Nach den Verordnungen (EG) über soziale Sicherheit kann eine Person, die in einem Mitgliedsstaat eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, für eine begrenzte Zeit eine ähnliche Tätigkeit in einem anderen Mitgliedsstaat ausüben. Sollten die Voraussetzungen erfüllt sein, können während der Entsendung weiterhin die deutschen Rechtsvorschriften angewendet werden. Sollte eine Voraussetzung nicht erfüllt sein, gelten für den Selbstständigen die Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaates, in dem die selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.

Entsendung für Selbstständige

Die Regelungen für die Entsendung von Arbeitnehmern gelten zum größten Teil auch bei Entsendungen von selbstständig erwerbstätigen Personen. In diesem Abschnitt werden nur die Besonderheiten erläutert. Im Übrigen gelten die Regelungen zur Anwendung von EU-Recht für Arbeitnehmer.

2.1 Gewöhnliche Tätigkeit

Damit eine Entsendung nach der Verordnung (EG) über soziale Sicherheit vorliegen kann, muss gewöhnlich eine selbstständige Erwerbstätigkeit in Deutschland ausgeübt werden. Damit für die Person die deutschen Rechtsvorschriften auch während einer Entsendung in einen anderen Mitgliedsstaat weiter gelten können, muss die selbstständige Tätigkeit in Deutschland bereits seit mindestens 2 Monaten ausgeübt werden. Wird die Tätigkeit kürzer ausgeübt, wäre eine Einzelfallprüfung vorzunehmen.

Kriterien für eine selbstständige Tätigkeit

Damit der Selbstständige seine Tätigkeit nach Rückkehr aus dem anderen Mitgliedsstaat fortsetzen kann, muss in Deutschland die für seine Berufsausübung notwendige Infrastruktur erhalten bleiben. Für die Beurteilung sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

Der Selbstständige muss

  • in Deutschland über Geschäftsräume, Werkstätten, Werkshallen etc. verfügen;
  • einen Gewerbeausweis besitzen;
  • in Deutschland weiter Steuern bezahlen;
  • eine Umsatzsteuernummer besitzen und
  • bei der Handelskammer oder einem Berufsverband eingetragen sein.

Sind die Kriterien erfüllt, gelten für den Selbstständigen während der Entsendung weiterhin die deutschen Rechtsvorschriften.

2.2 Ähnliche Tätigkeit

Selbstständig erwerbstätige Personen dürfen im Rahmen einer Entsendung im anderen Mitgliedsstaat ausschließlich "ähnliche Tätigkeiten" ausüben. Dies bedeutet, dass es sich bei der im anderen Mitgliedsstaat ausgeübten Tätigkeit um eine Tätigkeit in derselben Branche handeln muss.

 
Praxis-Beispiel

Ein Bäckermeister möchte eine Metzgerei eröffnen

Ein in Deutschland selbstständiger Bäckermeister möchte in Frankreich eine Metzgerei eröffnen. Bei der Tätigkeit als Metzger handelt es sich nicht um eine "ähnliche Tätigkeit". Eine Entsendung liegt nicht vor.

Bereits vor der Entsendung muss der Selbstständige Nachweise über die von ihm im anderen Mitgliedsstaat beabsichtigte Tätigkeit erbringen. Ein Nachweis könnte durch entsprechende Verträge erfolgen.

 
Praxis-Beispiel

Rechtsanwalt möchte in Spanien arbeiten

Ein Rechtsanwalt möchte im Auftrag eines Unternehmens eine Beratung im Bereich "Immobilienrecht" durchführen. Die Beratertätigkeit soll in Spanien stattfinden und ca. 5 Monate andauern. Zudem wird die Tätigkeit in Spanien als abhängige Beschäftigung qualifiziert. In Deutschland ist er als selbstständiger Rechtsanwalt auf Familienrecht spezialisiert.

Die Tätigkeit in Spanien ist eine juristische Tätigkeit und ist branchenspezifisch. Daher kann die Tätigkeit als ähnliche Tätigkeit angesehen werden. Ob die Tätigkeit in Spanien als abhängige Beschäftigung oder als selbstständige Erwerbstätigkeit angesehen wird, ist für die Beurteilung unerheblich. Somit liegt eine Entsendung vor und für den Rechtsanwalt gelten für die Dauer der Auslandstätigkeit die deutschen Rechtsvorschriften.

 
Hinweis

Eine Entsendung liegt auch dann vor, wenn die selbstständige Person die Tätigkeit in Form von Telearbeit aus einem anderen Staat heraus ausübt.

2.3 Weitergeltung der deutschen Rechtsvorschriften

Nach den Verordnungen (EG) über soziale Sicherheit liegt eine Entsendung nur vor, wenn unmittelbar vor dem Auslandseinsatz die deutschen Rechtsvorschriften gegolten haben. Eine feste Zeitgrenze, wie z. B. bei der Entsendung von Arbeitnehmern, ist nicht vorgesehen. Nach Auffassung des GKV-Spitzenverbandes, DVKA, sollte auch hier auf die Zeitgrenze von 2 Monaten abgestellt werden. Sollten die deutschen Rechtsvorschriften kürzer als 2 Monate gegolten haben, wäre auch hier eine Einzelfallprüfung durchzuführen. Sollte eine enge Anbindung zum deutschen Recht vorhanden sein, gelten die deutschen Rechtsvorschriften auch während des Auslandseinsatzes weiter.

2.4 Weitere Voraussetzungen

Die weiteren Voraussetzungen für eine Entsendung von selbstständig erwerbstätigen Personen sind identisch mit den Voraussetzungen für entsandte Arbeitnehmer.[1]

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