Leitsatz (amtlich)

a) Der von einer KG angestellte Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH kann für seine von der KG übernommene Erfindung jedenfalls dann die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB verlangen, wenn er aufgrund seines Dienstvertrages Arbeitgeberfunktionen ausübt. Die Vergütungsrichtlinien des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen (ArbEG) finden weder unmittelbar noch entsprechend Anwendung.

b) Bei der Bemessung der üblichen Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB ist auf die jeweiligen konkreten Umstände des Einzelfalles abzustellen. Dabei können in die Billigkeitserwägungen nicht nur Gesichtspunkte einfließen, die für die Bemessung einer angemessenen Lizenzgebühr eines freien Erfinders von Bedeutung sind, sondern in gleicher Weise auch solche, auf die der Gesetzgeber im Rahmen des ArbEG beim billigen Ausgleich zwischen den Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmererfinders abgehoben hat, weil die Erfindung im Rahmen des Betriebes mit Hilfe von betrieblichen Mitteln entstanden ist.

 

Normenkette

BGB § 612 Abs. 2

 

Verfahrensgang

OLG Nürnberg (Urteil vom 26.04.1988)

LG Nürnberg-Fürth

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 26. April 1988 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe einer Erfindervergütung, welche der Kläger von der Beklagten begehrt.

Der Kläger, vom 14. Februar 1979 bis zum 23. Januar 1981 Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten, schloß mit dieser am 22. Februar 1979 einen „Anstellungsvertrag”, in dem es unter Ziffer 2 heißt:

„Position und Aufgaben

Herr J. ist leitender Angestellter und wurde am 14. Februar 1979 zum Geschäftsführer bestellt. Er vertritt die Gesellschaft gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer oder einem Prokuristen.

Der Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Herrn J. umfaßt insbesondere:

  1. Marketing, Einkauf, Personalwesen für kfm. Angestellte, Reisende und Handelsvertreter.
  2. Planung und Mitgestaltung des Unternehmensablaufes sowie volle Mitverantwortung für die Realisierung der Unternehmensziele.”

Von Mitte Februar 1979 bis Dezember 1980 machte der Kläger zusammen mit anderen mehrere Erfindungen, die einen Auto-Kindersitz betreffen und die zu Schutzrechtsanmeldungen und Schutzrechten der Beklagten geführt haben. Die Beklagte erzielte mit diesen Erfindungen, an denen der Kläger gemäß einer mit den Miterfindern getroffenen Vereinbarung zu 25 % beteiligt ist, im Jahre 1980 Umsätze von 178.000,– DM, 1981 von 396.325,– DM und 1982 von 4.648.068,– DM (womöglich auch 4.657.324,– DM). Sie zahlte dem Kläger für die Jahre 1980 bis 1982 nach ihrem Vortrag eine Erfindervergütung von insgesamt 9.880,– DM.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei als (früherer) Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen (ArbEG) anzusehen. Seine Erfindervergütung sei daher nicht nach den Richtlinien des ArbEG zu berechnen. Vielmehr könne er wie ein freier Erfinder eine Vergütung verlangen, die ausgehend von einem Lizenzsatz von 6 % entsprechend seinem Miterfinderanteil 1,5 % des Umsatzes betrage, den die Beklagte mit den Erfindungen erzielt habe. Unter Abzug der geleisteten Summe hat er die Beklagte auf Zahlung weiterer 68.713,88 DM nebst Zinsen in Anspruch genommen.

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, der Kläger sei bei ihr leitender Angestellter und damit Arbeitnehmer im Sinne des ArbEG gewesen. Deshalb seien die Vergütungsrichtlinien dieses Gesetzes anzuwenden. Danach habe ihm bei einem angenommenen Lizenzsatz von 3 %, einem Miterfinderanteil von 25 % und einem Anteilsfaktor von 0,15 für die Jahre 1980 bis 1982 lediglich eine Erfindervergütung von 5.845,23 DM zugestanden, so daß sie mehr gezahlt habe, als der Kläger habe beanspruchen können.

