Rz. 34

Keine vergütungspflichtige Arbeitszeit stellen Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte dar. Diese Wegezeiten zählen zur privaten Lebensführung des Arbeitnehmers[1] und dienen allein dem Interesse des Arbeitnehmers, den Arbeitsort zu erreichen.

 

Rz. 35

Differenzierter zu betrachten ist die Frage des Umgangs mit Reisezeiten. Maßgeblich für die Beurteilung ist hierbei, ob der Arbeitnehmer für die Reisezeiten eine Vergütung beanspruchen kann. Gehört die Reisetätigkeit zur Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers, wird eine Vergütungspflicht bestehen und damit auch eine Verpflichtung, den Mindestlohn zu gewähren. Sollte es an einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung über die Bezahlung von Reisezeiten fehlen, gilt gem. § 612 Abs. 1 BGB eine Vergütung nur dann als stillschweigend vereinbart, wenn der Arbeitnehmer eine Vergütung nach den Umständen erwarten kann. Letztlich kommt es hierbei auf die Umstände des Einzelfalls an.[2]

Eine Vergütung kann dann beansprucht werden, wenn die Reisezeiten ausschließlich im Zusammenhang mit der Erfüllung des Arbeitsvertrags erbracht wurden und der Arbeitnehmer diese Zeiten sonst hätte anders verbringen können. Zwischen dem Ende einer auswärtigen Besprechung und dem Rückflug ist die Wartezeit der Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten zuzurechnen und damit Arbeitszeit. Ebenso verhält es sich mit sonstigen Wartezeiten oder einem dienstlich veranlassten Essen mit Kunden.

Entscheidend ist stets, ob die "Reisezeit" überwiegend fremdnützig erbracht wurde und damit zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit gehört oder ob sie auch für eigene Zwecke erbracht wurde. Demnach sind Übernachtungen in einem Hotel sowie Pausen nicht vergütungspflichtig. Die Pausen müssen jedoch auch tatsächlich beansprucht worden sein. Allein der systembedingte pauschale Abzug von (fiktiven) Pausen entspricht nicht der Intention des § 1 Abs. 1, wonach für jede konkret geleistete Arbeitszeit ein Mindestlohnanspruch besteht.[3]

[1] Vgl. Münchner Handbuch zum ArbR/Anzinger, 3. Aufl. 2009, § 298, Rz. 13.
[3] Ebenso Lakies, MiLoG Basiskommentar, § 1, Rz. 27.

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