Seitdem der BGH in einem Urteil im Nebensatz die mögliche Strafbarkeit eines Compliance-Officers für Straftaten anderer Mitarbeiter durch unterlassenes Eingreifen nach § 13 StGB angesprochen hat, ist diese faktische "Mithaftung" bzw. strafrechtliche Mitverantwortung des Compliance-Officers für Compliance-Verstöße kontrovers diskutiert worden.[1] Der BGH hatte festgestellt, dass einem Mitarbeiter, der innerhalb eines Unternehmens für die Einhaltung der Rechtsvorschriften zuständig ist, "regelmäßig strafrechtlich eine Garantenpflicht im Sinne des § 13 StGB treffe, solche im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Unternehmens stehenden Straftaten von Unternehmensangehörigen zu verhindern." Bei genauer Betrachtung lag in dieser Aussage des BGH aber keine weitreichende Neuerung, sondern hielt eine Selbstverständlichkeit fest.

Grundsätzlich hat der Compliance-Officer Straftaten anderer im Unternehmen, von denen er vorher oder während der Begehung Kenntnis erlangt, im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren zu verhindern, jedenfalls durch entsprechende Information vorgesetzter Ebenen bis hin zu Aufsichtsgremien. Tut er dies nicht, kann er sich wegen Unterlassens i. S. v. § 13 StGB strafbar machen. Die Grenzen des Möglichen und Zumutbaren richten sich wiederum nach den individuellen Kompetenzen des Compliance-Beauftragten im Einzelfall. Es kann jedenfalls nicht verlangt werden, dass der Compliance-Beauftragte mehr zur Verhinderung von Straftaten tut, als ihm nach seinen individuellen Kompetenzen im Einzelfall möglich ist.[2] In diesem Sinne hat der BGH auch in einem späteren Urteil entschieden. Der BGH hat dabei auch betont, dass die Garantenpflicht zur Verhinderung von Straftaten nachgeordneter Mitarbeiter nur für betriebsbezogene Straftaten – somit für solche Straftaten, die einen inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Begehungstäters oder mit der Art des Betriebes aufweisen – gelten kann. Taten, die lediglich bei Gelegenheit der Tätigkeit im Betrieb begangen würden, wie es z. B. bei gewaltsamen Mobbings der Fall sei, fallen nicht in den Bereich der Garantenpflicht des Vorgesetzten.[3]

Entsprechende Regeln müssen auch für eine etwaige zivilrechtliche Haftung des Compliance-Officers gelten; dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass ihm als Arbeitnehmer ebenfalls die Haftungsprivilegierung im Rahmen seiner Arbeitsleistungen zukommt.[4]

[2] Vgl. näher dazu Dann/Mengel, NJW 2010, S. 3265, 3267.
[4] Vgl. dazu auch LAG Düsseldorf, Urteil v. 20.1.2015, 16 Sa 459/14, ZIP 2015 S. 829-833 (n. rkr. BAG 8 AZR 189/15).

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