Das Landgericht hat den Klageanspruch mit Grundurteil dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Es ist der Auffassung des Klägers gefolgt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit teilweise anderer Begründung zurückgewiesen. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Aufhebung des angefochtenen Urteils und Klageabweisung. Nach Rücknahme einer von ihm zunächst erhobenen Anschlußberufung beantragt der Kläger, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat ein Zwischenurteil nach § 304 Abs. 1 ZPO über die von den Parteien geltend gemachten streitigen Klagegründe bereits deshalb für zulässig angesehen, weil der Klageanspruch nach Grund und Betrag streitig, hinsichtlich der Klagegründe aber entscheidungsreif sei.

Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

Eine Zwischenentscheidung über den Grund setzt einen Streit der Parteien über Grund und Betrag des Anspruchs und Entscheidungsreife des Verfahrens über den Klagegrund voraus. Hinzutreten muß ferner, daß hinsichtlich der Anspruchshöhe noch weitere tatsächliche Feststellungen erforderlich sind und eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, daß der Klageanspruch im Betragsverfahren in irgendeiner Höhe zuerkannt wird (st. Rspr., u.a. BGH VIII ZR 105/87 – BGHR ZPO § 304 Abs. 1).

Die letztgenannte Voraussetzung für den Erlaß eines Grundurteils nach § 304 Abs. 1 ZPO hat das Berufungsgericht, wie die Revision mit Recht rügt, außer Acht gelassen. Es hat sich nämlich nicht mit dem Erfüllungseinwand der Beklagten befaßt und nicht festgestellt, ob eine Wahrscheinlichkeit besteht, daß der Klageanspruch im Betragsverfahren in irgendeiner Höhe zuerkannt werden wird oder ob der Anspruch des Klägers auf Erfindervergütung entsprechend der Behauptung der Beklagten durch die geleisteten Zahlungen erloschen ist. Im Verfahren über den Grund sind alle Einwendungen zu prüfen, welche sich gegen das Bestehen des Anspruchs als solchen richten (BGH LM § 304 ZPO Nr. 35; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 20. Aufl., § 304 Rdn. 14; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 47. Aufl., § 304 Anm. 3 B). Da die Erfüllung zum Erlöschen des Klageanspruchs führt (§ 362 BGB), ist sie bei der Entscheidung über den Grund zu berücksichtigen. Nur ausnahmsweise darf die Entscheidung über Einwendungen und Einreden, welche an sich den Grund des Anspruchs betreffen, dem Betragsverfahren vorbehalten bleiben, dann nämlich, wenn feststeht oder wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß diese Einwendungen oder Einreden jedenfalls einen Teil des geltend gemachten Anspruchs unberührt lassen (vgl. BGHZ 11, 63, 65; BGH NJW 1962, 1618). Hierzu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Es hat zwar in anderem Zusammenhang ausgeführt, dem Kläger stehe eine Vergütung nach § 612 BGB zu, bei deren Bemessung die Regeln des ArbEG nicht unberücksichtigt bleiben könnten. Es hat aber offengelassen, ob die unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe zu errechnende Erfindervergütung die von der Beklagten für die Jahre 1980 bis 1982 geleisteten Zahlungen übersteigt.

Da das Berufungsgericht die Voraussetzungen des § 304 Abs. 1 ZPO verkannt hat, konnte das angefochtene Urteil bereits aus diesem Grunde keinen Bestand haben.

II.

Im übrigen geben das angefochtene Urteil und die Angriffe der Revision im Hinblick auf das weitere Verfahren zu folgenden Ausführungen Anlaß.

