Rz. 14

Nicht unter das MiLoG fallen arbeitnehmerähnliche Personen. Arbeitnehmerähnliche Beschäftigte sind solche, die zwar nicht persönlich abhängig jedoch aufgrund einer wirtschaftlichen Abhängigkeit von einem Auftraggeber einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzbedürftig sind.[1] Arbeitnehmerähnliche Personen sind Selbstständige. An die Stelle der für ein Arbeitsverhältnis maßgeblichen persönlichen Abhängigkeit tritt die wirtschaftliche Abhängigkeit. Wirtschaftliche Abhängigkeit ist regelmäßig gegeben, wenn der Betroffene auf die Verwertung seiner Arbeitskraft und die Einkünfte aus der Dienstleistung zur Sicherung seiner Existenzgrundlage angewiesen ist.[2] Insbesondere bei der Tätigkeit für nur einen Auftraggeber kann das der Fall sein. Erforderlich ist eine gewisse Dauerbeziehung. Der Beschäftigte muss außerdem seiner gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzbedürftig sein. Das ist gegeben, wenn das Maß der Abhängigkeit so ausgeprägt ist, wie er im Allgemeinen nur in einem Arbeitsverhältnis vorkommt und die geleisteten Dienste nach ihrer soziologischen Typik mit denen eines Arbeitnehmers vergleichbar sind.[3]

 

Rz. 15

Definiert sind arbeitnehmerähnliche Personen in § 12a TVG. Danach sind Merkmale

  • ein Dienst- oder Werkvertrag als Grundlage der Tätigkeit und
  • wirtschaftliche Abhängigkeit.

Die wirtschaftliche Abhängigkeit wird nach § 12a TVG dadurch bestimmt, dass

  • die Tätigkeit überwiegend für eine Person erbracht wird oder
  • bei einer Person mehr als die Hälfte ihres Entgelts erzielt wird.

Nach § 12a Abs. 1 Nr. 1 TVG setzt der Status einer arbeitnehmerähnlichen Person aber weiter voraus, dass diese vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig ist. Der unbestimmte Rechtsbegriff der sozialen Schutzbedürftigkeit erfordert eine Bewertung aller Umstände des Einzelfalls. Zu diesem gehört

  • die Höhe der Vergütung aus dem Rechtsverhältnis, das den arbeitnehmerähnlichen Status begründen soll und
  • die Berücksichtigung anderweitiger Einkünfte.

Letztere können dazu führen, dass die für einen Arbeitnehmer typische Notwendigkeit, seine Arbeitskraft zur Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz zu verwerten, nicht besteht mit der Folge, dass er dann nicht als arbeitnehmerähnlicher Beschäftigter anzusehen ist.[4]

 

Rz. 16

Letztlich kann diese Fragestellung für die Anwendbarkeit des MiLoG dahingestellt bleiben. Denn fehlt es an der wirtschaftlichen Abhängigkeit, unterfällt die betreffende Person als Selbstständiger erst recht nicht dem MiLoG.

 
Achtung

Die wichtigste Rechtsfolge der Annahme einer arbeitnehmerähnlichen Person ist die grundsätzliche Nichtanwendbarkeit des Arbeitsrechts. Insbesondere findet das MiLoG keine Anwendung.

 

Rz. 17

Wichtige Anwendungsfälle sind der Heimarbeiter, der Ein-Firmenhandelsvertreter sowie Beschäftigte mit Behinderung in Werkstätten.

Behinderte Menschen im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten stehen nach § 221 Abs. 1 SGB IX zu den Werkstätten regelmäßig in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis, soweit sich aus dem zugrunde liegenden Sozialleistungsverhältnis nichts anderes ergibt. Da sie in einem Sozialleistungsverhältnis stehen, haben sie keinen Anspruch auf den allgemeinen Mindestlohn. Der Inhalt des arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses wird nach § 221 Abs. 3 SGB IX unter Berücksichtigung des zwischen den behinderten Menschen und dem Rehabilitationsträger bestehenden Sozialleistungsverhältnisses durch Werkstattverträge zwischen den behinderten Menschen und dem Träger der Werkstatt näher geregelt. Ihr Arbeitsentgelt ist in § 221 Abs. 2 SGB IX gesondert geregelt. Dies gilt nicht für behinderte Menschen in Inklusionsbetrieben. Inklusionsbetriebe sind rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Unternehmen oder unternehmensinterne oder von öffentlichen Arbeitgebern i. S. d. § 154 Abs. 2 SGB IX geführte Betriebe oder Abteilungen zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, deren Teilhabe an einer sonstigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund von Art oder Schwere der Behinderung oder wegen sonstiger Umstände voraussichtlich trotz Ausschöpfens aller Fördermöglichkeiten und des Einsatzes von Integrationsfachdiensten auf besondere Schwierigkeiten stößt.[5] Entsprechend dem Grundsatz der Inklusion werden alle Beschäftigten, schwerbehinderte und nicht behinderte, zu den gleichen Bedingungen beschäftigt. Wie in anderen Unternehmen gelten arbeitsrechtliche Vorschriften und damit auch der allgemeine Mindestlohn für alle Beschäftigten eines Integrationsunternehmens.

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