1 Vorvertragliches Schuldverhältnis

Mit einer Bewerbung entstehen bereits bestimmte Rechtsbeziehungen (ein sog. vorvertragliches Schuldverhältnis) zwischen dem Bewerber und dem potenziellen Arbeitgeber, die auch dann zu Rechtsansprüchen führen können, wenn es nicht zum Abschluss eines Arbeitsvertrags kommt. Beide Parteien sind zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Rechtsgüter (insbes. durch Aufklärung und Information) der jeweils anderen Seite verpflichtet.

2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

Schon im Bewerbungsverfahren werden Bewerber durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor Benachteiligungen aus Gründen des Geschlechts, des Alters, einer Behinderung, der Religion oder Weltanschauung, der Rasse bzw. ethnischen Herkunft und der sexuellen Orientierung geschützt[1].[2]

3 Bewerbungsunterlagen

Bewerbungsunterlagen sind regelmäßig das Bewerbungsschreiben, Lebenslauf, Arbeitszeugnisse, (Hoch-) Schulbescheinigungen, Ausbildungsnachweise usw. Die Beschaffungskosten für diese Unterlagen trägt der Bewerber, einschließlich der erforderlichen Übermittlungskosten. Auch wenn der Arbeitgeber berechtigterweise die Vorlage eines Führungszeugnisses verlangen kann, ist der Bewerber zur Übernahme der Kosten verpflichtet.

Auf unverlangt eingesandte Bewerbungen muss der Arbeitgeber nicht reagieren. Die Bewerbungsunterlagen muss er in diesem Fall nur zurücksenden, wenn der Bewerber einen Freiumschlag beigelegt hat. Die Unterlagen können vernichtet werden, wenn sich der Bewerber innerhalb einer angemessenen Frist nicht erneut gemeldet hat.

Anders ist die Situation zu beurteilen, wenn der Arbeitgeber aufgrund einer Stellenanzeige über die Arbeitsagentur zu einer Bewerbung aufgefordert hat. Dem Bewerber sind die Unterlagen nach Abschluss des (erfolglosen) Bewerbungsverfahrens vollständig auf Kosten des Arbeitgebers zurückzuschicken. In der Zwischenzeit hat der Arbeitgeber die Unterlagen sorgfältig zu verwahren [1] und für eventuelle Beschädigungen und den Verlust der Papiere zu haften.

Sperrvermerke, mit denen zum Ausdruck gebracht wird, dass die Bewerbung vertraulich behandelt werden muss, hat ein potenzieller neuer Arbeitgeber tunlichst zu beachten. Bei Missachtung drohen Schadensersatzansprüche.

4 Datenschutz

Im Zuge des Bewerbungsverfahrens erhobene Daten über den Bewerber (Personalfragebögen) stellen eine Datenerhebung i. S. des Art. 4 Nr. 1 und Nr. 2 DS-GVO, deren Vorgaben zu beachten sind.[1] Allerdings enthält die DSGVO keine spezifischen Regelungen zum Arbeitnehmerdatenschutz und insbesondere nicht zum Umgang mit Daten im Bewerbungsverfahren. Vielmehr ist über die Ermächtigung in Art. 88 Abs. 1 DSGVO, § 26 Abs. 1 BDSG (entspricht dem früheren § 32 Abs. 1 BDSG a.F.) einschlägig. Danach können auch Daten bei der Begründung des Beschäftigungsverhältnisses vom Arbeitgeber verarbeitet werden. Maßgeblich dafür ist, ob die Datenverarbeitung erforderlich ist. Dies ist abhängig von der Abwägung zwischen dem Arbeitgeberinteresse an möglichst umfassender Information über seinen möglichen zukünftigen Beschäftigten und dessen Persönlichkeitsrecht. Ähnlich wie beim Fragerecht kommt es dabei auf den Bezug der Daten zum beabsichtigten Arbeitsverhältnis an. Rein privatbezogene Daten dürfen deshalb weder erhoben noch in irgendeiner Form weiterverarbeitet werden. Die Grenzen sind dabei zunehmend fließend. Dies gilt insbesondere, wenn Daten aus allgemein zugänglichen Internetplattformen des "Social-Media-Bereichs"" verwendet werden, um über spezifische Algorithmen ein beschäftigungsbezogenes "Profiling" vorzunehmen. Dieses ist allerdings nach Art. 4 Nr. 4 DSGVO grundsätzlich erlaubt – das Profil darf jedoch gem. Art. 22 DSGVO nicht allein automatisch generiert werden.

Der Bewerber hat aufgrund seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf Vernichtung der gewonnenen Daten nach einem erfolglosen Bewerbungsverfahren.[2] Im Hinblick auf mögliche Ersatzansprüche nach dem AGG ist die Aufbewahrung von Bewerbungsunterlagen auch der nicht berücksichtigten Bewerber zumindest bis zum Ablauf der Ausschlussfrist sowie der nachfolgenden Frist gerichtlicher Geltendmachung (insgesamt 6 Monate) für solche Ansprüche empfehlenswert.[3]

Wird der Bewerber eingestellt, werden die Bewerbungsunterlagen Gegenstand der Personalakte. Kommt es zu keiner Einstellung, sind sämtliche Unterlagen – z. B. ein ausgefüllter Personalbogen – zu vernichten sowie die gewonnenen Daten zu löschen.

[1] S. Datenschutz; der Arbeitgeber muss den Bewerber über die Datenverarbeitung umfassend informieren (Art. 13 DSGVO), außerdem hat der Bewerber gem. Art. 15 DS-GVO ein Auskunftsrecht über die Datenverarbeitung.
[2] Dieser Anspruch auf Löschung der Daten ergibt sich aus Art. 17 DSGVO, sobald die Daten für den Erhebungszweck – das Bewerbungsverfahren – nicht mehr erforderlich sind.

5 Kostenerstattung

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