Der Verzicht auf eine betriebsseitige Kontrolle der Einhaltung der Arbeitszeit-Verpflichtungen bringt es zwangsläufig mit sich, dass für Arbeitnehmer in Vertrauensarbeitszeit kein fortlaufendes Zeitkonto geführt wird, wie dies etwa bei traditioneller Gleitzeit mit Kernzeit oder variabler Arbeitszeit der Fall ist.

Wie eingangs ausgeführt[1], bedeutet der Verzicht auf eine betriebliche Zeiterfassung (und Zeitkontenführung) jedoch nicht, dass die geleistete Arbeitszeit bedeutungslos wird. Vielmehr ist der Arbeitnehmer gehalten, im Rahmen der Vertrauensarbeitszeit weitestmöglich in eigener Regie für einen Ausgleich von Über- und Unterschreitungen der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu sorgen. Im Unterschied zu anderen Arbeitszeitmodellen des flexiblen Tagesdienstes sind solche Überschreitungen aber nicht dokumentationspflichtig, soweit nicht arbeitszeitgesetzliche Regelungen die Aufzeichnung der Arbeitszeit gebieten.[2]

Vor diesem Hintergrund können Arbeitnehmer in Vertrauensarbeitszeit grundsätzlich im selben Umfang von Instrumenten persönlicher Arbeitszeitflexibilität (verkürzte oder verlängerte Arbeitstage, freie Tage) zwecks Zeitausgleich Gebrauch machen. Der Frage, inwieweit derartige Instrumente für Arbeitnehmer in Vertrauensarbeitszeit auch tatsächlich nutzbar sind, kommt in der betrieblichen Praxis erhebliche Bedeutung für die Akzeptanz der Vertrauensarbeitszeit aufseiten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu.

So stellt sich die Frage der Möglichkeit ganzer freier Tage zwecks Zeitausgleich ("Gleittage") nicht selten als sensibler Regelungsaspekt heraus. Da Vertrauensarbeitszeit besonders häufig bei Arbeitnehmern in Bereichen wissensintensiver Dienstleistungen zur Anwendung kommt (Forschung, Entwicklung, Marketing, Stabsbereiche), besteht nicht selten ein Interesse des Arbeitgebers, dass Arbeitnehmer an den betriebsüblichen Arbeitstagen (häufig Werktage Montag bis Freitag) zumindest phasenweise arbeiten oder erreichbar sind.

So könnte etwa in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden, dass der untertägige Zeitausgleich (kürzerer bzw. längerer Arbeitstag) zum Ausgleich von Abweichungen zwischen tatsächlicher und vereinbarter Arbeitszeit Vorrang vor freien Tagen hat. Darüber hinaus ist auch im Rahmen der Vertrauensarbeitszeit üblich, dass ganze freie Tage vorab mit der Führungskraft abzustimmen sind. Prinzipiell handelt es sich bei diesen Themen aber nicht um vertrauensarbeitszeitspezifische Aspekte der Arbeitszeitgestaltung. Aus Sicht der Arbeitnehmer kann es sinnvoll sein, in einer Betriebsvereinbarung klarzustellen, dass die Inanspruchnahme persönlicher Arbeitszeitflexibilität (verkürzter Arbeitstag, ggf. auch freier Tag) ohne den Nachweis vorheriger Überschreitungen der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit möglich ist. Denn ein solcher Nachweis würde den Vertrauenscharakter des Arbeitszeitmodells naturgemäß beschädigen.

In manchen betrieblichen Regelungen zur Vertrauensarbeitszeit wird ein pauschalierter Zeitausgleich in Form einer bestimmten Anzahl freier Tage festgelegt, die der Arbeitnehmer (ohne Nachweis der "Vorleistung") als Ausgleich für eventuelle zeitliche Mehrleistungen nach Ermessen in Anspruch nehmen kann. Allerdings stellen solche Regelungen den Charakter der Vertrauensarbeitszeit insoweit infrage, als durch sie unterstellt wird, dass Arbeiten in Vertrauensarbeitszeit bedeutet, grundsätzlich oberhalb der vereinbarten Arbeitszeit zu arbeiten. Der "wahre" Charakter der Vertrauensarbeitszeit zielt demgegenüber jedoch darauf ab, Arbeitsvolumen und Arbeitsprozesse so zu bemessen und zu gestalten, dass eine Balance von Aufgaben- und Arbeitszeitumfang fortlaufend erreicht wird.[3]

[1] S. Abschn. 1.
[2] Zur Handhabung der gesetzlichen Aufzeichnungspflichten vgl. Abschn. 10.
[3] Vgl. hierzu auch Abschn. 7.

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