Entscheidungsstichwort (Thema)

1-v.H.-Regelung für privat genutztes Firmenfahrzeug: Aufpreis für werkseitig eingebautes Navigationsgerät Teil der Bemessungsgrundlage

 

Leitsatz (amtlich)

Bemessungsgrundlage für die Bewertung der Nutzung eines betrieblichen Kfz zu privaten Fahrten nach der 1 v.H.-Regelung ist auch bei Arbeitnehmern der inländische Bruttolistenpreis einschließlich des darin enthaltenen Aufpreises für ein werkseitig eingebautes Satellitennavigationsgerät.

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 45, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 8 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf (Urteil vom 04.06.2004; Aktenzeichen 18 K 879/03 E; EFG 2004, 1357)

 

Tatbestand

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden in den Streitjahren 2000 und 2001 als Eheleute zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger war als Makler nichtselbständig tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit wurde ihm von seinem Arbeitgeber ein Firmenfahrzeug überlassen, das der Kläger auch privat nutzen durfte. Das Fahrzeug war mit einem Navigationsgerät ausgerüstet, das mit dem sog. Global Positioning System (GPS) arbeitet.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) legte der Bemessung des geldwerten Vorteils aus der privaten Nutzung des Firmenfahrzeugs gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ―sog. 1 v.H.-Regelung― den Bruttolistenpreis des PKW zugrunde, in dem auch der auf das Navigationsgerät entfallende Aufpreis von 6 522 DM enthalten war, und setzte die Einkommensteuer für die Streitjahre entsprechend fest. Die Kläger hingegen waren der Ansicht, bei dem Navigationsgerät handele es sich um ein Telekommunikationsgerät i.S. des § 3 Nr. 45 EStG, dessen Gebrauchsüberlassung durch den Arbeitgeber steuerfrei sei und dessen Anschaffungskosten somit von der Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Einnahmen aus der PKW-Nutzung ausgenommen werden müssten.

Das Finanzgericht (FG) folgte der Auffassung der Kläger und gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1357 veröffentlichten Gründen statt. Es führte hierzu im Wesentlichen aus, nach dem allgemeinen Wortsinn und nach den Begriffsbestimmungen des Telekommunikationsgesetzes (vom 25. Juli 1996, BGBl I 1996, 1120) umfasse Telekommunikation auch den Empfang von GPS-Signalen durch Navigationsgeräte. § 3 Nr. 45 EStG gehe den Bewertungsvorschriften des § 6 EStG und des § 8 EStG logisch vor. Die Vorteile aus der privaten Nutzung einer betrieblichen Telekommunikationsanlage müssten daher nicht versteuert werden.

Mit der Revision rügt das FA, das angefochtene Urteil verletze § 3 Nr. 45 und § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG. Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger treten der Revision entgegen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Die angegriffenen Einkommensteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Das FA hat den geldwerten Vorteil aus dem privaten Gebrauch des dem Kläger überlassenen Firmenwagens zutreffend ermittelt.

1. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt für die Ermittlung des geldwerten Vorteils § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entsprechend. Nach dieser Vorschrift sind die Einnahmen aus der privaten Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs für jeden Kalendermonat mit 1 v.H. des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Der Wert erhöht sich nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG für jeden Kalendermonat um 0,03 v.H. des genannten Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn das Fahrzeug für solche Fahrten genutzt werden kann.

2. Bemessungsgrundlage für diese Nutzungsvorteile ist ―wie sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ergibt― der Listenpreis des Firmenwagens einschließlich des darin enthaltenen Anteils für die werkseitige Ausstattung mit einem GPS-gestützten Satellitennavigationsgerät.

