Rz. 13

Die Entscheidung über den Ausschluss trifft der Auftraggeber, der über die Vergabe des Auftrags entscheidet. Wie dem Wort "sollen" zu entnehmen ist, muss der Auftraggeber den Bewerber nicht zwingend von der Vergabe ausschließen. Mit dieser Formulierung will der Gesetzgeber jedoch für den Regelfall eine gebundene Entscheidung herbeiführen.[1] Nur im Ausnahmefall, nämlich bei einer atypischen Fallgestaltung oder besonderen Umständen, ist der Behörde ein Ermessen eingeräumt. Wird dem Bewerber kein Verstoß gegen seine Verpflichtung, den Mindestlohn rechtzeitig zu zahlen, vorgeworfen, sondern hat dieser z. B. Arbeitszeitaufzeichnungen nicht rechtzeitig geführt oder als Bewerber mit Sitz im Ausland Fehler bei der Anmeldung seiner Arbeitnehmer nach § 16 Abs. 1 MiLoG gemacht, wird die Vergabestelle zu prüfen haben, ob sie in ihrer Entscheidung gebunden ist oder ob eine Ermessenentscheidung zu treffen ist, weil der Bewerber nur gegen eine Nebenpflicht verstoßen hat.

 

Rz. 14

Der Auftraggeber dürfte in der Regel gut beraten sein, sich der Wertung des Gesetzgebers anzuschließen, in das Gewerbezentralregister wegen eines Mindestlohnverstoßes eingetragene Bewerber auszuschließen und am Vergabeverfahren nicht teilnehmen zu lassen. Erteilt er den Zuschlag und zahlt der Auftragnehmer den Mindestlohn nicht, setzt er sich der Gefahr einer Ordnungswidrigkeit nach § 21 Abs. 2 aus. Nach § 21 Abs. 2 MiLoG handelt ordnungswidrig, wer Werk- oder Dienstleistungen in erheblichem Umfang ausführen lässt, indem er als Unternehmer einen anderen Unternehmer beauftragt, von dem er weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass dieser oder ein von diesem eingesetzter Nachunternehmer bei Erfüllung des Auftrags den allgemeinen Mindestlohn nicht oder nicht rechtzeitig zahlt. Wenn der Auftragnehmer nach Zuschlagerteilung den Mindestlohn nicht zahlt, wird angesichts der Eintragung im Gewerbezentralregister zu prüfen sein, ob der Auftraggeber die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat. Die Eintragung im Gewerbezentralregister spricht für dessen Unzuverlässigkeit.

 

Rz. 15

Nach Abs. 1 soll der unzuverlässige Bieter ausgeschlossen werden, wenn die Geldbuße wenigstens 2.500 EUR beträgt. Eine Geldbuße wird nach § 149 Abs. 2 Nr. 3 GewO aber bereits eingetragen, wenn diese mehr als 200 EUR beträgt. Erfolgt die Eintragung einer Geldbuße zwischen 200 und 2.500 EUR in das Gewerbezentralregister wegen eines Verstoßes gegen arbeitsrechtliche Verpflichtungen, z. B. gegen die Verpflichtungen nach den §§ 16, 17 oder 20 MiLoG, kann der Auftraggeber den Bieter nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 GWB von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen. Der Auftraggeber hat insoweit ein weites Entscheidungsermessen. Der öffentliche Auftraggeber kann daher den Ausschluss eines Bewerbers bereits dann beschließen, wenn gegen diesen eine Geldbuße von weniger als 2.500 EUR festgesetzt worden ist. Nach § 124 Abs. 2 GWB bleiben § 19 ebenso wie § 21 AEntG, § 98c AufenthG und § 21 SchwarzArbG mit gebundener Ermessensentscheidung ("sollen") unberührt.

 

Rz. 16

Problematisch sind ferner andere Eintragungen als solche wegen Ordnungswidrigkeiten nach § 21 MiLoG. Da in das Gewerbezentralregister nur Verstöße, die bei oder in Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes oder dem Betrieb einer sonstigen wirtschaftlichen Unternehmung begangen worden sind, eingetragen werden, kann auch die Eintragung eines anderen Verstoßes zum Ausschluss von der Teilnahme am Vergabeverfahren führen. Die in § 123 Abs. 1 GWB genannten Straftatbestände führen zwingend zu einem Ausschluss. Bei Verstößen gegen umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen, z. B. gegen sozialversicherungsrechtliche Meldepflichten nach dem SGB IV oder gegen arbeitsschutzrechtliche Vorschriften nach dem ArbZG, können Bewerber nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 GWB ausgeschlossen werden. Insoweit hat der Auftraggeber ein weites Ermessen.

[1] Schwab, Das neue Arbeitnehmer-Entsendegesetz, NZA-RR 2010, 230 f; Lakies in Däubler, § 21, Rz. 8.

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