Das Betriebsverfassungsgesetz differenziert sehr stark zwischen den einzelnen Gebieten der Mitbestimmung. In wirtschaftlichen Angelegenheiten ist die Mitbestimmung am schwächsten ausgeprägt, weil die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes die unternehmerische Entscheidung schützt. Ansonsten muss man zwischen der Mitbestimmung in sozialen und in personellen Angelegenheiten unterscheiden. Bei Streit über die Mitbestimmungspflichtigkeit der Maßnahme kann der Arbeitgeber auf Feststellung klagen.[1]

5.1 Grenzen der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten

In sozialen Angelegenheiten ist die Mitbestimmung bekanntlich am stärksten ausgeprägt.[1] Allerdings gibt es auch hier Grenzen der Einflussmöglichkeit des Betriebsrats. So hat der Arbeitgeber bei Regelungen, die der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen, einen Verhandlungsanspruch, auf den sich der Betriebsrat einlassen muss. Erst wenn ernsthaft geführte Einigungsbemühungen in freien Verhandlungen gescheitert sind, kann die Einigungsstelle angerufen werden. Es genügt, wenn der Antragsteller sich vergeblich um Verhandlungen bemüht hat, die Gegenseite aber dazu nicht bereit ist oder auf das Verhandlungsangebot gar nicht reagiert.[2] Boykottiert oder sabotiert ein Betriebsrat die Verhandlungen, hat er keinen Anspruch darauf, seine Interessen im Einigungsstellenverfahren durchzusetzen.[3]

5.2 Grenzen der Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen

Im Gegensatz zur Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten sind die Einflussmöglichkeiten des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen geringer ausgeprägt. Dies ist bereits im Gesetz so angelegt und die Rechtsprechung des 1. Senats des Bundesarbeitsgerichts sieht einen weiten Handlungsspielraum für den Arbeitgeber. Zunächst gilt, dass der Betriebsrat nur ab einer Unternehmensgröße von mehr als 20 regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern an personellen Einzelmaßnahmen beteiligt werden muss.

5.2.1 Gebundene Mitbestimmung

Der Arbeitgeber bedarf bei personellen Einzelmaßnahmen nach § 99 BetrVG zwar der Zustimmung des Betriebsrats, dieser darf sie aber nur bei Vorliegen bestimmter, im Gesetz abschließend aufgeführter Gründe verweigern. Bei einer solchen "gebundenen Mitbestimmung" ersetzt nicht die Einigungsstelle nach billigem Ermessen die Einigung der Betriebspartner, sondern das Arbeitsgericht entscheidet im Beschlussverfahren über den Antrag des Arbeitgebers auf Ersetzung der Zustimmung.[1]

Das Arbeitsgericht prüft im Wesentlichen, ob der Betriebsrat hinreichend informiert und der Widerspruch ordnungsgemäß eingelegt worden ist und erforderlichenfalls, ob ein Widerspruchsgrund im Sinne des Gesetzes besteht. Die Prüfkompetenz des Arbeitsgerichts ist also verglichen mit der umfangreichen Regelungskompetenz der Einigungsstelle deutlich eingeschränkt.[2] Hinzu kommt, dass der Betriebsrat nicht unerhebliche Hürden nehmen muss, wenn er überhaupt eine sachliche Prüfung der Gründe für die Zustimmungsverweigerung erreichen will. Er muss die Gründe benennen und sie hinreichend substanziiert darlegen.[3] An der nicht ausreichenden Begründung scheitern Zustimmungsverweigerungen sehr häufig, sodass das Gericht noch nicht einmal in eine Sachprüfung eintreten kann, sondern die Zustimmung ohne weiteres ersetzen muss. Zudem stellt eine nicht vollständige Information des Betriebsrats keinen Zustimmungsverweigerungsgrund dar, da die personelle Maßnahme selbst gegen ein Gesetz verstoßen muss.[4]

[2] DKK-Bachner, BetrVG, Rz. 1 zu § 99 BetrVG.
[3] S. hierzu HWK-Ricken, Rz. 90 zu § 99 BetrVG mit Rechtsprechungsnachweisen.

5.2.2 Vorläufige personelle Maßnahmen

Weiter enthält das Gesetz in § 100 BetrVG die Befugnis des Arbeitgebers, vorläufige personelle Maßnahmen durchzuführen. Hierzu muss er zwar ein formalisiertes, kurzen Fristen unterworfenes Verfahren einleiten, kann aber dann die personelle Maßnahme erst einmal durchführen, ohne seinerseits gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen zu müssen. Der Betriebsrat ist dann in der "Angreiferrolle", wenn er sein Mitbestimmungsrecht missachtet sieht. Er hat auch kein Initiativrecht. In einem Arbeitskampf besteht das Mitbestimmungsrecht noch nicht einmal dann, wenn bei einer Versetzung der abgebende Betrieb gar nicht in diesen einbezogen worden ist.[1] Innerhalb der Wochenfrist muss der Betriebsrat schriftlich und unter Angabe der Gründe der Maßnahme widersprechen. Macht er dies nicht, gilt seine Zustimmung als erteilt.

 
Wichtig

Ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats zwingend notwendig

Diese Rechtsfolge tritt nur ein, wenn die Unterrichtung durch den Arbeitgeber ordnungsgemäß war. Ist sie offensichtlich ungenügend, beginnt die Frist nicht zu laufen. Durfte der Arbeitgeber aber davon ausgehen, den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet zu haben, "kann es Sache des Betriebsrats sein, innerhalb der Wochenfrist um Vervollständigung der Auskünfte z...

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