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß der Kläger von der Beklagten für die übernommenen Erfindungen auch ohne ausdrückliche vertragliche Absprache eine Erfindervergütung entsprechend seiner Beteiligung verlangen könne. In der Rechtsprechung und im Schrifttum ist anerkannt, daß der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung diesen Vergütungsanspruch gegen die Gesellschaft aus § 612 Abs. 2 BGB herleiten kann, ohne auf die Bestimmungen des ArbEG beschränkt zu sein. Denn ebenso wie schon die Verordnung über die Behandlung von Erfindungen von Gefolgschaftmitgliedern vom 12. Juli 1942 und die Durchführungsverordnung vom 20. März 1943 geht auch das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen vom 25. Juli 1957 vom arbeitsrechtlichen Begriff des Arbeitnehmers aus. Es findet auf Erfindungen eines Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung weder unmittelbar noch im Wege einer erweiterten Auslegung Anwendung, weil der Geschäftsführer die Gesellschaft gesetzlich vertritt (§§ 35, 36, 37 Abs. 2 GmbHG) und infolgedessen nicht zu den sozial abhängigen Arbeitnehmern zählt, deren Schutz das ArbEG beabsichtigt (BGH GRUR 1965, 302, 303 – Schellenreibungskupplung; vgl. auch BGHZ 31, 162 – Malzflocken; BGH GRUR 1955, 286, 289 – Schnellkopiergerät; Reimer/Schade/Schippel, ArbEG, 1975, § 1 Rdn. 4; Bartenbach, ArbEG, 1980, § 1 Rdn. 68 f.; Gaul/Bartenbach, Handbuch des gewerblichen Rechtsschutzes, Bd. I C Rz. 120 ff.; Gaul, GRUR 1977, 686, 690; Volmer/Gaul, ArbEG, § 1 Rdn. 108 ff.; ders., GmbH-Rundschau 1982, 101).

2. Das Berufungsgericht hat sodann geprüft, ob diese Grundsätze auch dann gelten, wenn der Erfinder Geschäftsführer der alleinigen persönlich haftenden Gesellschafterin einer Kommanditgesellschaft und gleichzeitig leitender Angestellter der Kommanditgesellschaft ist und die Erfindung während dieser Tätigkeiten gemacht worden ist. Das Berufungsgericht hat dies bejaht: Der Kläger sei zwar nicht gesetzlicher Vertreter der seine Erfindung übernehmenden beklagten Kommanditgesellschaft gewesen, sondern auf Grund des mit dieser abgeschlossenen Anstellungsvertrages deren leitender Angestellter. Als Geschäftsführer der Komplementär-Gesellschaft habe er aber für die beklagte Kommanditgesellschaft gehandelt, da beide Gesellschaften nur ein Unternehmen betrieben hätten. Er sei damit auch befugt gewesen, für die Beklagte über die Inanspruchnahme und die Vergütung seiner eigenen Erfindungen zu entscheiden. Unter diesen Umständen seien aber gerade die Interessengegensätze aufgetreten, welche das ArbEG hinsichtlich der gesetzlichen Vertreter vermeiden wolle. Der Kläger könne daher in seiner Eigenschaft als zumindest mittelbarer gesetzlicher Vertreter der beklagten Kommanditgesellschaft nicht als Arbeitnehmer gelten.

