Rz. 132

Liegen bei Eltern die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nicht vor, kann auch der einem Elternteil zustehende Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (sog. Sammelfreibetrag) auf Antrag auf den anderen Elternteil übertragen werden. Weitere Voraussetzung ist, dass das Kind minderjährig ist und nur in der Wohnung des die Übertragung begehrenden Elternteils gemeldet ist.

 

Rz. 133

Der Betreuungsfreibetrag kann bei Vorliegen der Übertragungsvoraussetzungen unabhängig und abweichend vom Kinderfreibetrag übertragen werden.[1] Eine Mitwirkung des betroffenen Elternteils ist nicht erforderlich. Das Gesetz stellt zur Berücksichtigung des Betreuungsaufwands typisierend ausschließlich auf die melderechtlichen Voraussetzungen ab. Ist das Kind in den Wohnungen beider Elternteile gemeldet, scheidet eine Übertragung aus. Gleiches gilt, wenn es bei keinem Elternteil gemeldet ist, z. B. bei Heimunterbringung. Unerheblich ist, ob es sich um eine Meldung mit Haupt- oder Nebenwohnsitz handelt.[2]

 

Rz. 134

Die Übertragung des Sammelfreibetrags konnte bis 2011 unabhängig davon erfolgen, ob der andere Elternteil seine Unterhaltspflicht erfüllt oder der Übertragung zustimmt. Der Freibetrag konnte ohne Zustimmung, d. h. zwangsweise, bei Vorliegen der melderechtlichen Voraussetzungen übertragen werden.[3] Diese Regelung begegnete keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.[4] Ab dem Vz 2012 kann, wenn die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 S. 1 EStG nicht vorliegen, der eine Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, der vom anderen Elternteil beantragten Übertragung des ihm zustehenden (hälftigen) Freibetrages für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes widersprechen, wenn er Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut (§ 32 Abs. 6 S. 9 EStG).

Welcher Betreuungsumfang ausreichend ist, ist bisher nicht höchstrichterlich geklärt. Das FG Rheinland-Pfalz lässt hierfür genügen, wenn die Leistungen des widersprechenden Elternteils die Schwelle der Unwesentlichkeit überschreiten. Das Gesetz verlangt nicht, dass sich die Anteile beider Elternteile an der Betreuung, Erziehung oder Ausbildung der Kinder entsprechen müssten.[5] Bei volljährigen Kindern ist eine Übertragung grundsätzlich ausgeschlossen. Dies gilt auch dann, wenn der andere Elternteil weder Unterhalt leistet noch zu Betreuung, Erziehung oder Ausbildung beiträgt.

Rz. 135 einstweilen frei

[1] BT-Drs. 14/1513, 15.
[2] Grönke-Reimann, in H/H/R, EStG/KStG, § 32 EStG Rz. 191.
[5] FG Rheinland-Pfalz v. 4.12.2015, 4 K 1624/15, EFG 2016, 308, Haufe-Index 8905764; Rev. eingelegt, AZ beim BFH III R 2/16.

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