Gemäß § 613a Abs. 2 BGB haftet der bisherige Betriebsinhaber neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen aus dem übergegangenen Arbeitsverhältnis, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf eines Jahres nach diesem Zeitpunkt fällig werden.[1] Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs fällig, so haftet der bisherige Betriebsinhaber für sie jedoch nur noch in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.[2] Für Ansprüche, die nach dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind, haftet der frühere Betriebsinhaber nicht.[3]

Angesprochen sind z. B. Verpflichtungen auf Zahlung von Provisionen oder Tantiemen, deren Anspruchsgrund vor dem Betriebsübergang liegt, die aber nach den vertraglichen Vereinbarungen erst zu einem Zeitpunkt fällig werden, der nach Übergang des Betriebs liegt.

Gesamtschuldnerische Haftung bedeutet, dass in erster Linie der neue Inhaber für die Erfüllung der Verbindlichkeit zuständig ist. Der alte Inhaber kann aber als zusätzlich Haftender mit einbezogen werden. Das empfiehlt sich vor allen Dingen dann, wenn der neue Inhaber zahlungsunfähig ist. Es entspricht Sinn und Zweck des § 613a Abs. 2 BGB, dem Arbeitnehmer nach erfolgtem Betriebsübergang eine weitere Haftungsmasse zur Verfügung zu stellen. Es soll dem alten Inhaber verwehrt werden, sich durch eine Übertragung des Betriebs auf einen – gegebenenfalls nicht liquiden – neuen Inhaber der Haftung für die bezeichneten Verbindlichkeiten zu entziehen.

Gesamtschuldnerische Haftung, gemäß §§ 421 ff. BGB besagt vor allem, dass der Arbeitnehmer die Leistungen sowohl gegen den alten als auch gegen den neuen Inhaber als auch gegen beide gleichzeitig geltend machen kann.[4] Erfüllt einer der beiden Gesamtschuldner die Forderung, so wirkt diese Erfüllung auch für den anderen Schuldner. Das bedeutet, dass dann, wenn der neue Inhaber die Forderung begleicht, der Arbeitnehmer nicht mehr vom alten Inhaber die Erfüllung der gleichen Schuld fordern kann.

§ 613a Abs. 2 BGB betrifft nicht die Frage, wer im Verhältnis zwischen altem und neuem Inhaber die Lasten der Inanspruchnahme zu tragen hat. Dies richtet sich in erster Linie nach den getroffenen Vereinbarungen. Ist insofern nichts vereinbart, sind die Verpflichtungen nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB vom alten und neuen Inhaber hälftig zu tragen. Es empfiehlt sich somit, im Übernahmevertrag eindeutig festzulegen, wer für Ansprüche der Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse übergegangen sind, aufkommt. Besonderheiten bestehen bei Ansprüchen des Betriebsrats. Diese gehen auf den neuen Betriebsinhaber über, soweit sie noch nicht erfüllt sind. Die am Betriebsübergang beteiligten Unternehmen müssen diesen Umstand bei den zwischen ihnen zu treffenden Vereinbarungen berücksichtigen.[5]

Besonderheiten gelten in der Insolvenz.[6]

[1] Vgl. auch BAG, Urteil v. 14.10.2003, 9 AZR 657/02; zur Nachhaftung eines ausgeschiedenen OHG-Gesellschafters LAG Hamm, Urteil v. 4.3.2009, 2 Sa 1382/05; zur Rentnergesellschaft BAG, Urteil v. 17.6.2014, 3 AZR 298/13.
[2] Zur Übernahme von Verpflichtungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens s. BAG, Urteil v. 20.6.2002, 8 AZR 459/01.

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