a) Diese Auffassung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Im Schrifttum wird zwar die Ansicht vertreten, der Vergütungsanspruch richte sich danach, in welcher Eigenschaft der Erfinder seine Erfindung entwickelt habe. Habe er als Geschäftsführer der Gesellschaft mit beschränkter Haftung die Erfindung gemacht, könne er die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB verlangen; sei die Erfindung jedoch nicht in seinem Tätigkeitsbereich als Geschäftsführer der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sondern im Rahmen eines (zusätzlichen) Anstellungsvertrages mit einem anderen, rechtlich selbständigen Unternehmen (z.B. desselben Konzerns) entstanden, so richte sich sein Vergütungsanspruch nach den Regeln des ArbEG (Bartenbach, aaO, § 11 Rdn. 7; Gaul/Bartenbach, Handbuch, Bd. 1 C Rz. 123; auch Gaul, GmbH-Rundschau 1982, 104). Der Gedanke, daß bei Mehrfachfunktionen einer Person nach Rechtsverhältnissen zu differenzieren und für die Beurteilung jeweils dasjenige entscheidend sei, aus dem der Anspruch hergeleitet werde, liegt auch dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10. Juli 1980 (GmbH-Rundschau 1981, 113, 114) zugrunde. Das Bundesarbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für die Klage eines Geschäftsführers gegen eine GmbH & Co. KG eröffnet, mit welcher der Geschäftsführer unmittelbar einen Dienstvertrag abgeschlossen hatte. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts kam § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht zum Tragen. In einer weiteren Entscheidung vom 15. April 1982 (GmbH-Rundschau 1984, 70) hat das Bundesarbeitsgericht das Kündigungsschutzgesetz, das nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 auf Organmitglieder keine Anwendung findet, auf den Dienstvertrag eines Geschäftsführers mit der Kommanditgesellschaft angewandt. Diese Ansicht hat in der Literatur Kritik gefunden (Tillmann, Der Geschäftsführervertrag der GmbH und GmbH & Co. KG, S. 17; Bauer, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, S. 64).

Zwar lassen sich bei der Gesellschaftsform der GmbH & Co. KG die Bereiche der Komplementär-Gesellschaft und der Kommanditgesellschaft unter rechtlichen Gesichtspunkten trennen. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung hat als Komplementärin die Geschäftsführung und Vertretung der Kommanditgesellschaft nach den §§ 114, 125, 161 HGB zu besorgen, wobei sie sich ihres Geschäftsführers bedient. Während die Bestellung des Geschäftsführers ausschließlich Aufgabe der Gesellschafterversammlung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist (§ 46 Nr. 5 GmbHG), kann der Dienstvertrag mit dieser oder wahlweise auch mit der Kommanditgesellschaft geschlossen werden. Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist jedenfalls nicht Organ der Kommanditgesellschaft.

Für die Beurteilung der Frage, welche rechtlichen Gesichtspunkte für die Bemessung der Erfindervergütung eines in einer solchen Doppelfunktion als Geschäftsführer und leitender Angestellter tätigen Erfinders maßgebend sind, kann diese nach Rechtsbeziehungen differenzierende Auffassung dann nichts beitragen, wenn, wie vom Berufungsgericht festgestellt, Organstellung und betriebliche Funktion des Erfinders im Unternehmen der Kommanditgesellschaft tatsächlich nicht trennbar sind. Infolge der gesellschaftsrechtlichen Struktur der Beklagten und des Umstandes, daß die Gesellschaften lediglich ein Unternehmen betreiben, war nämlich maßgebliches Willensbildungsorgan der Kommanditgesellschaft die Komplementär-GmbH, die ihrerseits vom Kläger, wenn auch gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer oder einem Prokuristen, vertreten wurde. Der Kläger übte damit, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, auch im Bereich der Beklagten Arbeitgeberfunktionen aus. Diese tatsächliche Stellung aber rechtfertigt es, den Kläger auch bei der Frage der Erfindervergütung im Verhältnis zur Beklagten wie ein Gesellschaftsorgan zu behandeln und ihm für seine Erfindungen, entsprechend seiner Beteiligung die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB zuzuerkennen.

b) Die Revision macht in diesem Zusammenhang dem Berufungsgericht zu Unrecht den Vorwurf, es habe nicht in Erwägung gezogen, ob die Anwendung des ArbEG den Umständen nach als stillschweigend vereinbart anzusehen sei. Das Berufungsgericht hatte jedoch keine Veranlassung, diesen Gesichtspunkt zu prüfen; denn die Beklagte hat weder vor dem Landgericht noch im Berufungsverfahren eine Vereinbarung behauptet oder dahingehende Anhaltspunkte vorgetragen.

