Zusammenfassung

 
Überblick

Bei einem Lohnverzicht wird zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer eine Vereinbarung getroffen, nach welcher der Arbeitnehmer auf Teile des ihm zustehenden Lohns verzichtet. Häufig wird ein Lohnverzicht zwischen den Parteien des Arbeitsvertrags ausgehandelt, wenn sich das Unternehmen in einer Krise befindet. Der Verzicht soll als flankierende Maßnahme dazu beitragen, eine drohende Insolvenz abzuwenden.

Der folgende Beitrag befasst sich mit der arbeitsrechtlichen Bewertung des Lohnverzichts, den zu beachtenden Besonderheiten bei Individualarbeitsverträgen und tarifvertraglichen Regelungen sowie den gesetzlichen Grenzen für den Lohnverzicht.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Der Lohnverzicht ist ein Erlassvertrag gemäß § 397 BGB. Prüfungsmaßstab sind insbesondere § 134 BGB (Unwirksamkeit wegen Gesetzesverstoßes), § 138 BGB (Sittenwidrigkeit), §§ 305 ff. BGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen bei vorformulierten Vereinbarungen). Gesetzliche Verzichtsverbote mit Tariföffnungsklauseln finden sich z. B. in § 12, § 4 Abs. 4 EFZG, § 19 Abs. 3 BetrAVG und § 13 Abs. 1 BUrlG. Zu beachten sind die zwischen den Vertragsparteien geltenden tarifvertraglichen Regelungen. Auf einen bereits entstandenen Anspruch auf Mindestlohn kann der Arbeitnehmer nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; i. Ü. ist ein Verzicht ausgeschlossen (§ 3 Satz 2 MiLoG).

Ein Verzicht muss klar und verständlich sein, insbesondere wenn es um den Verzicht auf Betriebsrentenansprüche geht (BAG, Urteil v. 20.4.2010, 3 AZR 225/08). Bei Verstoß gegen zwingendes Recht kann ein Lohnverzicht unwirksam sein (BAG, Urteil v. 19.3.2009, 8 AZR 722/07). Beim Individualarbeitsvertrag kann eine Bezugnahme auf einen Tarifvertrag zu einer Bindungswirkung der Parteien führen, sodass ein Lohnverzicht nur unter den tariflich geregelten Voraussetzungen möglich ist (BAG, Urteil v. 18.11.2009, AZR 514/08).

1 Lohnverzichtserklärungen bei Liquiditätsproblemen von Unternehmen

Der Lohnverzicht hat bei Liquiditätsproblemen des Unternehmens besondere Bedeutung. Im Interesse der Arbeitsplatzsicherung verzichten Arbeitnehmer bei Unternehmenskrisen vielfach auf Entgeltteile. Entsprechende Lohnverzichtsvereinbarungen werden oft bezüglich der Ansprüche auf Urlaubs- oder Weihnachtsgeld getroffen. Es besteht auch die Möglichkeit, auf Teile des laufenden Monatslohns zu verzichten. Auch bei Ausscheiden eines Arbeitnehmers und der Erstellung einer Ausgleichsquittung kommt es immer wieder zu einem Verzicht des Arbeitnehmers auf zustehende Lohnansprüche.

1.1 Arbeitsrechtliche Voraussetzungen

Gerade aus arbeitsrechtlicher Sicht unterliegen Betrieb und Arbeitnehmer bei der Vereinbarung eines Lohnverzichts zum Teil engen Beschränkungen.

Ob ein Lohnverzicht das geeignete Mittel ist, um dem Unternehmen aus der Krise zu helfen, hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Zunächst muss betriebswirtschaftlich untersucht werden, aus welchen Gründen die Liquiditätsprobleme aufgetreten sind. Bei drohender Insolvenz sind die Personalkosten meistens nur ein Teil der Gründe, warum das Unternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage geraten ist. Ein reiner Lohnverzicht ohne flankierende weitere Maßnahmen bzw. Umstrukturierungen wird dem Betrieb daher in aller Regel nur kurzfristig helfen.

Hat sich die Unternehmensleitung dazu entschlossen, einen Lohnverzicht durchsetzen zu wollen, ist die arbeitsrechtliche Zulässigkeit des Verzichts zu prüfen. Für die arbeitsrechtlich wirksame Vereinbarung eines Lohnverzichts kommt es maßgeblich darauf an, ob ein Individualarbeitsvertrag geschlossen wurde, die Parteien tarifgebunden sind oder ob eine Betriebsvereinbarung vorliegt. Die jeweiligen Einzelheiten werden in den folgenden Abschnitten detailliert dargestellt. Die Ausführungen gelten vor allem auch dann, wenn sich das Unternehmen in einer Krise befindet.

1.2 Exkurs: Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrecht

Verständlicherweise liegt es im Interesse der betroffenen Unternehmen, für die gesparten Lohnbestandteile auch die Lohnnebenkosten einzusparen. Dies ist nur dann möglich, wenn 3 Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Der Verzicht muss arbeitsrechtlich zulässig sein.
  2. Er muss schriftlich festgehalten und dokumentiert werden.
  3. Der Verzicht darf nur auf künftig fällig werdende Lohnbestandteile gerichtet sein.

Bei einem Verzicht auf schon entstandene und fällig gewordene Lohnbestandteile sind die Beitragsforderungen der Sozialversicherungsträger bereits entstanden und können nachträglich nicht mehr gesenkt bzw. aufgehoben werden.

Bei der Prüfung, ob und inwieweit ein Lohnverzicht arbeitsrechtlich vereinbart werden kann, sollten daher unbedingt auch die lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen bedacht werden, um eine Verschärfung des Liquiditätsproblems durch Beitragsnachforderungen rechtzeitig zu vermeiden.

1.3 Abgrenzung zur Lohnstundung

Zwischen den Parteien kann nicht nur ein Lohnverzicht, sondern auch eine Lohnstundung vereinbart werden. Während beim Lohnverzicht eine Vereinbarung darüber getroffen wird, dass der Arbeitnehmer endgültig auf festgelegte Lohnbestandteile keine Ansprüche mehr erhebt, wird bei der Stundung die Fälligkeit der entstandenen Ansprüche und somit die Auszahlun...

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