Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreiheit von Reisekostenvergütungen

 

Leitsatz (NV)

Reisekostenvergütungen aus öffentlichen Kassen sind nur steuerfrei, wenn damit ein Aufwand abgegolten wird, der den Werbungskostenbegriff erfüllt. Das FA ist daher befugt zu prüfen, ob die Zahlungen z. B. für Dienstreisen des Arbeitnehmers erfolgt sind (gegen Abschn. 14 Abs. 2 Sätze 2, 3 LStR 1996).

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 13

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr 1988 bei der Deutschen Bundespost -- jetzt Telekom -- (DBP) als Fernmeldemonteur im Außendienst beschäftigt. An seiner ständigen Dienststelle hielt er sich jeweils nur kurzfristig auf, um den Arbeitsauftrag entgegenzunehmen, Material zu holen, das Fahrzeug zu kontrollieren und zu beladen sowie Fahrtenbuch und Tagesbericht zu führen.

Die DBP gewährte für die Tätigkeit im Außendienst Aufwandsentschädigungen, die nicht dem Lohnsteuerabzug unterworfen wurden. Im Falle ganztägiger auswärtiger Beschäftigung wurde ein sog. Ausbleibegeld von 34 DM gezahlt, bei einer Abwesenheit von mehr als acht Stunden von der ständigen Dienststelle erhielten die Arbeitnehmer 9 DM, bei mehr als vierstündiger Abwesenheit 5,50 DM. Im Streitjahr beliefen sich die Außendienstentschädigungen des Klägers auf insgesamt 6 815,50 DM.

In der Einkommensteuererklärung machte der Kläger bezüglich seiner Außendienst tätigkeit Werbungskosten von 6 960 DM geltend, wobei er Mehraufwendungen für Verpflegung nach Dienstreisegrundsätzen ansetzte. Die Werbungskosten berechnete er wie folgt:

Fahrtkosten

(15 962 km x 0,42 DM) 6 704,04 DM

Mehraufwendungen für Verpflegung 7 181,00 DM

abzüglich Arbeitgebererstattung:

Fahrtkosten ./. 109,76 DM

Entschädigungen ./. 6 815,50 DM

6 960,00 DM

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) berücksichtigte Verpflegungsmehraufwendungen nur in Höhe von 5 DM pro Tag, weil der Kläger keine Dienstreisen durchgeführt habe, sondern an ständig wechselnden Einsatzstellen tätig gewesen sei. Das FA erkannte die Werbungskosten mit insgesamt 675 DM an.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte im wesentlichen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, zwar stünden dem Kläger nach steuerrechtlichen Grundsätzen keine Verpflegungsmehraufwendungen zu, da mangels einer regelmäßigen Arbeitsstätte keine Dienstreisen gegeben seien. Dennoch seien die nach reisekostenrechtlichen Regelungen gewährten Entschädigungen steuerfrei zu belassen und nicht mit den vom FA anerkannten Fahrtkosten zu verrechnen. Gemäß § 3 Nr. 13 des Einkommensteuergesetzes (EStG) seien die Reisekostenvergütungen steuerfrei. Das FA dürfe nur das Vorliegen der reisekostenrechtlichen Voraussetzungen prüfen, nicht aber die steuerfreie Behandlung der Vergütungen davon abhängig machen, ob dem Grunde oder der Höhe nach Werbungskosten erstattet worden seien (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 15. Oktober 1982 VI R 229/77, BFHE 136, 542, BStBl II 1983, 75). Der für den Bereich des Fernmeldewesens maßgebliche Tarifvertrag (TV) sehe in § 17 die Leistung von Fahrtkostenersatz sowie in § 18 eine Abgeltung sonstiger Mehrausgaben nach Maßgabe des § 17 des Bundesreisekostengesetzes (BRKG) vor. Diese Vorschrift umfasse nicht die Vergütungen für Fahrtkosten. Daraus folge, daß eine Verrechnung von Entschädigungen, die nach § 18 TV gezahlt worden seien, mit steuerlich anzuerkennenden Fahrtkosten nicht möglich sei. Somit sei lediglich eine Anrechnung der Mehraufwendungen wegen mehr als zehnstündiger Abwesenheit gerechtfertigt. Die vom FA anerkannten und nicht erstatteten Fahrtkosten seien als weitere Mehraufwendungen zu berücksichtigen.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts sowie einen Verfahrensfehler. Es trägt vor, die Urteilsbegründung des FG, wonach § 18 TV dieselben Aufwendungen zum Gegenstand habe wie § 17 BRKG, stütze sich auf eine Fassung des TV, die erst für Kalenderjahre ab 1989 gelte. Außerdem sollten mit dem Ausbleibegeld die entstandenen Aufwendungen -- gleich welcher Art -- typisierend abgegolten werden. Eine Verrechnung sei deshalb auch mit steuerlich anzuerkennenden Fahrtkosten möglich. Die Verrechnung des steuerfrei erhaltenen Ausbleibegeldes mit den beantragten Werbungskosten gebiete § 3 c EStG.