a) Unter dem inländischen Listenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist die an diesem Stichtag maßgebliche Preisempfehlung des Herstellers zu verstehen, die für den Endverkauf des tatsächlich genutzten Fahrzeugmodells auf dem inländischen Neuwagenmarkt gilt. Auch die Aufpreise für werkseitig zusätzlich eingebaute Ausstattungen sind mit den Werten anzusetzen, die sich aus der Preisliste des Herstellers ergeben. Sie erhöhen den Listenpreis des Fahrzeugs entsprechend. Mit der Anknüpfung an die Preisempfehlung des Automobilherstellers hat der Gesetzgeber eine stark vereinfachende, typisierende und damit für alle gleichen Fahrzeuge einheitliche Grundlage für die Bewertung der Nutzungsvorteile geschaffen (vgl. Urban, Finanz-Rundschau ―FR― 2004, 1383, 1384 f.).

b) Mit dem Betrag, der nach der 1 v.H.-Regelung als Einnahme anzusetzen ist, werden sämtliche geldwerten Vorteile abgegolten, die sich aus der Möglichkeit zur privaten Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs ergeben. Der vereinfachende und typisierende Charakter der Bewertungsregelung gestattet es nicht, die mit dem Gebrauch des Firmenwagens notwendigerweise verbundenen Vorteile aus der Verfügbarkeit einzelner unselbständiger Ausstattungsmerkmale von der Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs selbst zu trennen. Es ist daher nicht zulässig, den Listenpreis des tatsächlich genutzten Modells (einschließlich der Sonderausstattungen) vorab um den auf derartige Ausstattungsmerkmale entfallenden Teil des Listenpreises zu kürzen. Denn besteuert wird im Rahmen der 1 v.H.-Regelung ―wie auch bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode (§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG)― die private Nutzbarkeit des konkreten Fahrzeugs insgesamt. Das folgt aus der Regelung der Bemessungsgrundlage in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG.

c) Es kann deshalb offen bleiben, ob das im Fahrzeug des Klägers verwendete Navigationsgerät tatsächlich ―wie das FG meint― ein Telekommunikationsgerät i.S. des § 3 Nr. 45 EStG ist. Die werkseitig in den Firmenwagen fest eingebaute Anlage ist jedenfalls kein eigenständiges Wirtschaftsgut, dessen Nutzbarkeit getrennt von der Möglichkeit zum privaten Gebrauch des Fahrzeugs bewertet werden könnte (vgl. Hoffmann, Anmerkung in EFG 2004, 1359; Urban, FR 2004, 1383, 1386; vgl. auch R 31 Abs. 9 Nr. 1 Satz 6 der Lohnsteuer-Richtlinien in der seit 2004 geltenden Fassung; anderer Ansicht: Os., Der Betrieb ―DB― 2002, 121; Seifert, Deutsche Steuer-Zeitung ―DStZ― 2002, 125, 128; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 23. Aufl., § 8 Rz. 45; Niermann/Plenker, DB 2004, 2118, 2119). Die Verwendung des Geräts während der Fahrt dient allein dem bestimmungsgemäßen Gebrauch des Firmenwagens selbst und erfüllt keinen von diesem Gebrauch ablösbaren, eigenständigen Zweck. Die tatsächlichen Vorteile des Klägers aus der Nutzung des Navigationsgeräts auf Privatfahrten sind daher als unselbständiger Bestandteil in dem umfassend auf den Firmenwagen bezogenen Nutzungsvorteil i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG enthalten. Sie unterliegen ihrerseits nicht selbst der gesonderten Besteuerung, so dass sie von ihr auch nicht nach § 3 Nr. 45 EStG freigestellt werden können.

d) Da § 3 Nr. 45 EStG nur für Arbeitnehmer gilt, stellt diese Auslegung im Übrigen sicher, dass die Bemessungsgrundlage für die private Nutzung eines betrieblichen Kfz bei Arbeitnehmern nicht anders zu ermitteln ist als im Rahmen anderer Einkunftsarten. Das entspricht der Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG, die keine eigenständige Ermittlung des geldwerten Vorteils bei Arbeitnehmern vorsieht, sondern auf die allgemeine Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG verweist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1377601

BFH/NV 2005, 1410

BStBl II 2005, 563

BFHE 2005, 221

BFHE 209, 221

BB 2005, 1481

DB 2005, 1430

DStR 2005, 1135

DStRE 2005, 859

DStZ 2005, 465

HFR 2005, 827

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