Für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall spielt es keine Rolle, an welchem Ort der Arbeitnehmer erkrankt. Auch bei Erkrankungen im Ausland hat der Arbeitgeber das Entgelt fortzuzahlen. Für Anzeige und Nachweis der Arbeitsunfähigkeit sieht § 5 Abs. 2 EFZG allerdings Sonderregelungen vor. Solange der Arbeitnehmer diesen Pflichten nicht nachkommt, besteht für den Arbeitgeber in gleicher Weise ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG wie im Falle der Verletzung von Nachweispflichten bei Inlandserkrankungen.

Im Falle einer Erkrankung im Ausland hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, deren voraussichtliche Dauer und die Adresse am Aufenthaltsort in der schnellstmöglichen Übermittlungsart mitzuteilen.[1] Die Kosten der Übermittlung hat der Arbeitgeber zu tragen.[2] Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer weitgehend ohne Rücksicht auf entstehende Kosten die wirklich schnellste Übermittlungsart zu wählen hat. Im Regelfall dürfte dies die telefonische Mitteilung sein oder die Mitteilung per E-Mail. Nur ausnahmsweise werden Telefax oder eine schriftliche Mitteilung per Luftpost Aussicht auf schnellere Information des Arbeitgebers bieten.

Die Pflicht zur schnellstmöglichen Information lässt die Nachweispflicht nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG unberührt. Der Arbeitnehmer ist insbesondere auch verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dem Arbeitgeber innerhalb der Frist des § 5 Abs. 1 Sätze 2 und 3 EFZG vorzulegen.

Bei Erkrankungen innerhalb der Europäischen Union steht dem Arbeitnehmer ein vereinfachtes Verfahren zur Erfüllung der Nachweispflicht zur Verfügung.[3] Er kann die Nachweispflicht dadurch erfüllen, dass er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes einer ausländischen Krankenkasse vor Ort vorlegt, statt sie dem Arbeitgeber zuzusenden. Der Arbeitgeber wird dann von der deutschen Krankenversicherung informiert, die wiederum von der ausländischen Krankenversicherung informiert wurde. Das verzögert die Information des Arbeitgebers gegenüber der normalen gesetzlichen Informationspflicht. Über die Europäische Union hinaus erstreckt sich dieses Verfahren auf Länder, mit denen ein entsprechendes Sozialversicherungsabkommen geschlossen wurde. Dies sind gegenwärtig u. a. Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Nordmazedonien, Marokko, Rumänien, Schweiz, Türkei, Israel und Tunesien.

Der Beweiswert einer im Ausland ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung war in Deutschland lange Zeit umstritten. Der Europäische Gerichtshof hat (für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus dem Gebiet der Europäischen Union) die vorgenannten Verordnungen der Europäischen Union dahingehend interpretiert, dass den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ein hoher Beweiswert zukomme. Es genüge nicht, wenn der Arbeitgeber nur Umstände darlegt und beweist, die zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit Anlass geben. Vielmehr müsse der Arbeitgeber Nachweise erbringen, anhand derer das nationale Gericht ggf. feststellen kann, dass der Arbeitnehmer missbräuchlich eine festgestellte Arbeitsunfähigkeit gemeldet habe.[4]

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus dem EU-Ausland kommt daher ein höherer Beweiswert zu als den deutschen. Die Regeln des deutschen Rechts sind in vollem Umfang nur anwendbar, wenn sich der Arbeitnehmer außerhalb der Europäischen Union im Ausland befindet. In solchen Fällen lässt sich der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch durch andere Tatsachen im Zusammenhang mit der angeblichen Krankheit erschüttern.

 
Praxis-Beispiel

Beweiswert einer ausländischen Arbeitsunfähigkeit wird erschüttert

  • Der Arbeitnehmer bittet vor Urlaubsantritt um Urlaubsverlängerung, die ihm aber nicht gewährt wird.
  • Gleiche Erkrankungen zum Ende des Urlaubs im Vorjahr.
  • Ärztliche Angabe eines genauen Endes der Krankheit im Voraus und ohne Vorbehalt einer Abschlussuntersuchung.
  • Umbuchung des Rückflugs auf Ende der bescheinigten Arbeitsbescheinigung bereits vor Arztbesuch.
[3] EWG-Verordnung 1408/71, EWG 574/72 v. 21.3.1972 über die Durchführung der Verordnung EWG 1408/71; vgl. auch Subatzus, DB 2004 S. 1613.

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