Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorrang der Änderungskündigung vor Beendigungskündigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Arbeitgeber muß nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung von sich aus dem Arbeitnehmer eine beiden Parteien zumutbare Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz auch zu geänderten Bedingungen anbieten. Die bisherige Rechtsprechung, nach der eine solche Pflicht des Arbeitgebers nur bei der außerordentlichen Kündigung angenommen wurde (BAG 30.5.1978 2 AZR 630/76 = BAGE 30, 309 = AP Nr 70 zu § 626 BGB) wird aufgegeben.

2a. Der Arbeitgeber muß bei den Verhandlungen mit dem Arbeitnehmer klarstellen, daß bei Ablehnung des Änderungsangebots eine Kündigung beabsichtigt ist und ihm eine Überlegungsfrist von einer Woche einräumen.

b. Dieses Angebot kann der Arbeitnehmer unter einem dem § 2 KSchG entsprechenden Vorbehalt annehmen. Der Arbeitgeber muß dann eine Änderungskündigung aussprechen.

c. Lehnt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot vorbehaltslos und endgültig ab, dann kann der Arbeitgeber eine Beendigungskündigung aussprechen.

3. Unterläßt es der Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer vor Ausspruch einer Beendigungskündigung ein mögliches und zumutbares Änderungsangebot zu unterbreiten, dann ist die Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer einem vor der Kündigung gemachten entsprechenden Vorschlag zumindest unter Vorbehalt zugestimmt hätte. Dies muß der Arbeitnehmer im Kündigungsprozeß vortragen. Hat er nach Ausspruch der Kündigung ein Änderungsangebot des Arbeitgebers abgelehnt, so bedarf es der tatrichterlichen Würdigung, ob angenommen werden kann, daß er ein entsprechendes Angebot vor Ausspruch der Kündigung unter Vorbehalt angenommen hätte.

 

Orientierungssatz

Der Senat hält zur Vermeidung von Mißverständnissen allerdings noch folgende Hinweise für geboten:

Die Ablehnung des Änderungsangebotes durch den Arbeitnehmer verwehrt diesem nur, den Arbeitgeber bei einer daraufhin ausgesprochenen Beendigungskündigung auf eine Änderungskündigung mit dem abgelehnten Inhalt zu verweisen. Sie ist jedoch darüber hinaus kein eigenständiger Grund für eine Beendigungskündigung, deren Rechtfertigung sich vielmehr aus § 1 KSchG oder § 626 BGB ergeben muß. Wie bei der außerordentlichen Kündigung ist der Arbeitnehmer zudem auch bei den ordentlichen Beendigungskündigung nicht daran gehindert. sich auf die Möglichkeit einer Änderungskündigung zu anderen als den vorgeschlagenen Bedingungen zu berufen.

 

Normenkette

BGB §§ 158-159, 626; KSchG § 1 Fassung 1968-08-25, § 2 Fassung 1969-08-25, § 7 Fassung 1969-08-25, § 8 Fassung 1969-08-25

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 02.12.1982; Aktenzeichen 8 Sa 105/82)

ArbG Hameln (Entscheidung vom 15.07.1982; Aktenzeichen 1 Ca 617/81)

 

Tatbestand

Der im Januar 1950 geborene ledige Kläger war seit dem 1. April 1965 bei dem Beklagten tätig, zuletzt als bauleitender Obermonteur mit einem Stundenlohn von 14,08 DM brutto. Im Betrieb des Beklagten werden in der Regel 15 Arbeitnehmer beschäftigt. Neben dem Kläger war noch ein zweiter bauleitender Obermonteur angestellt, der dem Betrieb drei Jahre länger als der Kläger angehört, verheiratet ist und ein Kind hat.

Mit Schreiben vom 24. Juli 1981 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 20. August 1981 mit der Begründung, konjunkturell bedingt habe sich ein weiterer Abbau des Auftragsbestandes ergeben.

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger geltend gemacht, diese Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Er hat in der Klageschrift vom 6. August 1981 vorgetragen, es seien keine dringenden betrieblichen Erfordernisse gegeben, die seiner Weiterbeschäftigung im Betrieb entgegenstünden. Gerügt werde insbesondere die soziale Auswahl, da nach seiner Einstellung weitere zehn, zum Teil ledige Facharbeiter eingestellt worden seien, denen der Beklagte nicht gekündigt habe.

In der Güteverhandlung vom 2. September 1981 hat der Beklagte dem Kläger angeboten, ihn als Monteur zu einem Stundenlohn von 11,26 DM brutto weiterzubeschäftigen. Das Arbeitsgericht hat daraufhin dem Kläger aufgegeben, umgehend zu dieser Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung Stellung zu nehmen. Mit Schriftsatz vom 21. September 1981 hat der Kläger ohne weitere Begründung mitgeteilt, er sei nicht bereit, zu diesen Bedingungen weiterbeschäftigt zu werden; der Beklagte möge nunmehr die Kündigungsgründe darlegen.

Der Beklagte hat daraufhin vorgetragen, in den letzten sechs Monaten vor Ausspruch der Kündigung habe er 14 Aufträge sowie einige Kleinaufträge ausgeführt. Im Zeitpunkt der Kündigung hätten nur sechs neue Aufträge, davon drei erst für Anfang 1982, sowie Kleinaufträge vorgelegen. Weitere Aufträge habe er nicht erhalten können. Den Kläger habe er schon vor der Kündigung wochenlang nur mit Montagearbeiten beschäftigt, für die er den Kunden nur den normalen Monteurlohn von 11,26 DM habe berechnen können. Auf die Dauer sei ihm eine solche Weiterbeschäftigung des Klägers unzumutbar gewesen.

Der Kläger hat erwidert, nicht nur er, sondern auch der andere Obermonteur habe im Rahmen von Kleinaufträgen nur einfache Monteurarbeiten ausgeführt. Kurze Zeit nach Rückkehr aus seinem Urlaub habe er gemeinsam mit dem anderen Obermonteur einen Tag auf der Baustelle Hallenbad in Hameln gearbeitet. Danach sei sein Kollege dort abgezogen und auf einer anderen Baustelle bis 27. Dezember 1981 eingesetzt worden. Er habe bis zum Kündigungstermin auf jener Baustelle gearbeitet und hätte deshalb dort noch weiterbeschäftigt werden können, nachdem ihm der Beklagte kurz nach Ausspruch der Kündigung erklärt habe, wenn er jenen Großauftrag erhalte, könne er die Kündigung zurücknehmen.

