Rz. 70

Der Gesetzgeber unterstellt typisierend, dass dem Stpfl. bei fehlendem Ausbildungsplatz – ebenso wie für Kinder in Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a EStG) – Unterhaltsaufwendungen entstehen, die den Abzug eines Kinderfreibetrags bzw. den Anspruch auf Kindergeld rechtfertigen. Die Regelung bezweckt die Gleichstellung beider Fälle.[1]

 

Rz. 71

Das Kind muss eine Berufsausbildung nicht beginnen oder fortsetzen können. Die Berücksichtigung setzt daher voraus, dass die Suche nach einem Ausbildungsplatz bisher erfolglos war (objektives Tatbestandsmerkmal) und das Kind ausbildungswillig ist (subjektives Tatbestandsmerkmal).

Ein Ausbildungsplatz ist nicht verfügbar, wenn er objektiv nicht angeboten wird. Dem Fehlen eines Ausbildungsplatzes steht es gleich, wenn dem Kind ein Ausbildungsplatz bereits zugesagt wurde, es diesen aber aus schul-, studien- oder betriebsorganisatorischen Gründen erst zu einem späteren Zeitpunkt antreten kann, z. B. wegen späteren Semesterbeginns.[2] Ist ein Ausbildungsgang staatlich geregelt, sind diese Regeln maßgebend, z. B. die Regelungen der Vergabestelle für Studienplätze.[3]

Von einem Fehlen eines Ausbildungsplatzes ist dann nicht auszugehen, wenn das Kind einen angebotenen Ausbildungsplatz aus in seiner Person liegenden Gründen nicht annehmen kann[4] oder weil es sich anderweitig längerfristig verpflichtet hat.[5] Entsprechendes gilt, wenn das Kind die objektiven Anforderungen an den Ausbildungsplatz nicht erfüllt.

Dem Kind muss es trotz ernsthafter Bemühungen nicht gelungen sein, einen Ausbildungsplatz zu erlangen.[6] Dabei ist grds. jeder Ausbildungswunsch des Kindes anzuerkennen, es sei denn, dass seine Verwirklichung wegen der persönlichen Verhältnisse des Kindes ausgeschlossen erscheint oder das Kind die objektiven Voraussetzungen für den erstrebten Ausbildungsplatz nicht erfüllt.[7] Dies gilt auch dann, wenn das Kind bereits eine abgeschlossene Ausbildung in einem anderen Beruf besitzt. Die Gründe für eine Unterbrechung der Berufsausbildung sind grds. unbeachtlich.[8]

Der Wille, eine bestimmte Berufsausbildung aufzunehmen bzw. fortzusetzen, und die fehlende Verwirklichung mangels eines Ausbildungsplatzes sind glaubhaft zu machen und ggf. nachzuweisen.[9] Dazu reichen pauschale Angaben wie "das Kind sei ausbildungsbereit gewesen und habe sich ständig um einen Ausbildungsplatz bemüht" nicht aus. Zur Vermeidung von Missbräuchen muss sich die Ausbildungsbereitschaft durch belegbare Bemühungen um einen Ausbildungsplatz verobjektiviert haben.[10] Der Kindergeldberechtigte hat die Nachweise beizubringen und dafür Vorsorge zu treffen. Das Kind hat dabei mitzuwirken (§ 68 Abs. 1 EStG).

Die Bemühungen um einen Ausbildungsplatz müssen hinreichend konkret sein. Der Nachweis kann regelmäßig durch eine Bescheinigung der Agentur für Arbeit erbracht werden, dass das Kind als Bewerber um eine Ausbildungsstelle registriert ist. Die Agentur muss entsprechende Nachfragen des Kindes dokumentieren. Die Registrierung muss allerdings mit dem Status "Bewerber", nicht nur mit "ratsuchend" nachgewiesen werden.[11]

Die Registrierung bei der Arbeitsagentur war bis zur Neuregelung des § 38 Abs. 4 SGB III[12] in ihrer Wirkung auf 3 Monate beschränkt. Für die Kindergeldberechtigung musste das ausbildungssuchende Kind daher im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht zumindest alle 3 Monate gegenüber der Ausbildungsvermittlung sein Interesse an einer weiteren Vermittlung kundtun.

Mit der Neuregelung des § 38 Abs. 4 SGB III ist die Ausbildungsvermittlung so lange durchzuführen, bis die Ausbildungssuche in Ausbildung, schulische Bildung oder Arbeit mündet oder sich die Vermittlung anderweitig erledigt oder solange der eine Ausbildung Suchende dies verlangt.

Die Registrierung als Bewerber für einen Ausbildungsplatz hat allerdings keine (echte) Tatbestandswirkung und ist daher grundsätzlich für das FA bzw. die Familienkasse nicht bindend. Sie hat jedoch eine so starke Indizwirkung, dass sie im Regelfall als Nachweis des ernsthaften Bemühens um einen Ausbildungsplatz ausreicht.[13] Diese Indizwirkung wirkt auch dann fort, wenn die Agentur die Registrierung ohne Grund wieder löscht.[14] Anders ist es, wenn es sich lediglich um eine pro-forma-Bewerbung handelt und Anhaltspunkte dafür bestehen, dass tatsächlich keine Ausbildung (mehr) angestrebt wird. Hält das Kind z. B. einen Vorsprachetermin bei der Arbeitsagentur nicht ein, ist diese nach wie vor berechtigt, die Registrierung sofort zu löschen mit der Folge, dass die Indizwirkung erlischt und die Berücksichtigung ab dem Folgemonat entfällt.[15]

Außer durch eine Meldung bei der Ausbildungsvermittlung kann die Ausbildungsbereitschaft auch auf andere Art und Weise glaubhaft gemacht werden. In Betracht kommen insbesondere durch Suchanzeigen in Zeitungen, schriftliche Bewerbungen und ggf. darauf erhaltene Zwischennachrichten oder auch Absagen.[16] Der Umfang der erforderlichen Bewerbungsbemühungen ist einzelfallabhängig. So wird ein Kind, das nach Abschluss der Schulausb...

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