§ 179 Abs. 4 Satz 3 SGB IX regelt, dass die Freistellungs- und Entgeltfortzahlungsregeln entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen gelten, soweit diese Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die für die Arbeit der SBV objektiv erforderlich sind oder die zumindest die SBV bei gutem Willen als erforderlich ansehen darf.[1] Erforderlich sollen nach der Rechtsprechung der Instanzgerichte solche Veranstaltungen sein, auf denen Kenntnisse des Schwerbehindertenrechts und der Tätigkeit von Vertrauensleuten vermittelt werden. Dies gilt vor allem für Grundkenntnisse über das geltende Schwerbehindertenrecht. Für andere Schulungsveranstaltungen muss ein aktueller, betriebsbezogener Anlass für die Annahme bestehen, dass die in der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden besonderen Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von der zu schulenden Vertrauensperson benötigt werden, damit die SBV ihre Aufgaben sach- und fachgerecht wahrnehmen kann.[2] Ausgeschlossen sollen Veranstaltungen sein, die sich an Betriebsräte wenden, auch wenn dabei die Aufgaben der Betriebsräte gegenüber den Schwerbehinderten mitbehandelt werden.[3] Die Prüfung der Erforderlichkeit entfällt nicht schon deshalb, weil ein Seminar zulässigerweise nach § 185 Abs. 2 Satz 6 SGB IX vom Integrationsamt angeboten wird.[4] Das Angebot durch das Integrationsamt mag eine gewisse Indizwirkung entfalten. Es entscheidet jedoch nicht über die Erforderlichkeit. Ebenso wenig besteht der Rechtssatz, eine Vertrauensperson sei gehalten, den von den Integrationsämtern angebotenen kostenlosen Veranstaltungen den Vorrang zu geben. Die Integrationsämter haben kein Schulungsmonopol.[5] Die Vertrauenspersonen dürfen auswählen, welches Angebot für sie besser geeignet ist.[6]

Bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme steht der SBV ein freier Beurteilungsspielraum zu. Dieser entbindet sie jedoch nicht von der Obliegenheit, im Einzelnen darzulegen, weshalb die Vertrauensperson die bei der Schulungsveranstaltung vermittelten Kenntnisse benötigt, um ihre gesetzlichen Aufgaben sach- und fachgerecht wahrzunehmen. Dabei ist auch die betriebliche Situation zu berücksichtigen. Die SBV muss zudem auf die finanzielle Belastung des Arbeitgebers achten.

Bis Ende 2016 galt die Freistellungsregel nur für Schulungen der Vertrauensperson und des ersten stellvertretenden Mitglieds. Durch Art. 2 BTHG sind § 96 Abs. 4 Sätze 3 und 4 SGB IX mit Wirkung zum 30.12.2016 neu gefasst worden. Das Recht zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, das seit dem 1.1.2018 in § 179 Abs. 4 SGB IX geregelt ist, erstreckt sich danach nun auch auf in den Fällen des § 178 Abs. 1 Satz 5 SGB IX jeweils mit der nächsthöchsten Stimmenzahl gewählten weiteren stellvertretenden Mitgliedern. Damit haben auch Stellvertreter einen Anspruch auf Fortbildung. Dieser besteht unabhängig davon, wie häufig sie tatsächlich zur Vertretung herangezogen werden oder ihr Nachrücken als Vertrauensperson absehbar ist.[7] Die bisherigen Voraussetzungen[8], unter denen der erste Stellvertreter in der Vergangenheit an Schulungen teilnehmen durfte (ständige Heranziehung, häufige Vertretung der Vertrauensperson für längere Zeit, absehbares Nachrücken ins Amt der Vertrauensperson) sind ersatzlos weggefallen.

Nimmt ein teilzeitbeschäftigtes Mitglied außerhalb seiner Arbeitszeit an einer erforderlichen Schulungsveranstaltung teil, besteht nach § 179 Abs. 6 SGB IX in Anlehnung an § 37 Abs. 6 Satz 1 und 2 i. V. m. § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ein Anspruch auf entsprechenden Freizeitausgleich. Zu der ausgleichspflichtigen Schulungszeit zählen auch während eines Schulungstags anfallende Pausen. Der Umfang des Freizeitausgleichs nach diesen Bestimmungen ist auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers an dem entsprechenden Schulungstag begrenzt. Dabei ist grundsätzlich die betriebsübliche Dauer und Lage der Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers maßgeblich.[9]

Ist die Schulung erforderlich, so hat der Arbeitgeber nicht nur die Freistellung unter Entgeltfortzahlung zu gewähren, sondern nach § 179 Abs. 8 SGB IX auch die Kosten der Schulungsmaßnahme zu tragen.[10] Dies gilt nach § 179 Abs. 8 SGB IX auch für die Kosten der Teilnahme der stellvertretenden Mitglieder an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. Aus der Rechnung müssen Anzahl und Umfang der vom Veranstalter erbrachten Leistungen hervorgehen. Wird für diese Leistungen ein Pauschalpreis berechnet, genügt grundsätzlich die Angabe des vereinbarten Betrags und der Hinweis auf die Pauschalierung. Soweit nach den getroffenen Vereinbarungen nach Einzelleistungen des Schulungsträgers abzurechnen ist, müssen diese Leistungen und die dafür anzuwendenden Beträge aus der Rechnung ersichtlich sein. Das erfordert auch eine Angabe zur Anzahl der tatsächlich in Anspruch genommenen Übernachtungen und zu den erbrachten gastronomischen Leistungen. Nur so kann der Arbeitgeber nachprüfen, ob und inwieweit die von ihm nicht z...

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