Der Kläger hat beantragt festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 24. Juli 1981 nicht aufgelöst worden ist.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat festgestellt, daß der Beklagte im Zeitpunkt der Kündigung sieben Aufträge gehabt habe, von denen nur zwei den Einsatz eines Obermonteurs erfordert hätten und nacheinander auszuführen gewesen seien. Ferner habe keine Aussicht bestanden, in absehbarer Zeit weitere Aufträge zu erhalten. Das Arbeitsgericht hat angenommen, daß deshalb ein dringendes betriebliches Erfordernis für die Entlassung eines Obermonteurs bestanden habe. Die von dem Beklagten getroffene soziale Auswahl, in die nur bauleitende Monteure, wegen fehlender Vergleichbarkeit dagegen nicht die übrigen Monteure einzubeziehen gewesen seien, sei nicht zu beanstanden.

Erstmals in seiner Berufungsbegründung vom 23. September 1982 hat der Kläger geltend gemacht, der Beklagte hätte ihn als Monteur weiterbeschäftigen können und müssen, weil, wie zwischen den Parteien im Berufungsverfahren unstreitig geworden ist, hierfür ausreichend Arbeit vorhanden gewesen sei. Zwar habe er ein entsprechendes ihm vom Beklagten erst im vorliegenden Verfahren unterbreitetes Angebot ausgeschlagen. Wäre ihm dieses jedoch im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung gemacht worden, hätte er die verschlechterten Arbeitsbedingungen angenommen. Da für die Frage der Sozialwidrigkeit einer Kündigung auf den Zeitpunkt ihres Ausspruchs abzustellen sei, hätte ihm der Beklagte anstelle einer Beendigungskündigung eine Änderungskündigung als die mildere Maßnahme aussprechen müssen. Es wäre dann seine Sache gewesen zu entscheiden, ob er die Änderungskündigung endgültig oder unter Vorbehalt annehme. Diese Wahlmöglichkeit habe ihm der Beklagte genommen, weil er ihm die Weiterbeschäftigung als Monteur erst nach Klageerhebung angeboten habe.

Der Beklagte hat erwidert, der Einwand des Klägers, er hätte ein ihm bei Ausspruch der Kündigung unterbreitetes Angebot, ihn als Monteur weiterzubeschäftigen, angenommen, stelle nur eine hypothetische, rechtlich unerhebliche Behauptung dar. Auch bestreite er ihre Ernsthaftigkeit. Aus der Ablehnung des Angebots im Verfahren könne nur gefolgert werden, daß ihm allein an einer Weiterbeschäftigung in seiner bisherigen Funktion gelegen gewesen sei.

Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben.

Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts.

A.

Das Berufungsgericht hat die Kündigung des Beklagten für sozial ungerechtfertigt angesehen. Es hat angenommen, nach der Auftragslage zum Zeitpunkt der Kündigung im Betrieb des Beklagten sei zwar nur die Beschäftigung eines Obermonteurs erforderlich gewesen. Dennoch sei die dem Kläger ausgesprochene Beendigungskündigung nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei der Arbeitgeber auch dann, wenn ein anderer freier Arbeitsplatz wegen wesentlich schlechterer Arbeitsbedingungen nicht vergleichbar sei, verpflichtet, den Arbeitnehmer zu versetzen, wenn er sich vor oder unmittelbar nach der Kündigung mit diesen Arbeitsbedingungen einverstanden erkläre. Darüber hinaus sei der Arbeitgeber nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehalten, anstelle einer Beendigungskündigung eine Änderungskündigung auszusprechen, wenn er den Arbeitnehmer auf einem vergleichbaren freien Arbeitsplatz zu geänderten, für den Arbeitnehmer ungünstigeren Bedingungen weiterbeschäftigen könne. Vergleichbar sei ein Arbeitsplatz, der dem Arbeitnehmer im Hinblick auf die Art der Tätigkeit sowie die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zugemutet werden könne. Deshalb hätte im vorliegenden Fall der Beklagte dem Kläger eine Änderungskündigung aussprechen und ihm die Weiterbeschäftigung als Monteur zu den tariflichen Bedingungen anbieten müssen. Im Betrieb sei im Zeitpunkt der Kündigung eine Monteurstelle frei gewesen. Diese sei mit derjenigen eines Obermonteurs vergleichbar, weil der Monteur für Montagearbeiten dieselben fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten benötige wie ein bauleitender Obermonteur, dem nur noch zusätzlich Leitungs- und Weisungsbefugnisse übertragen seien. Es sei für die Entscheidung unerheblich, daß der Kläger in der Güteverhandlung ein solches Angebot des Beklagten abgelehnt habe, weil für die Beurteilung der Sozialwidrigkeit der Kündigung die Verhältnisse im Zeitpunkt ihres Zugangs maßgebend seien. Aus diesem Grund könne auch offenbleiben, ob der Kläger ein entsprechendes, ihm vor oder bei Ausspruch der Kündigung unterbreitetes Änderungsangebot angenommen hätte.

B.

Diesen Ausführungen des Berufungsgerichts kann im Ergebnis nicht und in der Begründung nur zum Teil gefolgt werden.

I.

Das Berufungsgericht hat aufgrund der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme festgestellt, daß im Betrieb des Beklagten zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung lediglich sieben Aufträge vorgelegen hatten und deshalb nur noch Beschäftigung für einen bauleitenden Obermonteur vorhanden war. Diese tatsächlichen Feststellungen sind für den Senat gemäß § 561 Abs. 2 ZPO bindend, weil sie der Kläger mit Verfahrensrügen, die ihm auch als Revisionsbeklagten offenständen, nicht angegriffen hat.

II.

