Bei der Festlegung der Grenzen gewerkschaftlicher Werbung geht es letztlich um die Frage, ob überwiegende Gegeninteressen des Arbeitgebers gegenüber dem in Art. 9 Abs. 3 GG verankerten Recht der Arbeitnehmerkoalition bestehen. Hierzu hat die Rechtsprechung in einer Vielzahl von Entscheidungen die nachfolgend dargestellten Grundsätze entwickelt.

Die gewerkschaftliche Werbung kann durch Ansprechen von Arbeitskollegen oder die Verteilung von Informationsmaterial (Gewerkschaftszeitungen, Prospekte) oder durch den Versand von E-Mails erfolgen. Unzulässig ist es aber, durch die Werbetätigkeit andere Arbeitskollegen von der Arbeit abzuhalten oder sie gegen ihren Willen während der Arbeitspausen oder sonstigen Ruhezeiten im Betrieb anzusprechen.

Vom Streikrecht einer streikführenden Gewerkschaft kann auch umfasst sein:

  • Arbeitnehmer unmittelbar vor dem Betreten des Betriebs anzusprechen, um sie für die Teilnahme am Streik zu gewinnen
  • und dies mangels anderer Mobilisierungsmöglichkeiten auch auf einem vom bestreikten Arbeitgeber vorgehaltenen Firmenparkplatz vor dem Betriebsgebäude zu tun.[1]
 
Achtung

In der Regel Werbung nicht innerhalb der Arbeitszeit

Grundsätzlich gilt, dass außerhalb von Betriebs- oder Personalratswahlen die Werbungstätigkeit nicht innerhalb der Arbeitszeit des werbenden Arbeitnehmers erfolgen darf. Das Bundesverfassungsgericht verlangt jedoch eine Interessenabwägung, bei der das Interesse des Arbeitgebers an einer uneingeschränkten wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit[2] dem der Gewerkschaft, auch innerhalb der Arbeitszeit Werbemaßnahmen durchzuführen, gegenüberzustellen ist.[3] Diese Interessenabwägung führt im Regelfall dazu, dass das Gewerkschaftsmitglied auf seine Privatzeit (z. B. Pausenzeiten, Schichtende) zu verweisen ist, um Gewerkschaftswerbung durchzuführen. Dies gilt auch für das Zutrittsrecht für betriebsfremde Gewerkschaftsangehörige zwecks Mitgliederwerbung.[4]

Bei der Form der Werbung unterliegt die Gewerkschaft bestimmten Grenzen. So wird für unzulässig gehalten

  • die Verteilung von Werbematerial durch betriebliche Einrichtungen ohne Zustimmung des Arbeitgebers[5];
  • Beleidigungen oder Schmähkritik gegenüber dem Arbeitgeber bzw. anderen Gewerkschaften[6];
  • die Verteilung von Werbematerial (Gewerkschaftszeitungen) ausschließlich an Mitglieder[7], zulässig ist allerdings die für alle Arbeitnehmer zugängliche Auslage von Zeitschriften und Prospektmaterial;
  • das Anbringen von Gewerkschaftsplaketten an Gegenständen, die im Eigentum des Arbeitgebers stehen[8], hingegen ist das Tragen von Plaketten mit spezifisch gewerkschaftlichem Inhalt (Beispiel: 35-Stunden-Woche, Mitgliedsplaketten) dann nicht zu beanstanden, wenn der Betriebsablauf (kein Kundenbereich) nicht beeinträchtigt wird;
  • das Verlangen, Informationen durch den Arbeitgeber auf dessen Intranetseite veröffentlichen zu lassen[9], zulässig ist aber der Versand von E-Mails an die betrieblichen Adressen der Belegschaft[10];
  • wildes Plakatieren[11], allerdings muss der Arbeitgeber für gewerkschaftliche Aushänge eine angemessene Fläche zur Verfügung stellen (ca. 1 qm).

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