Zusammenfassung

 
Überblick

Der Betriebsrat ist Organ der Betriebsverfassung, dessen Entscheidungsfindung sich nach bestimmten Regeln richtet. Maßgeblich sind nur die Beschlüsse des Betriebsrats als Kollegialorgan, nicht die Äußerungen des Betriebsratsvorsitzenden. Dieser vertritt den Betriebsrat nur im Rahmen der von ihm gefassten Beschlüsse. Daher ist die Einhaltung der Regeln zur Beschlussfassung von besonderer Bedeutung. Wichtig für den Arbeitgeber ist die Feststellung des BAG, dass es auch keine Anscheinsvollmacht des Betriebsratsvorsitzenden gibt. Somit ist eine vom Vorsitzenden eigenmächtig unterschriebene Betriebsvereinbarung unwirksam. Deshalb hat der Betriebsrat bei Abschluss einer Betriebsvereinbarung die Nebenpflicht, dem Arbeitgeber auf dessen zeitnah geltend zu machendes Verlangen eine den Maßgaben des § 34 Abs. 2 Satz 1 BetrVG entsprechende Abschrift desjenigen Teils der Sitzungsniederschrift auszuhändigen, aus dem sich die Beschlussfassung des Gremiums ergibt. Die an den Arbeitgeber auszuhändigende Abschrift muss etwaige für die Beschlussfassung erhebliche Einwendungen erfassen. Sie ist vom Betriebsratsvorsitzenden zu unterzeichnen.[1]

1 Allgemeines

Soweit nicht laufende Angelegenheiten der Geschäftsführung vom Betriebsratsvorsitzenden oder vom Betriebsausschuss erledigt werden, bildet der Betriebsrat seinen Willen durch Beschlussfassung in den Betriebsratssitzungen, ggf. unter beratender Teilnahme der Gewerkschaften, der Schwerbehindertenvertretung, der betrieblichen Jugend- und Auszubildendenvertretung und des Arbeitgebers. Die Vertretungsbefugnis des Betriebsratsvorsitzenden besteht nur im Rahmen der vom Betriebsrat gefassten Beschlüsse.[1] Die Ergebnisse der Beschlussfassung werden in einer Sitzungsniederschrift schriftlich festgehalten.

In § 36 BetrVG ist dem Betriebsrat durch Sollvorschrift aufgegeben, sich eine Geschäftsordnung zu geben. Der Bedeutung einer derartigen Verfahrensordnung wegen bedarf ihr Erlass der absoluten Mehrheit im Betriebsrat und der Schriftform. Der Betriebsrat muss sich bei Erlass der Geschäftsordnung im Rahmen der Bestimmungen des BetrVG halten. Er kann mit seiner Geschäftsordnung keine gesetzlichen Bestimmungen abändern, sondern sie lediglich näher ausgestalten und ergänzen.

 
Praxis-Beispiel

Gesetzliche Vorgaben für die Beschlussfassung beachten

Unzulässig wäre es, die im Gesetz vorgesehene Notwendigkeit einer absoluten Mehrheit in eine relative Mehrheit per Geschäftsordnung umzuwandeln.

Üblicherweise werden Einzelheiten über das Verfahren bei der Ladung und Durchführung von Betriebsratssitzungen, Betriebsversammlungen oder Ausschusssitzungen geregelt und Bestimmungen darüber getroffen, welche Ausschüsse gebildet und welche Aufgaben diesen Ausschüssen übertragen werden. Die Geschäftsordnung ist eine interne Regelung des Betriebsrats. Sie bindet daher weder die Arbeitnehmer des Betriebs noch den Arbeitgeber, sondern nur den Betriebsrat selbst.

Ein wiederholter bewusster Verstoß gegen die Geschäftsordnung ist als grobe Pflichtverletzung anzusehen. Als Sanktion ist nur der Ausschluss aus dem Betriebsrat nach § 23 Abs. 1 BetrVG möglich. Der Verstoß gegen die Geschäftsordnung macht die Beschlussfassung des Betriebsrats jedoch nicht unwirksam.

2 Sitzungen des Betriebsrats

Der Betriebsrat trifft seine Entscheidungen grundsätzlich als Kollegialorgan durch Beschlüsse auf einer ordnungsgemäßen Sitzung des Betriebsrats, nicht etwa auf monatlichen Besprechungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat oder auf sonstigen Zusammenkünften des Betriebsrats oder im Wege des Umlaufverfahrens.

Beschlussfassung in Zeiten der Corona-Krise

Da seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie das Zusammentreffen mehrerer Menschen nicht ohne gesundheitliches Risiko und teilweise auch rechtlich problematisch ist, hatte der Gesetzgeber, nachdem zunächst in einer Ministererklärung das elektronische Verfahren für rechtlich wirksam erklärt wurde, den § 129 BetrVG[1] geschaffen. Die Regelung war zunächst bis zum 31.12.2020 befristet, ist aber bis zum 30.6.2021 verlängert worden. Eine weitere Verlängerung erfolgte nicht. Gleichwohl ist die Vorschrift auch jetzt noch bedeutsam, u. a. für die Beurteilung von Betriebsratsbeschlüssen, die bis zum 30.6.2021 gefasst wurden. Gerade angesichts der o. g. Rechtsprechung des BAG zur fehlenden Anscheinsvollmacht des Betriebsratsvorsitzenden kann es auch nach vielen Jahren noch von Bedeutung sein, ob seinerzeit ein wirksamer Betriebsratsbeschluss gefasst wurde.[2]

Dauerregelung in § 30 Abs. 2 BetrVG

Mit Wirkung vom 14.6.2021 hat der Gesetzgeber geregelt, dass die Sitzungen des Betriebsrats zwar grundsätzlich als Präsenzsitzung stattfinden (§ 30 Abs. 1 Satz 4 BetrVG), aber gem. § 30 Abs. 2 BetrVG kann die Teilnahme an einer Betriebsratssitzung auch mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen, wenn

  • die Voraussetzungen für eine solche Teilnahme in der Geschäftsordnung unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung festgelegt sind,
  • nicht mindestens ein Viertel der Mitgliede...

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