Zulässig sind nach § 613a Abs. 4 Satz 2 BGB Kündigungen, die "aus anderem Grund" als dem Betriebsübergang erfolgen. Eine Kündigung erfolgt "aus anderem Grund", wenn es neben dem Betriebsübergang einen sachlichen Grund gibt, der "aus sich heraus" die Kündigung zu rechtfertigen vermag.[1]

Betriebsbedingte Kündigungen, die im Vorfeld eines Betriebsübergangs oder nach erfolgtem Übergang aus Rationalisierungsgründen erfolgen, verstoßen nicht gegen § 613a Abs. 4 BGB, soweit sie nicht allein wegen des Betriebsübergangs erfolgen. Zulässig sind danach Kündigungen, die der Verbesserung der Verkaufschancen dienen, wenn andernfalls der Betrieb stillgelegt werden müsste.[2] Unzulässig wäre jedoch die Kündigung, die auf einer Rationalisierung beruht, die den Betriebsübergang nur ermöglichen soll.

Zulässig sind auch betriebsbedingte Kündigungen, die der alte Inhaber ausspricht, weil er zunächst die Stilllegung des Betriebs beabsichtigt. Das gilt zumindest dann, wenn nicht parallel Veräußerungsverhandlungen geführt werden.[3]

Auch der betriebsbedingten Kündigung von Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnisse infolge der Ausübung des Widerspruchsrechts nicht übergehen, steht § 613a Abs. 4 BGB grundsätzlich nicht entgegen. Nicht in den Anwendungsbereich des § 613a Abs. 4 BGB fallen alle personen- und verhaltensbedingten Kündigungen.

Besonderheiten bestehen nach der Rechtsprechung bei Kündigungen in der Insolvenz. Eine Kündigung in der Insolvenz verstößt danach dann nicht gegen § 613a Abs. 4 BGB, wenn ein verbindliches Konzept oder ein Sanierungsplan des Erwerbers vorliegt, dessen Durchführung im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung bereits greifbare Formen angenommen hat. Einer damit begründeten Kündigung vor dem Betriebsübergang steht § 613a Abs. 4 BGB nicht entgegen, denn die Regelung bezweckt keine künstliche Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bei einer vorhersehbar fehlenden Beschäftigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers beim Erwerber. Für die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung des Veräußerers nach dem Sanierungskonzept des Erwerbers kommt es auch nicht darauf an, ob das Konzept auch bei dem Veräußerer hätte durchgeführt werden können.[4] Ob dies auch bei einem Betriebsübergang außerhalb des Insolvenzverfahrens gilt, hat das BAG offengelassen.[5] Findet ein Betriebsübergang nach insolvenzbedingter Kündigung zu einem Zeitpunkt statt, zu dem die Kündigungsfrist abgelaufen ist, hat der gekündigte Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Wiedereinstellung.[6]

[7]

[3]

Zur Weiterbeschäftigungspflicht des neuen Inhabers trotz wirksamer Kündigung s. Betriebsübergang: Voraussetzungen.

[7] Zum Auflösungsantrag im Kündigungsschutzverfahren s. BAG, Urteil v. 24.5.2005, 8 AZR 246/04; Wittek/Quantz, BB 2022, S. 2549.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Personal Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge