsteuer erfolgen. Eine Haftung des Arbeitgebers scheidet aus, wenn zweifelsfrei feststeht, dass eine Einkommensteuerschuld des Arbeitnehmers nicht oder nicht in Höhe des Lohnsteuerabzugs entstanden ist.[9]

Hinreichende Bestimmtheit des Haftungsbescheids

Der BFH hat entschieden, unter welchen Voraussetzungen ein Bescheid, mit dem sowohl vom Arbeitgeber pauschale Lohnsteuer[10] nacherhoben als auch der Arbeitgeber als Haftungsschuldner für Lohnsteuer gem. § 42d EStG in Anspruch genommen wird und dabei die Steuer- von der Haftungsschuld nicht eindeutig getrennt wird, inhaltlich hinreichend bestimmt ist.[11]

Entscheidend ist lt. BFH nicht die u. U. fehlerhafte "Überschrift" des Bescheids (= Verwaltungsakt), sondern der "Tenor". Wenn wie im Streitfall

  • im Tenor nicht nur Haftungsbeträge nach § 42d EStG, sondern auch Pauschalsteuern enthalten sind (z. B. durch ausdrücklichen Verweis des Finanzamts auf die Pauschalierungsvorschriften)
  • und zudem das Finanzamt Bezug genommen hat auf Schreiben des steuerpflichtigen Arbeitgebers, die deutlich machen, dass das Finanzamt einen kombinierten Pauschalierungs- und Haftungsbescheid erlassen wollte,

ist der Haftungsbescheid hinreichend bestimmt. Für die Festsetzung der Pauschalsteuer fehlte es aber im Streitfall an einer entsprechenden Lohnsteuer-Anmeldung der Arbeitgeberin, sodass der mit dem Haftungsbescheid äußerlich verbundene Pauschalierungsbescheid vom BFH aufgehoben wurde.

Anfechtung lässt Lohnsteuer-Anmeldung unberührt

Durch die Anfechtung eines Lohnsteuer-Haftungsbescheids seitens des Arbeitgebers werden nicht zugleich auch dessen Lohnsteuer-Anmeldungen oder ein Bescheid über die Anfechtung des Vorbehalts der Nachprüfung der Lohnsteuer-Anmeldungen für die Anmeldungszeiträume angefochten, in denen der Haftungstatbestand verwirklicht wurde.[12]

Haftung des Geschäftsführers für (pauschalierte) Lohnsteuer

Die Nichtabführung einzubehaltender und anzumeldender Lohnsteuer zu den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten begründet regelmäßig eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH. Das gilt auch im Fall der nachträglichen Pauschalierung der Lohnsteuer.[13]

Das Finanzamt übt lt. BFH sein Auswahlermessen gem. § 5 AO fehlerhaft aus, wenn es ohne nähere Begründung nur den Arbeitgeber (im Streitfall eine GmbH) für die Lohnsteuer in Haftung nimmt, obwohl nach den im Streitfall gegebenen Umständen eine Haftung des Geschäftsführers i. S. der §§ 34, 35, 69 AO in Betracht kommt.[14]

 
Praxis-Tipp

Werbungskostenabzug bei Haftungsinanspruchnahme des Geschäftsführers

Ein angestellter Geschäftsführer, der Haftungsschulden aus seinem Vermögen bezahlt, kann diese Aufwendungen auch insoweit als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit abziehen, als die Haftung auf nicht abgeführter Lohnsteuer beruht, die auf den Arbeitslohn des Geschäftsführers entfällt. Das Werbungskostenabzugsverbot gem. § 12 Nr. 3 EStG gilt nicht.[15]

[1] H 42d.1 LStH "Haftungsverfahren".

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