Als drittes Instrumentarium zur Einführung von Compliance-Regelungen stehen dem Arbeitgeber Betriebsvereinbarungen zur Verfügung, sofern im Betrieb ein Betriebsrat besteht. Regelmäßig ist die Implementierung von Compliance-Regeln mithilfe von Betriebsvereinbarungen nicht nur eine Option, sondern aufgrund der weitreichenden Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats unumgänglich.[1] Die arbeitsrechtliche Implementierung von Compliance-Regeln durch Betriebsvereinbarungen hat gegenüber der arbeitsvertraglichen Implementierung den Vorteil, dass gerade in größeren Unternehmen aufwendige Verfahren und Verhandlungen zur Einholung der individuellen Zustimmung eines jeden Arbeitnehmers vermieden werden.[2] Außerdem gilt hier das sog. "Ablösungsprinzip". Das bedeutet, dass die in einer Betriebsvereinbarung enthaltenen Compliance-Regeln mit Zustimmung des Betriebsrats jederzeit – auch zum Nachteil der Arbeitnehmer – abgeändert werden können.[3]

Zudem unterliegen Betriebsvereinbarungen nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht der Inhaltskontrolle nach § 305 ff. BGB, sondern sie sind am Maßstab des § 75 BetrVG zu messen.

Reichweite von Betriebsvereinbarungen

Die Reichweite von Betriebsvereinbarungen ist persönlich und sachlich begrenzt. Betriebsvereinbarungen gelten nur für Arbeitnehmer i. S. v. § 5 BetrVG. Auf Geschäftsführer, Vorstände und leitende Angestellte im Sinne von § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG finden Betriebsvereinbarungen keine Anwendung. Mit diesen können jedoch parallele Reglungen in Sprecherausschussvereinbarungen nach § 28 Abs. 2 SprAuG vereinbart werden, sofern im Unternehmen ein Sprecherausschuss besteht; andernfalls müssen ggf. allgemeine Arbeitsvertragsbedingungen eingesetzt werden.

In sachlicher Hinsicht können Betriebsvereinbarungen nur solche Regelungen treffen, die unter die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates fallen.[4] Ferner treten Betriebsvereinbarungen gegenüber tarifvertraglichen Regelungen zurück.[5] Da Tarifverträge bei der arbeitsrechtlichen Implementierung von Compliance-Regelungen jedoch kaum eine Rolle spielen, ist diese Grenze wenig praxisrelevant.[6]

Eine weitere inhaltliche Begrenzung von Betriebsvereinbarungen stellt das sog. Günstigkeitsprinzip dar. Nach dem Günstigkeitsprinzip gehen individualvertragliche Regelungen Betriebsvereinbarungen vor, sofern diese für den Arbeitnehmer günstiger sind.

Wichtige Mitbestimmungsrechte bei der arbeitsvertraglichen Implementierung von Compliance-Regelungen durch Betriebsvereinbarungen

Eine wesentliche Rolle bei der arbeitsvertraglichen Implementierung von Compliance-Regelungen durch Betriebsvereinbarungen spielt das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Danach hat der Betriebsrat bei Fragen der Ordnung im Betrieb und dem Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb mitzubestimmen. Mitbestimmungspflichtig sind danach verbindliche Verhaltensvorschriften für die Arbeitnehmer im Betrieb, aber auch solche Maßnahmen, die verbindliche Normen für das Verhalten der Arbeitnehmer zum Inhalt haben, verhaltenssteuernden Charakter haben und darauf gerichtet sind, eine vorgegebene Ordnung des Betriebs zu gewährleisten und aufrechtzuerhalten.[7] Typische Compliance-Regeln, die unter § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG fallen, sind daher auch:

  • Regelungen zur privaten Telekommunikations- und Internetnutzung der Arbeitnehmer,
  • die Einführung standardisierter Meldeverfahren im Hinblick auf die Beschränkung des Wertpapierhandels von Arbeitnehmern und
  • die Verpflichtung, Compliance-Verstöße anderer Arbeitnehmer anzuzeigen.[8]

Neben § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG spielt auch § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG eine wichtige Rolle bei der arbeitsvertraglichen Implementierung von Compliance-Regeln durch Betriebsvereinbarungen. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten der Arbeitnehmer oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, mitzubestimmen. Eine technische Einrichtung ist jedes optische, mechanische, akustische oder elektronische Gerät, das objektiv zur automatisierten Überwachung geeignet ist; der tatsächliche Einsatz zur Überwachung ist nicht erforderlich.[9] Typische Compliance-Regeln, die darunter fallen, sind wiederum die Einführung von Kontrollen der Nutzung der Telekommunikation im Unternehmen durch die Arbeitnehmer sowie die Einrichtung einer automatisierten Überwachung des Wertpapierhandels der Arbeitnehmer.[10]

Die Zuständigkeit des betriebsverfassungsrechtlichen Gremiums

Zuständig für die Mitbestimmung ist bei unternehmenseinheitlichen oder konzernweiten Compliance-Regelungen der Gesamtbetriebsrat oder der Konzernbetriebsrat. Ein örtlicher Betriebsrat hat daneben keine zusätzlichen oder subsidiären Beteiligungsrechte.[11]

[1] Vgl. dazu insbesondere §§ 87 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 6, 94 BetrVG.
[2] Vgl. Hauschka/Moosmayer/Lösler-Mengel, Corporate Compliance, 3. Aufl. 2016, § 36, Rz. 58.
[3] Vgl. Hauschka/Moosmayer/Lösler-Mengel, Corporate Compliance, 3. Aufl. 2016, § 36, Rz. 58.
[4] Schreiber, NZA-RR...

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