Die Frage nach Vorstrafen stellt einen erheblichen Eingriff in die Individualsphäre des Arbeitnehmers dar. Unter Berücksichtigung des Resozialisierungsgedankens sind diesbezügliche Fragen nur unter einer bestimmten Voraussetzung zulässig. Die Vorstrafe muss auf Eigenschaften schließen lassen, die für die Vertragsdurchführung unerlässlich sind und damit im unmittelbaren Zusammenhang mit dem konkret zu besetzenden Arbeitsplatz stehen.[1] Das gilt z. B. für Verkehrsdelikte beim Berufskraftfahrer, Vermögensdelikte beim Buchhalter oder Sexualdelikte bei Betreuern von Kindern und Jugendlichen.

Der Arbeitnehmer darf sich gegenüber Behörden und Privatpersonen als unbestraft bezeichnen und braucht auch einschlägige Vorstrafen nicht zu offenbaren, wenn die Vorstrafe nicht (mehr) im Bundeszentralregister eingetragen oder (wegen Geringfügigkeit) nicht in ein polizeiliches Führungszeugnis (Auszug aus dem Bundeszentralregister) aufzunehmen ist.[2] Ob dies nach der Änderung des Bundeszentralregistergesetzes (§ 30a BZRG) auch dann gilt, wenn Eintragungen in dem erweiterten Führungszeugnis vorhanden sind, wurde bislang noch nicht entschieden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass eine Offenbarungspflicht immer dann besteht, wenn der Bewerber eine Tätigkeit übernehmen soll, die unter § 30a BZRG fällt; z. B. dann wenn der Bewerber die Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder die Ausbildung von Minderjährigen oder eine Tätigkeit übernehmen soll, die in vergleichbarer Weise geeignet ist, Kontakt zu Minderjährigen aufzunehmen. Eine Offenbarungspflicht besteht dann unter anderem für Straftaten im Zusammenhang mit der Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht, der Misshandlung von Schutzbefohlenen, der Zuhälterei oder der Verbreitung von pornografischen Schriften.

Bei der Prüfung der Eignung des Arbeitnehmers für die geschuldete Tätigkeit kann es im Einzelfall sogar zulässig sein, nach anhängigen Ermittlungsverfahren zu fragen. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an einer solchen Frage ist dann zu bejahen, wenn auch ein Ermittlungsverfahren Zweifel an der persönlichen Eignung des Arbeitnehmers begründen kann. Ein Erzieher etwa, gegen den ein Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindergartenkindern in dem vorhergehenden Arbeitsverhältnis läuft, hat regelmäßig kein hinreichend schützenswertes Interesse daran, eine erneute Einstellung als Erzieher dadurch zu erreichen, dass er wahrheitswidrig bei der Bewerbung angibt, es laufe gegen ihn kein Ermittlungsverfahren. Dem steht die in Art. 6 Abs. 2 EMRK verankerte Unschuldsvermutung nicht entgegen; diese bindet unmittelbar nur den Richter, der über die Begründetheit der Anklage zu entscheiden hat. Dagegen lässt sich aus der Unschuldsvermutung nicht der Schluss ziehen, dass dem Betroffenen aus der Tatsache, dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihn anhängig ist, überhaupt keine Nachteile entstehen dürfen.[3]

Der Arbeitgeber darf grundsätzlich auch nicht so fragen, dass eingestellte strafrechtliche Ermittlungsverfahren von der Fragestellung umfasst wären. Die unspezifische Erhebung von Daten, also die Frage nach mehr Informationen als der Fragende beanspruchen darf, stellt nach Auffassung des BAG einen Verstoß gegen Datenschutzrecht dar. Die Frage – auch – nach eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren verstößt gegen die Wertentscheidung des § 53 BZRG[4], denn selbst ein verurteilter Straftäter darf sich als unbestraft bezeichnen, wenn die Verurteilung nicht in das Führungszeugnis einzutragen war oder nach Fristablauf oder aus anderen Gründen zu löschen war. Dies gilt erst recht für denjenigen, gegen den ein Ermittlungsverfahren geführt, aber dann eingestellt wurde.

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