Das Berufungsgericht ist weiter zutreffend davon ausgegangen, der Wegfall der bisherigen Beschäftigungsmöglichkeit für einen Arbeitnehmer stelle noch nicht ohne weiteres ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG für eine ordentliche Kündigung dar. Die betrieblichen Erfordernisse müssen vielmehr „dringend” sein, d. h. eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Diese weitere Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der bei Ausspruch der Kündigung bestehenden betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen, technischer, organisatorischer oder wirtschaftlicher Art als durch eine (Beendigungs-) Kündigung zu entsprechen (Urteil des Senats vom 7. Dezember 1978 - 2 AZR 155/77 - BAG 31, 158, 161 = AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG Urteil vom 17. Oktober 1980 - 7 AZR 675/78 - AP Nr. 10 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Da die Kündigung wegen der betrieblichen Lage „unvermeidbar” sein muß (BAG, aaO), wird durch das Merkmal der „Dringlichkeit” der betrieblichen Erfordernisse der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (ultima-ratio-Prinzip) für den Bereich der betriebsbedingten Kündigung konkretisiert (KR-Becker, 2. Aufl., § 1 KSchG Rz 144).

Das Landesarbeitsgericht hat demgemäß im Ausgangspunkt zu Recht geprüft, ob es dem Beklagten möglich gewesen ist, den in seinem bisherigen Arbeitsgebiet als „Obermonteur” entbehrlich gewordenen Kläger anderweitig in seinem Betrieb einzusetzen (Urteil des Senats vom 13. September 1973, BAG 25, 278, 282 = AP Nr. 2 zu § 1 KSchG 1969). Es hat aber entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts darauf abgestellt, der Kläger hätte unter Ausspruch einer Änderungskündigung auf einem freien Arbeitsplatz als Monteur weiterbeschäftigt werden können und müssen, obwohl er sich dazu weder vor noch unmittelbar nach Ausspruch der Kündigung bereit erklärt hat. Bei der weitergehenden Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit hat es im übrigen verkannt, daß es insoweit um neu entwickelte Rechtsgrundsätze geht, die noch nicht auf einen bereits abgeschlossenen Kündigungssachverhalt angewendet werden können und zudem die zunächst vom Kläger erklärte Ablehnung, zu geänderten Arbeitsbedingungen als Monteur tätig zu werden, nicht unerheblich ist.

Im einzelnen gilt folgendes:

1. Auch die Möglichkeit, den Arbeitnehmer, der in seinem bisherigen Arbeitsgebiet entbehrlich geworden ist, nach einer Änderung der Arbeitsbedingungen auf einen anderen freien Arbeitsplatz zu versetzen, gehört zwar grundsätzlich zu den Tatbeständen, die auch dann, wenn der Betriebsrat der Kündigung aus diesem Grund nicht widersprochen hat, ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Beendigungskündigung ausschließen können (Urteil des Senats vom 13. September 1973, aaO).

a) Der erkennende Senat hat in diesem Urteil jedoch für die Weiterbeschäftigung zu für den Arbeitnehmer schlechteren Arbeitsbedingungen den Vorbehalt gemacht, der Arbeitgeber sei dazu „zumindest dann” verpflichtet, wenn der Arbeitnehmer vor oder unmittelbar nach Ausspruch der Kündigung zu erkennen gebe, daß er bereit sei, einen anderen Arbeitsplatz auch zu schlechteren Bedingungen zu übernehmen.

b) Diese Begründung hätte es zwar an sich nicht ausgeschlossen, auch in anderen Fällen (z.B. bei einer erst später erklärten Bereitschaft des Arbeitnehmers) die mögliche Weiterbeschäftigung zu schlechteren Bedingungen als besonderen Grund für die Sozialwidrigkeit einer Kündigung anzuerkennen. Das gilt auch deswegen, weil der Senat in dieser Entscheidung nicht geklärt hat, in welchem Verhältnis die erörterte Versetzungsmöglichkeit zu dem grundsätzlichen „Vorrang” der Änderungs- vor der Beendigungskündigung steht und unter welchen Voraussetzungen (Initiative durch Arbeitgeber oder Arbeitnehmer) es auf die Bereitschaft des Arbeitnehmers ankommt, eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen hinzunehmen.

In der weiteren Rechtsprechung des erkennenden Senats und auch des Siebten Senats ist die Möglichkeit, den Arbeitnehmer zu geänderten (schlechteren) Bedingungen einzusetzen, aber nur dann berücksichtigt worden, wenn der Arbeitnehmer eine entsprechende Bereitschaft vor oder in unmittelbarem Anschluß an die Kündigung verlautbart hatte. Diese Einschränkung liegt bereits dem Urteil des erkennenden Senats vom 3. Februar 1977 - 2 AZR 476/75 - (AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung) zugrunde. Der Senat hat schon damals „im Grundsatz” gefordert, der Arbeitnehmer müsse sich vor oder unmittelbar nach Ausspruch der Kündigung zu einer Weiterbeschäftigung „mit anderen Arbeitsbedingungen” bereit erklärt haben, und davon nur dann eine Ausnahme zugelassen, wenn der Arbeitgeber die Kündigung erst im Verlauf des Kündigungsschutzprozesses auf betriebsbedingte Gründe gestützt hat.

An diesem Verständnis der Ausgangsentscheidung vom 13. September 1973 (aaO) haben die Kündigungssenate auch später in ständiger Rechtsprechung festgehalten und die vor oder unmittelbar nach der Kündigung erklärte Bereitschaft des Arbeitnehmers zur Voraussetzung für die Weiterbeschäftigung zu „ungünstigeren Bedingungen” erhoben (vgl. z.B. Urteil vom 18. Juli 1978 - 2 AZR 748/76 - n.v.; Urteil vom 19. April 1979 - 2 AZR 425/77 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 11; Urteil vom 9. November 1979 - 7 AZR 933/77 - n.v.; Urteil vom 6. August 1981 - 2 AZR 381/79 - n.v.). In diesem Sinne hat überwiegend auch das Schrifttum die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verstanden und ihr zugestimmt (vgl. Beitzke, SAE 1979, 49, unter III – mit teilweise abweichender Begründung –; Bleistein/Matthes, Einstellung, Urlaub, Krankheit, Kündigung, 1981, Rz 1102; Hueck, Anm. zu AP Nr. 2 zu § 1 KSchG 1969, unter 4 sowie zu AP Nr. 70 zu § 626 BGB, unter 2; derselbe in KSchG, 10. Aufl., § 1 Rz 115 a; KR-Becker, 2. Aufl., § 1 KSchG Rz 308; Knorr/Bichlmeier/Kremhelmer, Die Kündigung und andere Möglichkeiten zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen, 1984, 153/154, 211, 239; Stahlhacke, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 4. Aufl., Rz 506).

