Rz. 37

§ 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG verweist für die Bestimmung der dort angeführten außerordentlichen Einkünfte uneingeschränkt auf den Entschädigungen und Abfindungen als nachträgliche Einkünfte regelnden § 24 Nr. 1 EStG. Entschädigungen als Oberbegriff für § 24 Nr. 1 Buchst. a bis c EStG sind im Gesetz nicht geregelt. Entschädigungen können bei allen Einkunftsarten anfallen.[1] Erhält ein im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses 12-jähriges Verkehrsunfallopfer von der Versicherung des Schädigers nach Schweizer Recht Ersatz für den verletzungsbedingt erlittenen, rein hypothetisch berechneten Erwerbs- und Fortkommensschaden, kommt eine Anwendung von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht in Betracht, wenn die Vereinbarung der an der Schadensregulierung Beteiligten …trotz der Bezeichnung der gewährten Versicherungsleistung als "Verdienstausfall"… nicht dahin gedeutet werden kann, dass damit Ersatz für steuerbare Einnahmen aus einer konkreten, d. h. bestimmten oder jedenfalls hinreichend bestimmbaren Einkunftsquelle i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG gezahlt werden sollte.[2] Die Abfindungszahlung anlässlich der Auflösung eines Mietverhältnisses und Rückgabe der Mietsache ist keine steuerbegünstigte Entschädigung i. S. v. § 24 Nr. 1 EStG; anders ist dies möglicherweise bei Vereinbarung einer Entschädigung für entgangene Miete.[3] Der BFH versteht unter Entschädigungen Zahlungen, die eine finanzielle Einbuße ausgleichen, die ein Stpfl. infolge einer Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter erlitten oder zu erwarten hat.[4]

Die Abfindung aufgrund Vergleichs als Ausgleich für den Verlust zurückliegender und künftiger Ansprüche auf Arbeitnehmererfindervergütungen ist keine Entschädigung.[5] Wird dem Inhaber von Genussrechten, die keine Beteiligung am Unternehmensvermögen vermitteln, ein Entgelt dafür gewährt, dass ihm aufgrund der vorzeitigen Beendigung des Genussrechtsverhältnisses Einnahmen aus der Verzinsung des Genussrechtskapitals entgehen, handelt es sich um eine stpfl. Entschädigung.[6] § 24 Nr. 1a EStG ist laut BFH nur auf eine Entschädigung für entgangene Einnahmen, nicht aber auf eine Entschädigung für durch eine Vertragsauflösung verursachte Ausgaben anwendbar.[7]

Es fehlt an einem Ersatz für entgangene Einnahmen aus dem Anstellungsverhältnis, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Schaden ersetzt, den dieser infolge einer Verletzung arbeitsrechtlicher (Fürsorge-)Pflichten oder einer unerlaubten Handlung des Arbeitgebers z. B. an einem immateriellen Wirtschaftsgut erlitten hat. Denn damit werden nicht die Dienste des Arbeitnehmers vergütet, sondern ein vom Arbeitgeber verursachter Schaden ausgeglichen.[8]

Während § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG vergangenheitsbezogen Ersatzleistungen wegen oder infolge entgangener oder entgehender Einnahmen betrifft, die der Abgeltung oder Abwicklung aus dem bisherigen Rechtsverhältnis dienen, erfasst die Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG zukunftsorientiert Gegenleistungen für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit.[9]

 

Rz. 38

Eine Entschädigung in Form eines Ersatzes für entgangene oder entgehende Einnahmen i. S. v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG kann auch dann zu bejahen sein, wenn der Stpfl. an dem zum Einnahmenausfall führenden Ereignis selbst mitgewirkt hat. Dennoch aber muss er bei der Aufgabe seiner Rechte unter erheblichem rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck gestanden haben und darf das schadenstiftende Ereignis nicht aus eigenem Antrieb herbeigeführt haben.[10] Um einen "Ersatz" annehmen zu können, muss außerdem die Anspruchsgrundlage für den Bezug der Einnahmen entfallen sein; der an seine Stelle tretende Ersatzanspruch muss auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhen.[11] Die auf einem Sozialplan beruhende Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes ist nur dann als außerordentliche Einkünfte zu behandeln, wenn deren zusammengeballter Zufluss zu einer Ausnahmesituation in der Progressionsbelastung des jeweiligen Stpfl. führt.[12] Verzichtet der Betreiber einer mobilen Altenpflege zur Beilegung eines jahrelangen Rechtsstreits auf die ihm zustehende Förderung nach dem LPflgeHG Rheinland-Pfalz und erhält er hierfür vom Land und Landkreis eine Entschädigung, handelt es sich um eine steuerbegünstigte Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG.[13]

Zahlt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer im Zuge der (einvernehmlichen) Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, sind tatsächliche Feststellungen zu der Frage, ob der Arbeitnehmer dabei unter tatsächlichem Druck stand, regelmäßig entbehrlich.[14]

Sofern die vertragliche Anspruchsgrundlage nicht wegfällt, erhält der Stpfl. von seinem Vertragspartner keinen "Ersatz" für die ihm laut Vertrag zustehende Leistung, sondern diese Leistung selbst. So beruhen auch Ersatzleistungen, die ein Gewerbetreibender wegen Nichterfüllung eines Vertrages im Rahmen typischer unternehmensgegenständlicher Geschäftsvorfälle erhält, nicht auf einer neuen Rechts- oder Billigkeit...

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