Das FG habe den Sachverhalt nicht genügend aufgeklärt. Nach § 17 TV erhalte ein Arbeitnehmer für die dienstlich veranlaßte Benutzung seines privaten Fahrzeugs eine Kilometerentschädigung von 0,31 DM. Da der Kläger ausweislich der Arbeitgeberbescheinigung im Streitjahr an 238 Tagen Dienstreisen durchgeführt habe, sei davon auszugehen, daß die DBP eine steuerfreie Fahrtkostenerstattung geleistet haben müsse, wenn der Kläger entsprechend den Angaben in der Steuererklärung sein privates Fahrzeug eingesetzt habe. Dieser offensichtliche Widerspruch in einer entscheidungserheblichen Frage hätte sich dem FG aufdrängen müssen.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Steuer auf ... DM festzusetzen, hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur anderweitigen Festsetzung der Einkommensteuer (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß dem Kläger nach den für das Streitjahr maßgebenden steuerrechtlichen Grundsätzen keine Verpflegungsmehraufwendungen für Dienstreisen zustehen, weil er aufgrund der besonderen Ausgestaltung seiner Außendiensttätigkeit keine regelmäßige Arbeitsstätte hatte; eine solche ist aber Voraussetzung einer Dienstreise (vgl. Abschn. 25 Abs. 2 Satz 1 der Lohnsteuer- Richtlinien -- LStR -- 1987).

2. Nicht zu folgen ist indessen der Auffassung des FG, die als Werbungskosten anerkannten Fahrtkosten dürften nicht um die Aufwandsentschädigungen gekürzt werden, die der Arbeitgeber dem Kläger ohne Lohnsteuerabzug gezahlt hat.

a) Zwar sind Reisekostenvergütungen aus einer öffentlichen Kasse, wie sie der Kläger erhalten hat, grundsätzlich gemäß § 3 Nr. 13 EStG steuerfrei. Diese Vorschrift ist jedoch nach neuerer Rechtsprechung des BFH einschränkend dahin auszulegen, daß die Steuerfreiheit nur im Falle der Abgeltung eines Aufwands eintritt, der, wenn ihn der Arbeitnehmer selbst getragen hätte, als Werbungskosten abziehbar wäre (Senatsurteil vom 27. Mai 1994 VI R 67/92, BFHE 175, 57, BStBl II 1995, 17; vgl. auch Küttner/Thomas, Personalbuch 1996, Aufwandsentschädigung Rz. 8 ff., 11). Für den BFH ist dabei die Erwägung maßgebend gewesen, daß Reise- und Umzugskostenvergütungen im privaten wie im öffentlichen Dienst nach den gleichen Regeln steuerfrei gestellt werden müßten. Die Nrn. 12, 13 und 16 des § 3 EStG dürften hinsichtlich ihres Regelungsgehaltes nicht unterschiedlich ausgelegt werden. Dies erfordere das verfassungsrechtliche Gebot, wesentlich gleiche Tatbestände auch gleich zu behandeln, soweit nicht ein einleuchtender Grund für eine Differenzierung gegeben sei. Es liege kein sachlicher Grund vor, der es rechtfertigen könnte, Reise- bzw. Umzugskostenvergütungen aus öffentlichen Kassen auch insoweit von der Besteuerung freizustellen, als sie den Aufwand i. S. des Werbungskostenbegriffs übersteigen. An den Grundsätzen dieser Entscheidung, mit der die in dem Urteil in BFHE 136, 542, BStBl II 1983, 75 vertretene Rechtsauffassung ausdrücklich aufgegeben wurde, hält der Senat fest.

b) Entgegen der Rechtsansicht des FG, das sich noch auf das vorbezeichnete Urteil in BFHE 136, 542, BStBl II 1983, 75 gestützt hat, sowie der weiterhin aufrechterhaltenen Verwaltungsauffassung (vgl. Abschn. 14 Abs. 2 Sätze 3 und 4 LStR 1996) mußte das FA die fraglichen Aufwandsentschädigungen nicht im Ergebnis als steuerbefreit behandeln. Es war vielmehr befugt zu prüfen, ob den Zahlungen des Arbeitgebers Dienstreisen des Klägers mit der Folge eines entsprechenden Werbungskostenabzugs zugrunde lagen. Da nach der zutreffenden Beurteilung des FA der Kläger keine Dienstreisen durchgeführt hatte, standen ihm für die Auswärtstätigkeit nur geringere Werbungskosten (wegen mehr als zehnstündiger Abwesenheit) zu. Soweit er in der Steuererklärung Fahrtkosten geltend machte, waren diese wegen der damit in Zusammenhang stehenden steuerfrei gezahlten Aufwandsentschädigungen nicht als Werbungskosten abziehbar (§ 3 c EStG). Diese Rechtsfolge war durch eine Saldierung der Fahrtkosten und der erhaltenen Aufwandsentschädigungen herbeizuführen. Auf die vom FG sowie von der Revision angestellten Erwägungen zum Inhalt des TV kommt es nicht mehr an.

2. Die Vorentscheidung, die der Rechtsauffassung des Senats nicht entspricht, war deshalb aufzuheben. Die Sache ist entscheidungsreif. Entsprechend dem Revisionsantrag, mit dem das FA einen Übertragungsfehler aus der Veranlagung korrigiert hat (steuerfreie Arbeitgebererstattung 6 925 DM statt 6 960 DM), sind für den Kläger folgende Werbungskosten im Zusammenhang mit seiner Auswärtstätigkeit zu berücksichtigen:

Mehraufwendungen

für Verpflegung 930 DM

Fahrtkosten 6 705 DM

abzüglich Arbeitgebererstattung 6 925 DM

710 DM

Demgemäß errechnet sich die Einkommensteuer wie folgt: ...

Im übrigen war die Klage abzuweisen.

3. Der Senat kann offenlassen, ob der vom FA gerügte Verfahrensfehler vorliegt, da dem Revisionsantrag des FA entsprochen worden ist (vgl. § 96 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 121 Satz 1 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 66149

BFH/NV 1997, 286

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