c) In dem Grundsatzurteil vom 30. Mai 1978 (BAG 30, 309 = AP Nr. 70 zu § 626 BGB) hat der erkennende Senat allerdings dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Bereich der außerordentlichen Kündigung eine weitergehende Bedeutung zuerkannt. Er hat insoweit erwogen, ob der Arbeitgeber nicht nur bei einer außerordentlichen betriebsbedingten (vgl. dazu das Urteil vom 25. März 1976 - 2 AZR 127/75 - AP Nr. 10 zu § 626 BGB Ausschlußfrist), sondern auch bei einer außerordentlichen personen- oder verhaltensbedingten Beendigungskündigung dem Arbeitnehmer von sich aus eine mögliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anbieten müsse.

Bei einer ordentlichen Kündigung soll nach dieser Entscheidung eine solche Verpflichtung des Arbeitgebers hingegen nicht bestehen, sondern die Möglichkeit, den Arbeitnehmer zu schlechteren Bedingungen auf einem anderen Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen, nur dann zu berücksichtigen sein, wenn sich der Arbeitnehmer hierzu in unmittelbarem Anschluß an die Kündigung bereit erklärt hat. Diese Differenzierung zwischen der außerordentlichen und der ordentlichen Kündigung hat der Senat nach seiner weiteren Begründung aus den unterschiedlichen Voraussetzungen der beiden Gestaltungsrechte abzuleiten versucht.

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze hätte das Berufungsgericht die Kündigung des Beklagten für sozial gerechtfertigt ansehen und die Klage abweisen müssen, weil im Zeitpunkt ihres Ausspruchs für den Kläger nur ein freier Arbeitsplatz zu schlechteren Arbeitsbedingungen zur Verfügung stand, der Kläger sich aber erstmals in der Berufungsinstanz bereit erklärt hatte, zu diesen Bedingungen weiterzuarbeiten.

Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts betrifft die bisherige Rechtsprechung nicht nur Tatbestände, in denen die Weiterbeschäftigung nur zu „wesentlich schlechteren Arbeitsbedingungen” möglich ist. Sie bezieht sich vielmehr auf alle Fallgestaltungen, bei denen eine anderweitige Beschäftigung nur aufgrund einer Änderung der bisherigen Arbeitsbedingungen in Betracht kommt. Immer dann ist der bisherige Arbeitsplatz nicht mit dem verfügbaren „vergleichbar”. Damit scheidet die Möglichkeit aus, vorliegend den Beklagten ohne Änderung der bisherigen Rechtsprechung aufgrund des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf die an sich mögliche Weiterbeschäftigung des Klägers als Monteur zu verweisen.

Der Kläger kann dann die Sozialwidrigkeit der „an sich” wegen der fehlenden Einsatzmöglichkeit für zwei bauleitende Obermonteure betriebsbedingten Kündigung auch nicht mit einer fehlerhaften sozialen Auswahl (§ 1 Abs. 3 KSchG) begründen. Der als Obermonteur weiterbeschäftigte Kollege des Klägers ist vielmehr unstreitig sowohl hinsichtlich seines Familienstandes als auch wegen seiner längeren Betriebszugehörigkeit schutzbedürftiger als der Kläger.

3. Bei dieser der bisherigen Rechtslage entsprechenden Würdigung, die bereits das Arbeitsgericht vorgenommen hat, muß es aus rechtsstaatlichen Gründen verbleiben, obwohl der Senat im Grundsatz mit dem Landesarbeitsgericht darin übereinstimmt, daß der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durch die bisherige Rechtsprechung im Bereich der ordentlichen Kündigung nur unvollkommen verwirklicht wird. Bei der gebotenen entsprechenden Anwendung der vom Senat in den Urteilen vom 25. März 1976 (aaO) und vom 30. Mai 1978 (aaO) für die außerordentliche Kündigung entwickelten bzw. erwogenen Grundsätze ist der Arbeitgeber auch vor einer ordentlichen Kündigung regelmäßig verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine für beide Seiten zumutbare Beschäftigung – auch zu für diesen ungünstigeren Bedingungen – anzubieten. Die Rechtsfolgen eines solchen Angebotes oder einer unterlassenen Initiative des Arbeitgebers richten sich allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts danach, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot zumindest unter Vorbehalt angenommen hat oder, wenn der Arbeitgeber einen solchen Vorschlag nicht gemacht hat, ob er mit der Änderung einverstanden gewesen wäre.

Im einzelnen gilt folgendes:

