Rz. 76

Der Abzug von Beiträgen zu Versicherungen als Sonderausgaben setzt ein bestehendes Versicherungsverhältnis voraus, das gesetzlicher (z. B. Krankenversicherungen) oder vertraglicher (z. B. Haftpflichtversicherung) Natur sein kann. Ein gesetzliches Versicherungsverhältnis besteht auch dann, wenn jemand der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig beigetreten ist (z. B. ein Freiberufler).

Ein Versicherungsverhältnis ist gegeben, wenn ein Versicherer, ohne dass ein innerer Zusammenhang mit einem Rechtsgeschäft anderer Art besteht, sich gegen Entgelt verpflichtet, ein wirtschaftliches Risiko dergestalt zu übernehmen, dass er anderen vermögenswerte Leistungen zu erbringen hat,

  • wenn sich eine für deren wirtschaftliche Verhältnisse nachteilige, ihrem Eintritt nach ungewisse Tatsache ereignet, um die dadurch verursachten Nachteile auszugleichen,
  • wobei es von der Dauer des menschlichen Lebens oder dem Eintritt oder Nichteintritt einer Tatsache im Lauf des menschlichen Lebens abhängt, ob oder wann oder in welchem Umfang zu leisten ist und wie hoch das Entgelt ist, sofern der Risikoübernahme eine Kalkulation zugrunde liegt, wonach die dazu erforderlichen Mittel ganz oder im Wesentlichen durch die Gesamtheit der Entgelte aufgebracht werden.[1]

Diese Definition des Versicherungsverhältnisses gilt gleichermaßen für das Steuerrecht.[2] Die Genehmigung des entsprechenden Tarifs durch das Bundesaufsichtsamt hat Indizwirkung für das Vorliegen eines Versicherungsverhältnisses.

 

Rz. 77

Beteiligte eines Versicherungsverhältnisses sind der Versicherer, das ist das Versicherungsunternehmen bzw. der Sozialversicherungsträger, der im Versicherungsfall die Leistung zu erbringen hat, der Versicherungsnehmer als Vertragspartner des Versicherungsunternehmens und der Bezugsberechtigte. Regelmäßig ist Bezugsberechtigter der Versicherungsnehmer, es kann aber auch ein Dritter sein, der im Versicherungsfall das Recht auf Leistung gegen das Versicherungsunternehmen erwirbt, soweit der Versicherungsnehmer nichts Abweichendes bestimmt (§ 159 VVG).

Der Versicherungsvertrag kommt bürgerlich-rechtlich zustande, wenn die Annahmeerklärung des Versicherungsunternehmens auf Antrag des Versicherungsnehmers bei diesem zugeht. Auf den Zugang der Annahmeerklärung kann regelmäßig nicht verzichtet werden (§ 151 BGB), soweit nicht besondere, außergewöhnliche Umstände vorliegen.[3] Weitergehend hat der BFH Zahlungen vor Annahme des Antrag durch das Versicherungsunternehmen als Sonderausgaben anerkannt, wenn der Stpfl. von sich aus alles getan hat, um den Vertragsabschluss herbeizuführen, es sei denn, dass begründete Zweifel am Zustandekommen des Versicherungsvertrags bestanden und der Beginn des Vertrags v. 1.1. des Folgejahres datiert.[4] Diese Auffassung ist abzulehnen, da nur Beiträge zu bestehenden, nicht aber entstehenden Versicherungen begünstigt sind; es muss bereits ein tatsächliches Versicherungsverhältnis vorliegen, da Aufwendungen nur dann als Sonderausgaben abziehbar sind, wenn der Stpfl. als Versicherungsnehmer gezahlt hat (Rz. 11ff.).[5] Hat das Versicherungsunternehmen aber bereits eine Deckungszusage erteilt, sodass vorläufiger Versicherungsschutz besteht, sind die Zahlungen unabhängig vom Zustandekommen des Vertrags als Sonderausgaben abziehbar.[6]

Zahlt der Versicherungsnehmer bereits aufgrund eines Antrags unaufgefordert eine Prämie und lehnt die Versicherung die Annahme des Antrags später ab, ist die Zahlung ebenfalls nicht als Sonderausgaben abziehbar. Die Verwaltung geht bei Lebensversicherungen aufgrund der regelmäßig erforderlichen Risikoprüfung davon aus, dass eine ausdrückliche Annahmeerklärung erfolgt. Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist für die steuerliche Beurteilung grundsätzlich das Datum der Ausstellung des Versicherungsscheins.[7]

 

Rz. 78

Begünstigte Beiträge sind laufende oder einmalige Geldleistungen des Stpfl., die aufgrund eines gesetzlichen oder vertraglichen Versicherungsverhältnisses geleistet werden müssen (Rz. 77). Laufende Beitragszahlungen können unterschiedlich hoch sein oder unregelmäßig geleistet werden. Laufende Beitragszahlungen liegen auch vor, wenn Versorgungskassen Beiträge nach ihrem Geldbedarf erheben.[8]

 

Rz. 79

Ersparte Aufwendungen sind keine Sonderausgaben. Verzichtet der Stpfl. z. B. auf den Abschluss einer Krankenversicherung, kann er die tatsächlich geleisteten Aufwendungen für seine Krankheit nicht als Sonderausgaben abziehen.[9]

Zu den abziehbaren Beiträgen gehören auch Ausfertigungsgebühren, Abschlussgebühren und die Versicherungssteuer.[10] Die Prämien sind nur abziehbar, wenn sie an Versicherungsunternehmen geleistet werden, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der EG oder einem anderen Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums haben und das Versicherungsgeschäft im Inland betreiben dürfen, und Versicherungsunternehmen, denen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt worden ist (Rz. 176).

[1] Armbrüster, in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, § ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Personal Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge