(1) Voraussetzung für die Leistung nach § 39 SGB XI ist, dass die Pflegeperson die pflegebedürftige Person vor der erstmaligen Verhinderung mindestens sechs Monate in ihrer häuslichen Umgebung gepflegt hat und zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Verhinderungspflege die pflegebedürftige Person mindestens dem Pflegegrad 2 zugeordnet ist. Der Pflegegrad 2 muss nicht bereits während der sechsmonatigen Vorpflegezeit vorgelegen haben. Es ist nicht erforderlich, dass dieselbe Pflegeperson die pflegebedürftige Person sechs Monate gepflegt haben muss. Die Gesetzesmaterialien geben hierzu keine Hinweise. Diese Regelung wird dahingehend ausgelegt, dass die Wartezeit von sechs Monaten auch erfüllt ist, wenn sich mehrere Personen die Pflege zeitlich geteilt haben. Die Pflege muss nicht ununterbrochen ausgeführt worden sein. Unterbrechungstatbestände, die den Voraussetzungen des § 39 SGB XI entsprechen und nicht länger als vier Wochen dauern, sind für die Erfüllung der Wartezeit unschädlich. Hat die Unterbrechung länger als vier Wochen gedauert, so verlängert sich die Frist um den Zeitraum der Hemmung. Nicht erforderlich ist, dass die Pflegeperson der pflegebedürftigen Person vor jeder neuen Unterbrechung der Pflegetätigkeit wiederum sechs Monate gepflegt haben muss. Die Voraussetzung der Erfüllung der Vorpflegezeit entfällt bei pflegebedürftigen Personen mit Pflegegrad 4 oder 5, die noch nicht das 25. Lebensjahr erfüllt haben. In diesem Fall besteht der Anspruch auf Verhinderungspflege bereits ab dem Zeitpunkt der Feststellung des Vorliegens der Pflegebedürftigkeit.

(2) Anspruchsvoraussetzung ist nicht, dass die Leistung im Voraus beantragt wird.

2.1 Verhinderungspflege außerhalb der Häuslichkeit der pflegebedürftigen Person

[1] Da die Ruhensvorschrift nach § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB XI hier ausdrücklich nicht gilt, ist die Erbringung dieser Leistung nicht auf die Verhinderungspflege im Haushalt der pflegebedürftigen Person beschränkt. Es gilt vielmehr ein erweiterter Häuslichkeitsbegriff. Die Verhinderungspflege kann daher insbesondere in

  • einem Wohnheim für [korr.] Menschen mit Behinderungen,
  • einem Internat,
  • einer Krankenwohnung,
  • einem Kindergarten,
  • einer Schule,
  • einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung,
  • einem Krankenhaus oder
  • einer Pflegeeinrichtung (unabhängig von einer Zulassung nach § 72 SGB XI)

durchgeführt werden. Dient der Krankenhausaufenthalt der pflegebedürftigen Person allein der vollstationären Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V, besteht für diesen Zeitraum kein Anspruch auf Verhinderungspflege. Bei der Kostenübernahme für die zuvor genannten oder vergleichbaren Einrichtungen ist jedoch darauf zu achten, dass nur die pflegebedingten Aufwendungen berücksichtigt werden können. Investitionskosten, Kosten für Unterkunft und Verpflegung oder für Zusatzleistungen sowie die Behandlungspflege und Betreuung dürfen hier jedoch nicht übernommen werden. Falls in diesem Zusammenhang lediglich eine Gesamtsumme oder ein Tagessatz – ohne weitere Spezifizierung – in Rechnung gestellt wird, sollte ein Prozentsatz in Höhe von mindestens 20 % von der Summe des Rechnungsbetrages für Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten, medizinische Behandlungspflege und Betreuung in Abzug gebracht werden. Soweit mit Einrichtungen auf der Grundlage des 8. Kapitels des SGB XI Vergütungsverhandlungen geführt wurden, und damit auch der pflegebedingte Anteil am Pflegesatz feststeht, ist dieser entsprechend zu berücksichtigen. Soweit entsprechende Pflegesatzvereinbarungen bzw. Vergütungsregelungen von derartigen Einrichtungen mit dem zuständigen Träger der Sozialhilfe getroffen worden sind, kann der pflegebedingte Anteil ebenfalls ermittelt und für die Leistungsgewährung herangezogen werden.

Beispiel

Die Verhinderungspflege bei einer Pflegegeld empfangenden Person des Pflegegrades 2 wird vom 11.4. bis 3.5. (23 Kalendertage) in einer Rehabilitationseinrichtung erbracht.
Rechnungsbetrag der Rehabilitationseinrichtung
für 23 Tage Verhinderungspflege 1.530,00 EUR
Abzug für Unterkunft, Verpflegung, Investitionskosten, medizinische Behandlungspflege, Betreuung in Höhe von 20 % des Rechnungsbetrages 306,00 EUR
Erstattungsbetrag für Verhinderungspflege 1.224,00 EUR
Berechnung der Pflegegeldansprüche:
für den 11.4. und 3.5.
volles Pflegegeld (332,00 EUR x 2: 30) =
22,13 EUR
vom 12.4. bis 2.5.
hälftiges Pflegegeld (166,00 EUR x 21 : 30) =
116,20 EUR
Im laufenden Kalenderjahr besteht noch ein Restanspruch auf Verhinderungspflege für 19 Kalendertage bzw. in Höhe von 388,00 EUR (1.612,00 EUR – 1.224,00 EUR).

[2] Bei vorübergehendem Auslandsaufenthalt besteht auch ein Anspruch auf Leistungen bei Verhinderung der Pflegeperson nach § 39 SGB XI. Dies gilt unabhängig davon, ob die Ersatzpflegeperson aus Deutschland heraus mitreist oder sich vor Ort befindet (z.B. in Spanien lebende Großeltern) und ob sie mit der pflegebedürftigen Person bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert ist oder mit ihr in häuslicher Gemeinschaft lebt. Die Leistungen nach § 39 SGB XI können somit auch von professionellen Pflegekräften bei vorübergehenden ...

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