a) Der Senat bejaht zunächst ausdrücklich die im Urteil vom 30. Mai 1978 (aaO) noch offengelassene Frage, ob der Arbeitgeber auch vor einer außerordentlichen Kündigung, die auf personen- oder verhaltensbedingte Gründe gestützt werden soll, dem Arbeitnehmer von sich aus einen anderen ihm zumutbaren freien Arbeitsplatz anbieten muß. Für eine unterschiedliche Wertung nach diesen allgemeinen Kategorien der Kündigungsgründe gibt es keine sachlichen Gesichtspunkte. Der Senat hat bereits in dem Urteil vom 30. Mai 1978 (aaO, unter III 2 c der Gründe) darauf hingewiesen, die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung auch bei einer außerordentlichen Kündigung sei in aller Regel dann zu prüfen, wenn das Hindernis, das der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Inhalt entgegenstehe, es nicht zugleich ausschließe, den Arbeitnehmer zu anderen Bedingungen weiterzubeschäftigen. Das gilt nicht nur für die betriebsbedingten, sondern auch für die sonstigen Gründe, weil es nicht von deren systematischer Einordnung, sondern von dem konkreten Kündigungsgrund abhängt, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auch auf einem anderen Arbeitsplatz zu geänderten Bedingungen zumutbar ist (so zutreffend Hueck, Anm. zu AP Nr. 70 zu § 626 BGB, unter 2 a; Käppler, Anm. zu EzA § 626 BGB n.F. Nr. 66, unter II 1 b; KR-Hillebrecht, 2. Aufl., § 626 BGB Rz 196). Diese Ansicht hat der Senat im Ergebnis auch schon für die ordentliche Kündigung in dem Urteil vom 22. Juli 1982 - 2 AZR 30/81 - (AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung, zu III 4 a der Gründe, m. Anm. v. Otto) vertreten. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß dem Arbeitgeber bei verschuldeten erheblichen Vertragsverletzungen eine Weiterbeschäftigung zu anderen Bedingungen nur selten zumutbar sein wird (vgl. Otto, aaO). Das schränkt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in diesem Bereich aber nur ein, ohne ihn auszuschließen.

b) Die in dem Urteil vom 30. Mai 1978 angeführten Gründe für eine Differenzierung zwischen außerordentlicher und ordentlicher Kündigung hält der Senat nach erneuter Prüfung im Anschluß an kritische Stellungnahmen im Schrifttum (Käppler, aaO; Herschel, Anm. zu EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 11; Hillebrecht VAA 1983, 79, 99 bis 100) und aufgrund der vom Siebten Senat geäußerten Bedenken (Urteil vom 27. August 1982 - 7 AZR 195/80 - n.v.) nicht mehr für überzeugend.

Der Senat hat für die Frage, wer die „Initiativlast” für eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen trägt, zum einen darauf abgestellt, bei einer außerordentlichen Kündigung gehe es „im Grundsatz” nur um eine vorübergehende, bei einer ordentlichen Kündigung dagegen um eine unbefristete Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen. Das trifft jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht zu. Die Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu den bisherigen Bedingungen führt nicht notwendig auch zur Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen lediglich für diesen begrenzten Zeitraum. Dies hängt vielmehr wiederum von der Art und Schwere des konkreten Kündigungsgrundes und der Art der in Betracht kommenden Ersatzbeschäftigung ab. Es geht nicht vorwiegend um die Alternative zwischen einer außerordentlichen Kündigung oder einer außerordentlichen Änderungskündigung in Verbindung mit ordentlicher Beendigungskündigung; das ist nur der Fall, wenn dem Arbeitgeber auch die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu geänderten Bedingungen lediglich für die Dauer der Kündigungsfrist möglich und zumutbar ist (vgl. hierzu das Urteil vom 30. Mai 1978, aaO, unter III 3 b der Gründe). In der Praxis, insbesondere bei betriebsbedingten Kündigungen, wird dies verhältnismäßig selten vorkommen, weil eine vorübergehende tragbare anderweitige Beschäftigung vielfach auch auf Dauer zumutbar ist (so auch Käppler, aaO, unter II 2 b).

Aber auch die weitere Begründung des Senats, der unterschiedliche Prüfungsmaßstab bei der außerordentlichen Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB und der ordentlichen Kündigung nach § 1 KSchG kann die Differenzierung der „Initiativlast” nicht rechtfertigen. Da der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit materiell sowohl das außerordentliche als auch das ordentliche Kündigungsrecht des Arbeitgebers einschränkt, wenn bereits durch ein milderes Mittel die Störung des Arbeitsverhältnisses beseitigt werden kann, ist er auch unabhängig von den unterschiedlichen Anforderungen an die sachliche Rechtfertigung der beiden Kündigungsarten anzuwenden (so zutreffend Käppler, aaO).

Die „Initiativlast” kann auch nicht aus Gründen der Sachnähe unterschiedlich verteilt werden. Da dem Arbeitnehmer auch bei einer ordentlichen Kündigung die Kündigungsabsicht zumeist nicht schon vor, sondern erst mit Ausspruch der Kündigung bekanntwerden wird, muß die Initiative zur Vertragsänderung vor der ordentlichen Kündigung ebenso wie vor der fristlosen Entlassung vom Arbeitgeber ausgehen.

c) Für die ordentliche wie für die außerordentliche Kündigung ergeben sich damit aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgende Konsequenzen:

aa) Die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einem anderen Arbeitsplatz zu geänderten Arbeitsbedingungen muß sowohl dem Arbeitgeber als auch dem Arbeitnehmer objektiv möglich und zumutbar sein (vgl. zur Zumutbarkeit für den Arbeitgeber die vorstehenden Ausführungen unter B II 3 a).

Das setzt auf Seiten des Arbeitnehmers nicht nur voraus, daß er über die hierfür objektiv erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt. Die neue Tätigkeit muß für ihn auch nach den sonstigen Voraussetzungen für ihre Ausübung sowie nach ihrem sozialen und wirtschaftlichen Status vom Standpunkt eines objektiv urteilenden Arbeitgebers gesehen in Betracht kommen. Unzumutbarkeit kann insbesondere dann vorliegen, wenn die neue Tätigkeit eine erheblich geringere Qualifikation erfordert und auch entsprechend niedriger vergütet wird als die bisher ausgeübte (vgl. dazu Hillebrecht, aaO, S. 100). Als Anhaltspunkte für die Zumutbarkeit einer anderweitigen Beschäftigung können im übrigen die Kriterien dienen, nach denen gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 2 a AFG und der hierzu erlassenen Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit (Zumutbarkeitsanordnung) vom 16. März 1982 (ANBA S.523) die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung beurteilt wird, zu deren Übernahme ein Arbeitsloser bereit sein muß, um der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stehen. Weitere Ausführungen zur Frage der Zumutbarkeit sind vorliegend entbehrlich, weil nach dem Angebot des Beklagten im Gütetermin und dem Vortrag des Klägers in der Berufungsbegründung ein Einsatz des Klägers als Monteur beiden Parteien zumutbar gewesen wäre.

bb) Der Senat hält weiter an der in dem Urteil vom 30. Mai 1978 (aaO, zu III 3 b der Gründe) vertretenen Ansicht fest, daß die Notwendigkeit, statt einer Beendigungskündigung eine Änderungskündigung auszusprechen, vom Ergebnis der vom Arbeitgeber einzuleitenden Verhandlungen mit dem Arbeitnehmer abhängt.

Soweit eine Änderung der Arbeitsbedingungen nicht durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt ist, kann er sie ohne Änderungskündigung nur im Einverständnis mit dem Arbeitnehmer herbeiführen. Dieses Konsensprinzip liegt auch dem § 1 Abs. 2 Satz 3 KSchG zugrunde. Danach ist die Kündigung, sofern eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Betriebsrat deswegen widerspricht, nur unter der weiteren Voraussetzung sozial ungerechtfertigt, daß der Arbeitnehmer zur Änderung sein Einverständnis erklärt hat; die (vorherige) Einverständniserklärung des Arbeitnehmers ist bereits Wirksamkeitsvoraussetzung für den Widerspruch des Betriebsrats (Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 102 Rz 146; Hueck, KSchG, 10. Aufl., § 1 Rz 145; jeweils m.w.N.). Insoweit wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durch das Konsens-Prinzip eingeschränkt (Herschel/Löwisch, KSchG, 6. Aufl., § 1 Rz 183). Der Arbeitgeber muß dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer Kündigung keine Arbeitsbedingungen anbieten, die der Arbeitnehmer ohne Vorbehalt und endgültig ablehnt.

Zur Vermeidung von Mißverständnissen sind allerdings noch folgende Hinweise geboten: Die Ablehnung des Änderungsangebotes durch den Arbeitnehmer verwehrt diesem nur, den Arbeitgeber bei einer daraufhin ausgesprochenen Beendigungskündigung auf eine Änderungskündigung mit dem abgelehnten Inhalt zu verweisen. Sie ist jedoch darüber hinaus kein eigenständiger Grund für die Beendigungskündigung, deren Rechtfertigung sich vielmehr aus § 1 KSchG oder § 626 BGB ergeben muß. Wie bei der außerordentlichen Kündigung (vgl. dazu das Urteil des Senats vom 30. Mai 1978, aaO, zu III 3 b der Gründe) ist der Arbeitnehmer zudem auch bei der ordentlichen Beendigungskündigung nicht daran gehindert, sich auf die Möglichkeit einer Änderungskündigung zu anderen als den vorgeschlagenen Bedingungen zu berufen.

cc) Ein klärendes Gespräch vor Ausspruch der Kündigung wäre nur dann entbehrlich bzw. zur Verwirklichung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ungeeignet, wenn der Arbeitnehmer vor Ausspruch einer Kündigung ein Änderungsangebot des Arbeitgebers noch nicht unter Vorbehalt annehmen könnte. Wie der Siebte Senat in dem bereits erwähnten Urteil vom 27. August 1982 - 7 AZR 195/80 - zutreffend ausgeführt hat, will § 2 KSchG dem Arbeitnehmer die Möglichkeit sichern, ohne Risiko für den Bestand seines Arbeitsverhältnisses die soziale Rechtfertigung einer ihm angesonnenen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen gerichtlich überprüfen zu lassen. Die Möglichkeit würde ihm genommen, wenn er ein ihm vor Ausspruch der Kündigung unterbreitetes Änderungsangebot nur vorbehaltlos annehmen könnte. Das trifft jedoch nicht zu.

Der Arbeitgeber kann das Änderungsangebot bereits vor Ausspruch einer Änderungskündigung nach § 2 KSchG abgeben. Da eine Änderungskündigung wie jede Kündigung eindeutig und unmißverständlich den Willen des Kündigenden erkennen lassen muß, das Arbeitsverhältnis – hier für den Fall der Ablehnung der Vertragsänderung – zu beenden, muß das Änderungsangebot allerdings bereits unmißverständlich und vollständig die neuen Vertragsbedingungen enthalten. Ferner muß der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung klarstellen, daß er das Vertragsangebot aufrechterhält (vgl. KR-Rost, 2. Aufl., § 2 KSchG Rz 10, 18). Dieses Änderungsangebot kann der Arbeitnehmer unter dem Vorbehalt des § 2 Satz 1 KSchG annehmen. Damit wird ihm, wie sich aus den in § 8 und § 7 Halbs. 2 KSchG angeordneten Rechtsfolgen ergibt, das Recht eingeräumt, das Angebot des Arbeitgebers unter der auflösenden Bedingung anzunehmen, daß die Sozialwidrigkeit der Änderung festgestellt wird. Tritt diese Bedingung ein, dann muß der Arbeitgeber den Arbeitnehmer gemäß § 159 BGB so stellen, wie er stünde, wenn er von vornherein zu den bisherigen Bedingungen weitergearbeitet hätte. Der Vorbehalt hat somit nicht nur prozessualen Charakter, sondern stellt eine privatrechtsgestaltende Willenserklärung dar, die kraft Gesetzes dem Arbeitnehmer das Recht einräumt, abweichend von § 150 Abs. 2 BGB ein Vertragsangebot unter einer Bedingung anzunehmen (vgl. Herschel/Löwisch, aaO, § 2 Rz 15, § 8 Rz 3; Hueck, aaO, § 2 Rz 27 b; KR-Rost, aaO, § 2 KSchG Rz 4, 14, 18, 57; jeweils m.w.N.; a.M.: Adomeit, DB 1969, 2179, 2180; Becker-Schaffner, BlStSozArbR 1975, 275; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 5. Aufl., § 137 II 2, S. 842).

Ebenso wie es vor der in den §§ 2, 8 KSchG getroffenen Regelung nach vertragsrechtlichen Grundsätzen möglich war, dem Vertragspartner das Recht einzuräumen, das mit einer Kündigung verbundene Änderungsangebot unter der auflösenden Bedingung der Feststellung der Sozialwidrigkeit der neuen Bedingungen anzunehmen, kann dem Vertragspartner gestattet werden, vor Ausspruch der Änderungskündigung das Änderungsangebot neben dem Vorbehalt nach § 2 KSchG unter der (weiteren) aufschiebenden Bedingung des Ausspruchs dieser Kündigung anzunehmen. Zu dieser rechtlich möglichen Gestaltung ist der Arbeitgeber nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichtet, um dadurch dem Arbeitnehmer gegen die auf die Annahme unter Vorbehalt folgende Änderungskündigung die Rechte aus § 2 KSchG zu erhalten (a.M. Kempff, DB 1978, 1400, 1401). Auch im betriebsverfassungsrechtlichen Schrifttum (vgl. Dietz/Richardi, aaO, § 102 Rz 146; Fitting/Auffarth/Kaiser, BetrVG, 14. Aufl., § 102 Rz 18; Löwisch in Herschel/Löwisch, aaO, § 1 Rz 189 unter Aufgabe seiner bisherigen entgegengesetzten Meinung in Galperin/Löwisch, BetrVG, 5. Aufl., § 102 Rz 77; KR-Etzel, aaO, § 102 BetrVG Rz 173; ebenso Hueck, aaO, § 1 Rz 155; a.M.: Kammann/Hess/Schlochauer, BetrVG, § 102 Rz 127; GK-Kraft, § 102 BetrVG Rz 70; vgl. ferner die bei Dietz/Richardi, aaO, angeführten Autoren) wird für den Geltungsbereich des § 1 Abs. 2 Satz 3 KSchG überwiegend das Recht des Arbeitnehmers anerkannt, das für einen wirksamen Widerspruch des Betriebsrats erforderliche vorherige Einverständnis mit geänderten Arbeitsbedingungen auch unter Vorbehalt zu erklären.

dd) Eine vor Ausspruch der Kündigung erklärte Annahme der Kündigung unter Vorbehalt ist schließlich auch mit der Schutzfunktion des § 2 KSchG zu vereinbaren.

Der erforderliche Zusammenhang zwischen Kündigung und Änderungsangebot dient dem Schutz des Arbeitnehmers. Ferner soll dem Arbeitnehmer durch die in § 2 Satz 2 KSchG getroffene Regelung über den Zeitpunkt der Vorbehaltserklärung eine Überlegungsfrist eingeräumt werden (KR-Rost, aaO, § 2 KSchG Rz 23 und 25). Der Schutzzweck des § 2 KSchG gebietet es deshalb zum einen, daß der Arbeitgeber ein eindeutiges und vollständiges Änderungsangebot unterbreitet und klarstellt, damit solle, notfalls durch eine Änderungskündigung, eine sonst erforderliche Beendigungskündigung vermieden werden. Ein Änderungsangebot ohne den damit verbundenen Hinweis, daß der Bestand des Arbeitsverhältnisses auf dem Spiel steht, rechtfertigt im Fall der Ablehnung nicht bereits den Ausspruch einer Beendigungskündigung. Um den Arbeitnehmer vor einer übereilten Entscheidung zu schützen, muß ihm ferner eine Überlegungsfrist zugebilligt werden. Sie ist auf eine Woche zu bemessen, weil der Arbeitnehmer auch bei einer vom Betriebsrat angeregten Änderung des Vertrages (§ 1 Abs. 2 Satz 3 KSchG) mit Rücksicht auf die dem Betriebsrat eingeräumte Wochenfrist (§ 102 Abs. 2 BetrVG) innerhalb dieses Zeitraumes seine Entscheidung treffen muß.

d) Diese für die ordentliche wie für die außerordentliche Kündigung vereinheitlichten Grundsätze müssen für die Fälle ergänzt werden, in denen, wie vorliegend, der Arbeitgeber die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen nicht geprüft und mit dem Arbeitnehmer nicht erörtert hat.

aa) Wie der Senat in den Urteilen vom 3. Februar 1977 (aaO, unter II 1 der Gründe) und vom 30. Mai 1978 (aaO, unter III 3 a der Gründe) entschieden hat, ist eine ordentliche oder außerordentliche Beendigungskündigung nicht schon deshalb unwirksam, weil der Arbeitgeber eine Versetzungsmöglichkeit nicht geprüft hat. Entscheidend ist vielmehr, ob die Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz tatsächlich möglich war. Demgemäß ist auch eine außerordentliche oder ordentliche Beendigungskündigung nicht allein deshalb unwirksam, weil der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen angeboten hat. Vielmehr ist auch hier darauf abzustellen, ob die sachlichen Voraussetzungen für ein Änderungsangebot vorgelegen haben. Somit muß die anderweitige Beschäftigung des Arbeitnehmers objektiv möglich und beiden Vertragspartnern zumutbar gewesen sein. Die anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit hängt zudem weiter von dem zumindest unter Vorbehalt erklärten Einverständnis des Arbeitnehmers ab. Unterbleibt ein Änderungsangebot, muß demgemäß neben den objektiv feststellbaren Voraussetzungen auch geprüft werden, ob der Arbeitnehmer ein Einverständnis unter Vorbehalt erklärt hätte (so zutreffend Herschel/Löwisch, aaO, § 1 Rz 189). Es handelt sich insoweit zwar um die Feststellung eines hypothetischen Geschehensablaufs. Sie ist jedoch erforderlich, weil sonst ein Tatbestandsmerkmal für die Verpflichtung des Arbeitgebers zum Ausspruch einer Änderungskündigung nicht erfüllt wäre. Auf die hypothetische Bereitschaft des Arbeitnehmers, ein vor Ausspruch der Kündigung unterbreitetes Änderungsangebot zumindest unter Vorbehalt anzunehmen, ist auch dann abzustellen, wenn der Arbeitnehmer zwar das tatsächlich erfolgte Angebot abgelehnt hat, er den Arbeitgeber aber später auf ein anderes, ihm zumutbares Angebot verweist.

bb) Für die Darlegungs- und Beweislast gilt in Fällen dieser Art folgendes:

Wie der Senat in dem Urteil vom 3. Februar 1977 (aaO, zu II 2 der Gründe) ausgesprochen hat, trifft die Darlegungslast dafür, daß eine Kündigung wegen Wegfalls des bisherigen Arbeitsplatzes durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, ohne daß eine andere Beschäftigung möglich oder zumutbar wäre, gemäß § 1 Abs. 2 letzter Satz KSchG den Arbeitgeber. Jedoch ist der Umfang seiner Darlegungslast davon abhängig, wie sich der Arbeitnehmer auf die Begründung der Kündigung einläßt. Bestreitet er nur den Wegfall des Arbeitsplatzes, so genügt der allgemeine Vortrag des Arbeitgebers, wegen der betrieblichen Notwendigkeit sei eine Weiterbeschäftigung zu gleichen Bedingungen nicht möglich. Es obliegt dann dem Arbeitnehmer darzulegen, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, falls sein bisheriger Arbeitsplatz tatsächlich weggefallen sein sollte. Erst dann muß der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine Umsetzung nicht möglich gewesen wäre.

