Rz. 24

Voraussetzung für die Nichtanwendbarkeit des MiLoG ist, dass es sich wirklich um eine ehrenamtliche Tätigkeit und nicht um ein verstecktes Arbeitsverhältnis handelt. Wer im Ehrenamt tätig ist, ist im Rahmen eines Auftragsverhältnisses[1] tätig. Dieses ist geprägt durch Unentgeltlichkeit, Aufwendungsersatz und jederzeitige Kündigungsmöglichkeit. Beim Ehrenamt besteht grundsätzlich kein Anspruch auf den Mindestlohn, wohl aber beim Arbeitsverhältnis. Eine Beauftragung zu ehrenamtlicher Tätigkeit darf nicht zur Umgehung genutzt werden. Problem ist die Abgrenzung Ehrenamt zu Arbeitsverhältnis.

Hier hat das BAG in der Telefonseelsorgeentscheidung[2] Hinweise gegeben.

  1. Steht das karitative Element im Vordergrund spricht dies für eine ehrenamtliche Tätigkeit.
  2. Steht Erzielung von Geld im Vordergrund spricht dies für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses.
 

Rz. 25

Gesichtspunkte sind hier u. a.:

  • Innere Motivation (Ausdruck einer inneren religiösen, karitativen, am Gemeinwohl sowie den Sorgen und Nöten anderer Menschen orientierten Haltung)
  • Höhe des Entgelts
  • Zeitlicher Umfang
  • Finanzielle Absicherung
  • Lebenssituation (Rentner, Hausfrau, Student, Schüler)

Hinzu kommen Anhaltspunkte wie Weisungsrecht und Eingliederung.

Letztlich kommt es für die Beantwortung der Frage, ob ein Arbeitsverhältnis oder ein Ehrenamt vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls an. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt und nicht aus der Bezeichnung.

Ehrenamtlich tätig sind nach der Begründung des Regierungsentwurfs der Bundesregierung zum MiLoG auch Personen, die einen Freiwilligendienst[3]. leisten. Dazu gehören:

  • Bundesfreiwilligendienst i. S. d. Bundesfreiwilligendienstgesetzes
  • freiwilliges soziales Jahr i. S. d. Jugendfreiwilligendienstgesetzes
  • freiwilliges ökologisches Jahr i. S. d. Jugendfreiwilligendienstgesetzes
  • europäischer Freiwilligendienst i. S. d. Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 zur Einrichtung von "Erasmus+", dem Programm der Union für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport
  • Dienste im Ausland i. S. d. § 5 Bundesfreiwilligendienstgesetzes (BFDG)
  • entwicklungspolitischer Freiwilligendienst "weltwärts" i. S. d. Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1.8.2007[4]
  • Freiwilligendienst aller Generationen i. S. d. § 2 Abs. 1a SGB VII
  • internationaler Jugendfreiwilligendienst i. S. d. Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20.12.2010[5].
 

Rz. 26

Sogenannte "unechte Freiwilligendienste" (z. B. bei Wohlfahrtsorganisationen), die außerhalb des Bundesfreiwilligengesetzes als Praktika oder Minijobs ausgestaltet sind, werden grundsätzlich vom Mindestlohn erfasst. Soweit diese Tätigkeiten "mindestlohnfrei" bleiben sollen, müssten durch interessierte Träger die Möglichkeiten des Bundesfreiwilligengesetzes genutzt und ggf. mehr "echte" Freiwilligendienste angeboten werden. Wird eine von der Motivation her gesehen aus karitativen Gründen ausgeübte Tätigkeit – aus steuer- oder sozialversicherungsrechtlichen Gründen – im Rahmen einer geringfügigen Tätigkeit als Minijob ausgeübt, liegt grundsätzlich ein Arbeitsverhältnis vor und es greift das MiLoG. Denkbar ist allerdings, dass neben der geringfügigen Beschäftigung ein darüber hinausgehendes ehrenamtliches Engagement gegeben ist. Diese darüber hinausgehende ehrenamtliche Tätigkeit muss jedoch von Art und Inhalt der Tätigkeit deutlich zum Minijob abgrenzbar sein.

 
Praxis-Beispiel

Ehrenamt und Minijob:

Eine Person ist im Rahmen eines Minijobs für 538 EUR im Sekretariat eines Pfarramts tätig. Daneben betreut sie ehrenamtlich als Chorleiterin den Kirchenchor und erhält dafür eine "Aufwandsentschädigung" von 200 EUR monatlich. Die Vergütung für die ehrenamtliche Tätigkeit unterfällt nicht dem MiLoG und ist auch steuer- und sozialversicherungsfrei, da sie unter den Übungsleiterfreibetrag fällt.

 

Rz. 27

Besondere Bedeutung haben ehrenamtliche Tätigkeiten auch im Bereich des Sports.

Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn haben seit dem 1.1.2015 auch die in Sportvereinen tätigen Arbeitnehmer. In Sportvereinen sind allerdings viele Personen ehrenamtlich tätig. Ehrenamtliche Übungsleiter und andere ehrenamtlich tätige Mitarbeiter in Sportvereinen fallen nicht unter das MiLoG, soweit die Tätigkeit nicht von der Erwartung einer adäquaten finanziellen Gegenleistung, sondern dem Willen geprägt ist, sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Werden die Tätigkeiten allerdings im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung als sogenannte Minijobs durchgeführt, handelt es sich grundsätzlich um ein Arbeitsverhältnis und dieses unterfällt dem MiLoG. Dies schließt ein darüber hinausgehendes ehrenamtliches Engagement neben der geringfügigen Beschäftigung nicht zwangsläufig aus. Es muss sich jedoch aus dem Arbeitsvertrag ergeben, welche Leistungen in welchem Umfang Bestandteil des Minijobs sind. Eine darüber hina...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Personal Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge