Nach § 17 Abs. 1 MuSchG ist die Kündigung gegenüber einer Frau während ihrer Schwangerschaft und bis zum Ende der Schutzfrist[1], mindestens jedoch bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung unzulässig. Dies gilt auch bei einer Fehlgeburt nach der 12. Schwangerschaftswoche bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Fehlgeburt.

Das Kündigungsverbot gegenüber einer schwangeren Arbeitnehmerin gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG gilt auch für eine Kündigung vor der vereinbarten Tätigkeitsaufnahme. Das ergibt sich aus dem Normzweck, wonach der mit dem Kündigungsverbot bezweckte Gesundheits- und Existenzsicherungsschutz nur dann gewährleistet werden kann, wenn die Kündigung auch unzulässig ist, falls die Tätigkeit erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgenommen werden soll.[2]

Erforderlich ist nur, dass dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder die Entbindung bekannt gewesen ist oder die geschützte Frau ihm innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Kündigung dies mitgeteilt hat. Maßgebend ist dabei der Zugang der Kündigungserklärung bei der Arbeitnehmerin. Die unverschuldete Versäumung der Frist ist unschädlich, wenn die Mitteilung unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, nachgeholt wird. Kennt der Arbeitgeber bei der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung nicht, so muss die Arbeitnehmerin in jedem Fall innerhalb der 3-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG Kündigungsschutzklage erheben. Das gilt auch dann, wenn sie den Arbeitgeber nachträglich innerhalb der 2-Wochen-Frist über den besonderen Kündigungsschutz informiert hat. § 4 Satz 4 KSchG findet in diesen Fällen keine Anwendung.[3]

Die Kenntnis des Arbeitgebers muss sich nicht unbedingt aus einer Mitteilung der Arbeitnehmerin selbst ergeben, sondern kann auch auf anderen Umständen wie einem ärztlichen Attest, Information durch dritte Arbeitnehmer oder seiner eigenen Wahrnehmung beruhen.

Erhält der Arbeitgeber erst nach Ausspruch der Kündigung von der Schwangerschaft der Arbeitnehmerin Kenntnis, so ist die Kündigung dennoch unwirksam. Hält der Arbeitgeber gleichwohl an dieser unwirksamen Kündigung grundlos fest, kann bereits darin ein Verstoß gegen §§ 1, 7 AGG durch eine Benachteiligung wegen des Geschlechts liegen und der Arbeitgeber ist dann neben der Weiterbeschäftigung auch zur Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verpflichtet.

Das Kündigungsverbot beginnt ab Eintritt der Schwangerschaft. Dieser Zeitpunkt ist auch maßgebend, wenn die Schwangerschaft erst später festgestellt wurde. Für die Ermittlung des genauen Beginns der Schwangerschaft ist zunächst von dem ärztlichen Zeugnis nach § 3 Abs. 1 Satz 3 MuSchG auszugehen. Darin ist der voraussichtliche Geburtstermin angegeben. Von diesem Tag an sind 280 Tage zurückzurechnen[4], wobei der voraussichtliche Tag der Entbindung nicht mitzuzählen ist.[5]

Im Fall einer Schwangerschaft nach einer Befruchtung außerhalb des Körpers (In-vitro-Fertilisation) greift das mutterschutzrechtliche Kündigungsverbot bereits ab dem Zeitpunkt der Einsetzung der befruchteten Eizelle (sog. Embryonentransfer) und nicht erst mit ihrer erfolgreichen Einnistung (Nidation).[6]

§ 17 Abs. 1 MuSchG ist ein gesetzliches Verbot i. S. d. § 134 BGB. Eine gegen dieses Verbot verstoßende ordentliche oder außerordentliche Kündigung ist nichtig. Unzulässig sind auch Änderungskündigungen, Kündigungen im Rahmen von Massenentlassungen i. S. d. § 17 KSchG sowie Kündigungen in der Insolvenz des Arbeitgebers. § 17 Abs. 1 MuSchG verbietet nur die arbeitgeberseitige Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Die einvernehmliche Aufhebung durch Aufhebungsvertrag ist ohne die Beschränkungen des besonderen Kündigungsschutzes zulässig.

Ausnahmsweise kann die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde in besonderen Fällen die Kündigung gemäß § 17 Abs. 2 MuSchG für zulässig erklären. Diese Zustimmung muss vor dem Ausspruch der Kündigung vorliegen. Die Kündigung ist dann nicht nach dem Mutterschutzgesetz unwirksam. Die Anforderungen der jeweiligen Behörden sind in der Praxis sehr hoch; eine Kündigungszustimmung ist ein seltener Ausnahmefall.

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