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist in einem Prozeß über eine betriebsbedingte Kündigung auch auf die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen erst einzugehen, wenn sich aus dem Vortrag des Arbeitnehmers im Prozeß ergibt, an welche Art der anderweitigen Beschäftigung er denkt. Dabei enthält der Hinweis des Arbeitnehmers auf eine solche Beschäftigungsmöglichkeit regelmäßig auch zugleich den Vortrag, er sei mit der damit verbundenen Änderung der Arbeitsbedingungen zumindest unter Vorbehalt einverstanden. Dann ist es Sache des Arbeitgebers, auch die Umstände darzulegen, aus denen sich ergibt, daß der Arbeitnehmer ein früheres Änderungsangebot nicht angenommen hätte und deswegen die vom Kläger später ausgesprochene Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei einer früheren Erörterung nicht erwogen zu werden brauchte. Im Hinblick auf diese prozessuale Darlegungslast erweist sich die bisherige Ansicht des Senats, der Arbeitnehmer müsse sich jedenfalls nach Ausspruch der Kündigung mit den neuen Bedingungen einverstanden erklären, im Ergebnis als zutreffend. Es geht insoweit jedoch nicht mehr um die systemwidrige Berücksichtigung einer erst nach Ausspruch der Kündigung eingetretenen Tatsache (vgl. die zutreffende Kritik von Berkowsky, Die betriebsbedingte Kündigung, Rz 139), sondern nur um ein Indiz dafür, wie der Arbeitnehmer sich auf ein früheres Angebot eingelassen hätte. Deswegen kommt es entgegen der bisherigen Rechtsprechung auch grundsätzlich nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer seine Bereitschaft unverzüglich nach Ausspruch der Kündigung oder erst später im Laufe des Prozesses erklärt.

Fehlt es an einem Änderungsangebot vor Ausspruch der Kündigung, dann verhält sich der Arbeitnehmer im Prozeß widersprüchlich, wenn er zunächst ein ihm nach Ausspruch der Kündigung unterbreitetes Angebot vorbehaltlos ablehnt und erst später vorträgt, er hätte das gleiche Angebot vor Ausspruch der Kündigung zumindest unter Vorbehalt angenommen. Bei diesem wechselnden Vortrag bedarf es der tatrichterlichen Würdigung, ob ihm diese Bereitschaft vor Ausspruch der Kündigung zu unterstellen ist.

4. Wären diese vom Senat aufgestellten neuen Grundsätze für das Verhältnis zwischen der Beendigungs- und der Änderungskündigung im Bereich der ordentlichen Kündigung bereits auf den vorliegenden Fall zu übertragen, dann müßte der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden.

a) Es steht nämlich fest, daß ein freier und zumutbarer Arbeitsplatz zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen für den Kläger vorhanden war. Die Bereitschaft des Klägers, ein solches ihm vor Ausspruch der Kündigung unterbreitetes Angebot anzunehmen, konnte aber noch nicht abschließend festgestellt werden, nachdem der Beklagte dem Kläger die Weiterbeschäftigung als Monteur etwa einen Monat nach Ausspruch der Kündigung angeboten, der Kläger dieses jedoch ohne Vorbehalt zunächst abgelehnt und erst ein Jahr später erklärt hat, er hätte ein entsprechendes Angebot im Zeitpunkt der Kündigung angenommen.

b) Aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit können die vorstehenden Grundsätze über die Erforderlichkeit einer Änderungskündigung jedoch nicht auf Beendigungskündigungen angewendet werden, die in der Vergangenheit im Vertrauen auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ohne ein vorheriges Änderungsangebot des Arbeitgebers ausgesprochen worden sind. Es muß vielmehr der Praxis des Arbeitslebens Gelegenheit gegeben werden, sich auf die neuen Grundsätze einzustellen, die die Rechtslage erheblich verändern, indem sie die Initiative zum Änderungsangebot vom Arbeitnehmer auf den Arbeitgeber verlagern (vgl. hierzu das auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmte Senats-Teilurteil vom 29. März 1984 - 2 AZR 429/83 (A) - NZA 1984, 169, zu III 4 der Gründe).

 

Unterschriften

Hillebrecht, Triebfürst, Dr. Becker, Dr. Bächle, Baerbaum

 

Fundstellen

Haufe-Index 60118

BAGE 47, 26-43 (LT1-3)

BAGE, 26

BB 1985, 1130-1134 (LT1-3)

DB 1985, 1186-1189 (LT1-3)

NJW 1985, 1797

NJW 1985, 1797-1800 (LT1-3)

AiB 1985, 126-128 (T)

AuB 1986, 198-199 (T)

BetrR 1985, 428-431 (T)

ARST 1986, 54-57 (LT1-3)

BehindR 1985, 90-95 (LT1-3)

BlStSozArbR 1985, 260-261 (T)

JR 1986, 484

NZA 1985, 455-459 (LT1-3)

RdA 1985, 311-315 (LT1-3)

SAE 1986, 216-220 (LT1-3)

AP, (LT1-3)

AR-Blattei, ES 1020 Nr 257 (LT1-3)

AR-Blattei, Kündigungsschutz Entsch 257 (LT1-3)

EzA, (LT1-3)

JuS 1985, 821-822 (T)

PERSONAL 1986, 36-36 (LT1-3)

ZfA 1985, 613-613 (T)

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