2.1 Problemdarstellung

Spätestens wenn Beschäftigte es mit der privaten Nutzung der dienstlichen Arbeitsinstrumente wie Internet und E-Mail übertreiben, stellt sich für den Arbeitgeber die Frage, ob und in welchem Umfang eine Überwachung, Einsichtnahme und Beweissicherung des dienstlichen E-Mail-Accounts zulässig ist.

Die Beantwortung der Frage nach der Zulässigkeit des Vorhabens hängt maßgeblich davon ab, ob im Unternehmen die private Nutzung des E-Mail-Accounts entweder erlaubt bzw. geduldet oder andererseits verboten ist.

2.2 Rechtslage bei erlaubter oder geduldeter E-Mail-Nutzung

Ist die Nutzung des dienstlichen E-Mail-Accounts im Unternehmen entweder ausdrücklich gestattet oder zumindest geduldet, gelten nicht nur die datenschutzrechtlichen Vorschriften, sondern nach ganz überwiegender Auffassung auch die Regelungen des Telekommunikations- und Telemedien-Datenschutzgesetzes (kurz: TTDSG). Leider ist die Frage, ob der Arbeitgeber bei erlaubter oder geduldeter privater E-Mail-Nutzung als "Anbieter" einzustufen ist, der dann das Fernmeldegeheimnis zu achten hat, immer noch nicht endgültig geklärt. Zur Vermeidung etwaiger Risiken wird daher empfohlen bei erlaubter bzw. geduldeter Nutzung auch die Vorschriften des TTDSG einzuhalten.

Eine "Duldung" liegt immer dann vor, wenn im Betrieb überhaupt keine Regelung über den Umgang mit dem dienstlichen E-Mail-Account getroffen wurde. Eine Duldung kann aber auch dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer trotz Verbots den E-Mail-Account privat nutzt und dies vom Arbeitgeber weder kontrolliert noch sanktioniert wird.

2.2.1 Der Streit um die Stellung als "Anbieter"

Bereits nach "alter" Rechtslage war unklar, ob der Arbeitgeber bei erlaubter oder geduldeter privater E-Mail-Nutzung als Telekommunikationsanbieter einzustufen ist, der dann an das Fernmeldegeheimnis gebunden ist. Die deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden haben sich in der Vergangenheit (und zur alten Rechtslage nach § 88 TKG a. F.) eindeutig positioniert. In der "Orientierungshilfe der Datenschutzaufsichtsbehörden zur datenschutzgerechten Nutzung von E-Mail und anderen Internetdiensten am Arbeitsplatz"[1] führt die Datenschutzkonferenz feststellend und ohne nähere Begründung aus: "Nach Auffassung der Aufsichtsbehörden ist der Arbeitgeber in diesem Fall Telekommunikationsdienste- bzw. Telemediendienste-Anbieter."

Allerdings entschieden Gerichte in der Vergangenheit anders und hielten in diesem Kontext den Arbeitgeber gerade nicht für einen Diensteanbieter.[2]

Leider versäumte es der Gesetzgeber, diesen Streit zu beenden, sodass die Frage nach der Anwendbarkeit des Fernmeldegeheimnisses nach wie vor offen und ungeklärt ist. Demnach besteht für die Unternehmen, die sich der Auffassung anschließen, dass diese bei der Ermöglichung der privaten Nutzung von E-Mail nicht als "Anbieter von Telemedien" einzustufen sind, ein durchaus nicht geringes Risiko. Denn Verstöße gegen das Fernmeldegeheimnis stellen mitunter eine strafbare Handlung dar.

[2] So etwa das LG Erfurt, Urteil v. 28.4.2021, 1 HK O 43/20.

2.2.2 Wahrung des Fernmeldegeheimnisses

Folgt man der Auffassung der Datenschutzkonferenz, ist der Arbeitgeber bei Ermöglichung der privaten Nutzung des dienstlichen E-Mail-Accounts ein "Anbieter von Telemedien", der sich an das Fernmeldegeheimnis zu halten hat.

Das Fernmeldegeheimnis verbietet dem Arbeitgeber jegliche inhaltliche Überwachung, Überprüfung oder Einsichtnahme in den gesamten E-Mail-Verkehr, der über die dienstliche E-Mail-Adresse getätigt wurde. Da aufgrund der Erlaubnis oder Duldung der privaten E-Mail-Nutzung davon auszugehen ist, dass die Beschäftigten das dienstliche E-Mail-Postfach auch privat nutzen, greift also jedenfalls das Fernmeldegeheimnis. Dies gilt selbst dann, wenn die Beschäftigten das Postfach tatsächlich nur dienstlich und nicht privat nutzen.

Eine Kontrolle des Arbeitgebers ist folglich bei geduldeter oder erlaubter Nutzung des dienstlichen E-Mail-Accounts nicht zulässig.

Der einzige "Ausweg" aus der misslichen Situation ist die Einholung einer Einwilligungserklärung aller Beschäftigter.

2.2.3 Leitfaden zur Kontrolle des E-Mail-Accounts

Damit nun der Arbeitgeber trotz erlaubter Privatnutzung des E-Mail-Accounts Einblick in die E-Mails seiner Mitarbeiter nehmen kann, kann von allen Beschäftigten eine Einwilligung eingeholt werden.

Einwilligung der Mitarbeiter

Mit Blick auf den Anwendungsbereich des Fernmeldegeheimnisses sollten grundsätzlich alle Mitarbeiter eine individuelle Einwilligung in die Kontrolle auch ihrer privaten E-Mails unterschreiben: Eine Einwilligung durch den Empfänger der E-Mail lässt damit trotz der Anwendbarkeit des Fernmeldegeheimnisses bei Speicherung auf dem Server des Arbeitgebers die Strafbarkeit der Kontrolle entfallen. Dass diese Einwilligung keine Wirkung für den Versender der E-Mail entfaltet, ist – entgegen anderer Ansichten – ohne Belang, da für die von ihm versandte E-Mail das Fernmeldegeheimnis keine Anwendung mehr findet.

Es sollte darauf geachtet werden, dass

  • eine Betriebsvereinbarung für eine "kollektive" Einwilligung nicht ausreichend ist;
  • im Text der Einwilligung sodann auch...

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