5.3.1 Kindergeldanspruch

Wenn das Kind später eine weitere Ausbildung aufnimmt, handelt es sich immer um eine Zweitausbildung. Dies betrifft z. B. die Meisterausbildung nach mehrjähriger Berufstätigkeit aufgrund abgelegter Gesellenprüfung oder ein Masterstudium nach mehrjähriger Berufstätigkeit.

Voraussetzung: Berufsqualifizierender Abschluss

Als berufsqualifizierender Abschluss gilt auch der Abschluss eines Studiengangs, durch den die fachliche Eignung für einen beruflichen Vorbereitungsdienst oder eine berufliche Einführung vermittelt wird, wie z. B. beim juristischen Vorbereitungsdienst. Auch der Bachelorgrad ist grundsätzlich ein berufsqualifizierender Abschluss.[1]

Kein Kindergeld für berufsbegleitend Jura studierende Finanzbeamtin

Für eine nach Abschluss ihrer Ausbildung zur Diplom-Finanzwirtin mit deutlich mehr als 20 Wochenarbeitsstunden in der Finanzverwaltung arbeitende Finanzbeamtin hat deren Mutter keinen Anspruch auf Kindergeld, wenn die Tochter ein nebenberuflich betriebenes Jurastudium aufgenommen hat. Im Streitfall hat der BFH das Jurastudium in der Gesamtbetrachtung nicht als Teil einer einheitlichen Erstausbildung beurteilt, sondern ist von einer Zweitausbildung in Form einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung ausgegangen.[2]

Kein Kindergeldanspruch während Ausbildung zum Facharzt

Schließt ein Kind nach erfolgreich abgeschlossenem Medizinstudium einen Dienstvertrag mit einer Klinik, der als Vorbereitungszeit zur Erlangung der Facharztqualifikation dient, ist ein Kindergeldanspruch während dieses Dienstverhältnisses mangels Vorliegens einer Berufsausbildung ausgeschlossen. Dies gilt, wenn bei einer Gesamtbetrachtung der Erwerbscharakter und nicht der Ausbildungscharakter im Vordergrund steht.[3]

5.3.2 Werbungskostenabzug

Aufwendungen für die zweite Ausbildung sind (vorweggenommene) Werbungskosten[1], wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat. Allerdings muss eine geordnete Erstausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt worden sein.[2][3]

5.3.3 Beispiele für Zweitausbildung

Weiterführendes Studium mit Berufserfahrung als Zulassungsvoraussetzung

Nimmt ein Kind nach Abschluss einer kaufmännischen Ausbildung ein Studium auf, das eine ein- oder mehrjährige Berufstätigkeit voraussetzt, ist das Studium kein integrativer Bestandteil einer einheitlichen Ausbildung, sondern eine zweite Ausbildung.

Berufsbegleitendes Studium nach Ausbildung

Der im Anschluss an eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten erfolgte Besuch einer Fachschule für Wirtschaft neben einer Vollzeitbeschäftigung im Ausbildungsberuf ist nicht der zweite Teil einer mehraktigen Berufsausbildung, sondern als Zweitausbildung anzusehen.[1]

Ausbildung zum Bankfachwirt

Eine einheitliche Erstausbildung ist nicht mehr anzunehmen, wenn die vom Kind aufgenommene Erwerbstätigkeit bei einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse bereits die hauptsächliche Tätigkeit bildet und sich die weiteren Ausbildungsmaßnahmen als eine auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete Nebensache darstellen.[2]

Arbeit als Steuerfachangestellte und Teilzeitstudium an Fachhochschule zum Betriebswirt

Eine einheitliche Erstausbildung ist auch nicht anzunehmen, wenn ein Kind nach Erlangung eines ersten Berufsabschlusses während einer beruflichen Weiterbildung eine Erwerbstätigkeit aufnimmt, die im Vergleich zur Weiterbildung als "Hauptsache" anzusehen ist.[3]

[2] BFH, Urteil v. 21.3.2019, III R 17/18, BStBl 2019 II S. 772, Zurückverweisung an das Niedersächsische FG zwecks Tatsachenfeststellung; BFH, Urteil v. 20.2.2019, III R 42/18, BStBl 2019 II S. 769, Zurückverweisung an das FG Düsseldorf zwecks Tatsachenfeststellung.
[3] BFH, Urteil v. 11.12.2018, III R 47/17, BFH/NV 2019 S. 694, Zurückverweisung an das FG Münster zwecks Tatsachenfeststellung.

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