Rz. 17

Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 S. 2 EStG setzt voraus, dass die betroffenen Bezüge

  • aus öffentlichen Kassen
  • an öffentliche Dienste leistende Personen
  • als Aufwandsentschädigungen gezahlt werden, die

    • weder für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden,
    • noch den Aufwand des Empfängers offenbar übersteigen

      und

    • im Haushaltsplan der gewährenden Körperschaft des öffentlichen Rechts als Aufwandsentschädigung ausgewiesen sind.
 

Rz. 18

Im Gegensatz zur Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG sind nicht nur formale, sondern auch sachliche Voraussetzungen zu erfüllen. Andererseits reichen die formalen Voraussetzungen weniger weit. Daher fallen unter § 3 Nr. 12 S. 2 EStG auch solche Aufwandsentschädigungen, die die in § 3 Nr. 12 S. 1 EStG aufgestellten Voraussetzungen nur z. T. erfüllen, dafür aber alle Voraussetzungen des § 3 Nr. 12 S. 2 EStG. Dies gilt z. B. für eine Aufwandsentschädigung aus einer Landeskasse, die zwar im Haushaltsplan als solche ausgewiesen, nicht jedoch auch durch Rechtsnorm oder Kabinettsbeschluss der Bundes- oder einer Landesregierung als solche festgesetzt ist.

 

Rz. 19

Öffentliche Kassen sind zunächst alle Kassen der Körperschaften des öffentlichen Rechts. Öffentliche Kassen i. S. v. § 3 Nr. 12 S. 2 EStG sind aber auch alle diejenigen, die einer Dienstaufsicht und Prüfung des Finanzgebarens durch die öffentliche Hand unterliegen.[1] Es muss sich um inländische und der Prüfung durch die inländische öffentliche Hand unterliegende Kassen handeln.

 

Rz. 20

Es reicht aus, dass die Kassen der Dienstaufsicht und Prüfungsbefugnis durch die öffentliche Hand unterliegen; es ist nicht erforderlich, dass sie auch tatsächlich geprüft werden. Kassen ausl. Rechtsträger (etwa der diplomatischen Vertretungen ausl. Staaten) unterliegen nicht der Dienstaufsicht und dem Prüfungsrecht der inländischen öffentlichen Hand und können daher keine öffentlichen Kassen i. S. v. § 3 Nr. 12 S. 2 EStG sein.[2] Somit sind Aufwandsentschädigungen des Europäischen Parlaments keine Zahlungen aus öffentlichen Kassen i. S. d. § 3 Nr. 12 S. 2 EStG.[3] Gleiches gilt für die anderen Kassen der EU.

Andererseits ist es nicht erforderlich, dass der Träger der öffentlichen Kasse eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. Eine Kasse muss auch dann als öffentliche Kasse i. S. v. § 3 Nr. 12 S. 2 EStG anerkannt werden, wenn das in Betracht kommende öffentlich-rechtliche Gebilde, ohne die volle rechtliche Selbstständigkeit der Körperschaft des öffentlichen Rechts zu besitzen, auf Gesetz beruht und als solches öffentliche Aufgaben erfüllt und wenn gleichzeitig die Kasse der Staatsaufsicht und der Prüfung des Finanzgebarens durch die öffentliche Hand untersteht. Das gilt umso mehr, wenn der Haushalt eines solchen Trägers einer mittelbaren Staatsverwaltung durch ein Parlament festgestellt wird.[4] Keine öffentlichen Kassen sind die Kassen der Fraktionen der Parlamente, da die Fraktionen nicht Teil der öffentlichen Verwaltung sind und auch keine hoheitlichen Tätigkeiten ausüben.[5] Die kommunalen Spitzenverbände haben i. d. R. ebenfalls keine öffentlichen Kassen.

 

Rz. 21

Zu den öffentlichen Kassen i. S. v. § 3 Nr. 12 S. 2 EStG zählen somit z. B. die Kassen des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der Träger der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherungen sowie der gesetzlichen Krankenkassen, der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften und der öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten. Öffentliche Kassen unterhalten ferner die Industrie- und Handelskammern, die Kreishandwerkerschaften, die Berufskammern und die Sparkassen- und Giroverbände.[6] Ferner gehören zu den öffentlichen Kassen die Kassen des Bundeseisenbahnvermögens als Sondervermögen des Bundes und die Kassen der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost sowie die Unterstützungskassen der Postunternehmen.

 

Rz. 22

Öffentliche Dienste leisten grundsätzlich alle Personen, die im Dienst einer juristischen Person des öffentlichen Rechts stehen. Es muss kein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis vorliegen. Begünstigt ist auch, wer selbstständig öffentliche Aufgaben wahrnimmt, wie z. B. Ratsmitglieder, Sachverständige, Schöffen oder andere nur gelegentlich öffentliche Dienste leistende Personen, wie z. B. Wahlhelfer[7] oder ehrenamtliche Gemeinde- oder Stadtratsmitglieder[8] oder ehrenamtliche Vorstandsmitglieder eines berufsständischen Versorgungswerks. Es genügt eine Tätigkeit im Bereich der schlichten Hoheitsverwaltung, wie z. B. der Straßenverwaltung, der Abwasserentsorgung, der Berufskammern, der berufsständischen Versorgungswerke,[9], des gewässerkundlichen Messdienstes[10] oder im Programmdienst der öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten sowie deren Aufsichtsgremien.[11] Auch nur behördeninterne Tätigkeiten wie z. B. eine Personalratstätigkeit ist begünstigt.[12]R 3.12 Abs. 1 S. 1 LStR 2015 schließt die Daseinsvorsorge von der Steuerfreiheit aus. Damit können Pflegeleistungen im kirchlichen Bereich ni...

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