3. Soweit die Ausführungen des Berufungsgerichts dahin verstanden werden könnten, bei der Feststellung der Vergütungshöhe nach § 612 Abs. 2 BGB seien die Regeln des ArbEG maßgeblich, folgt der Senat dem nicht.

Die nach dieser Vorschrift geschuldete übliche Vergütung bemißt sich nach den für gleiche oder ähnliche Dienstleistungen in gleichen oder ähnlichen Gewerben oder Berufen unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Berechtigten gezahlten Entgelte (vgl. Palandt, BGB, 48. Aufl., § 612 Anm. 3). Fehlt es an einer üblichen Vergütung oder läßt sich eine solche nicht feststellen, so steht nach § 316 BGB die Bestimmung der versprochenen Gegenleistung im Zweifel demjenigen Vertragsteil zu, welcher die Gegenleistung zu fordern hat. Dieser hat sie nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 315 Abs. 1 BGB). Seine Bestimmung ist für den anderen Vertragsteil allerdings nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Ist dies nicht der Fall, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen (§ 315 Abs. 3 BGB).

Nach diesen Maßstäben kann der Kläger nicht die einem freien Erfinder zu zahlende Lizenzgebühr (z.B. 6 % vom Umsatz) verlangen; denn der Kläger war – wovon beide Parteien ausgehen – im Rahmen seines Dienstverhältnisses verpflichtet, die Erfindung der beklagten Kommanditgesellschaft zu überlassen. Er war damit einem freien Erfinder nicht ohne weiteres gleichzustellen und kann auch nicht ohne weiteres die gleiche Vergütung für seine Erfindungen verlangen. Seine Vergütung kann sich daher – anders als die einem freien Erfinder zu zahlende angemessene Lizenzgebühr – nicht allein danach richten, was vernünftige Vertragspartner bei Abschluß eines frei ausgehandelten Lizenzvertrages in Kenntnis der tatsächlichen Entwicklung während des Vertragszeitraums vereinbart hätten (BGH GRUR 1962, 509, 513 – Dia-Rähmchen II). Angesichts der Funktion des Klägers als Geschäftsführer der Komplementär-Gesellschaft der beklagten Kommanditgesellschaft können andererseits auch die Regeln des ArbEG keine unmittelbare oder entsprechende Anwendung finden, weil der Kläger Arbeitgeberfunktionen ausübte. Vielmehr ist bei der Bemessung der nach § 612 Abs. 2 BGB geschuldeten üblichen Vergütung auf die konkreten Umstände des Einzelfalles abzustellen. Dabei können in die Billigkeitserwägungen nicht nur Gesichtspunkte einfließen, die für die Bemessung einer angemessenen Lizenzgebühr eines freien Erfinders von Bedeutung sind, sondern in gleicher Weise auch solche, auf die der Gesetzgeber im Rahmen des ArbEG beim billigen Ausgleich zwischen den Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmererfinders abgehoben hat, weil die Erfindung im Rahmen des Betriebes mit Hilfe von betrieblichen Mitteln entstanden ist.

III.

Das angefochtene Urteil war daher auf die Revision der Beklagten aufzuheben und der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Das Berufungsgericht wird aufgrund der vorstehenden Ausführungen unter Aufklärung des weiteren Sachverhalts festzustellen haben, ob mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß der Vergütungsanspruch des Klägers aus § 612 Abs. 2 BGB im Betragsverfahren noch in irgendeiner Höhe zugesprochen werden kann, oder ob der Anspruch bereits durch die Zahlung der Beklagten erloschen ist.

 

Unterschriften

Brodeßer, Rogge, Maltzahn, Jestaedt, Broß

 

Fundstellen

Haufe-Index 1502308

BGHR

GRUR 1990, 193

Nachschlagewerk BGH

GmbHR 1990, 160

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