Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachteilsausgleich bei Teilbetriebsübertragung

 

Leitsatz (amtlich)

Während ein Sozialplan auch für Maßnahmen aufgestellt werden kann, die noch nicht geplant, aber in groben Umrissen abschätzbar sind, gelten für den Interessenausgleich strengere Anforderungen. Hier ist Voraussetzung, daß über konkret geplante Maßnahmen mit dem Betriebsrat verhandelt und schon eine Einigung über das Ob und Wie angestrebt werden kann.

 

Normenkette

BetrVG § 111 S. 2 Nr. 1, §§ 112, 113 Abs. 3; BGB § 613a

 

Verfahrensgang

Sächsisches LAG (Urteil vom 18.02.1998; Aktenzeichen 4 Sa 531/96)

ArbG Dresden (Urteil vom 04.04.1996; Aktenzeichen 5 Ca 6094/95)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 18. Februar 1998 – 4 Sa 531/96 – aufgehoben, soweit es den Hilfsantrag abgewiesen und soweit es über die Kosten entschieden hat.

2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien stritten in der Hauptsache über einen Sozialplananspruch auf Abfindung wegen Verlustes des Arbeitsplatzes, hilfsweise über einen Anspruch auf Nachteilsausgleich. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch der Nachteilsausgleich.

Der Kläger war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit dem 1. Mai 1991 als Leiter der Abteilung Angebote in der Zweigniederlassung Dresden beschäftigt. Sein Monatsgehalt betrug zuletzt 5.676,– DM brutto. Die Beklagte, deren Alleingesellschafterin die Bundesrepublik Deutschland ist, entstand am 1. Juli 1992 durch Abspaltung aus der Wismut AG. Ihr Unternehmensziel ist es, die zu ihr gehörenden Teilbereiche der ehemaligen Wismut-Betriebe zu sanieren und zu veräußern bzw. diese bei mangelnder Sanierungsfähigkeit stillzulegen. Die Beklagte ist in verschiedene Sparten unterteilt, darunter die hier betroffene Sparte Bauwesen. Diese war gegliedert in eine Hauptniederlassung in Gera sowie Zweigniederlassungen in Gera, Zwickau, Zwirtschen, Rudolstadt, Berlin, Leipzig und – hier betroffen – in Dresden.

Eine der beiden Niederlassungen in Gera sowie die Niederlassungen in Rudolstadt, Berlin und Zwirtschen hatten bereits eigene Betriebsräte, als sie am 1. März 1993 eingegliedert wurden. Im übrigen wurden die Arbeitnehmer der Hauptniederlassung und der anderen Niederlassungen – darunter auch diejenigen der Niederlassung Dresden – von einem Betriebsrat vertreten, der seinen Sitz bei der Hauptniederlassung in Gera hatte. 1994 fand eine Betriebsratswahl statt, bei der die Mitarbeiter aller Niederlassungen der Sparte Bauwesen gemeinsam einen Betriebsrat wählten. Dem zunächst bestellten Wahlvorstand war ursprünglich durch Beschluß des Arbeitsgerichts Gera vom 17. März 1994 (5 BVGa 9/94) untersagt worden, eine Betriebsratswahl für die gesamte Sparte Bauwesen durchzuführen. Dieser Beschluß war mit einem Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bei Bestellung des Wahlvorstandes begründet worden; der Wahlvorstand sei nämlich nicht in einer Betriebsversammlung der Arbeitnehmer der Niederlassungen gewählt, sondern nur von den bis dahin bestehenden Einzelbetriebsräten bestellt worden. Einzelheiten der später durchgeführten Wahl sind nicht aufgeklärt. Diese Wahl wurde angefochten (5 BV 24/94 ArbG Gera). Das Anfechtungsverfahren ruht; auch insoweit sind Einzelheiten nicht aufgeklärt.

In den Niederlassungen waren 1994 nach Angaben der Beklagten insgesamt ca. 1400 Arbeitnehmer beschäftigt (Hauptniederlassung Gera 178 Arbeitnehmer, Niederlassungen Gera 289 und 194 Arbeitnehmer, Niederlassung Zwickau 215 Arbeitnehmer, Niederlassung Leipzig 154 Arbeitnehmer, Niederlassung Zwirtschen 142 Arbeitnehmer, Niederlassung Rudolstadt 113 Arbeitnehmer, Niederlassung Berlin 30 Arbeitnehmer, Niederlassung Dresden 53 Arbeitnehmer).

Schon am 23. April 1993 hatten die Beklagte und alle Betriebsräte der Sparte Bauwesen einen Sozialplan abgeschlossen, in dem es einleitend wie folgt heißt:

Zum Ausgleich oder zur Milderung auftretender wirtschaftlicher Nachteile für die Belegschaft der Sparte Bauwesen durch die Betriebsänderung gemäß §§ 111 ff. Betriebsverfassungsgesetz wird folgender Sozialplan abgeschlossen, der zugunsten der betroffenen Mitarbeiter folgende Regelungen beinhaltet:

§ 1 Geltungsbereich

1. Der Sozialplan gilt für alle unter das Betriebsverfassungsgesetz fallenden Mitarbeiter der Sparte Bauwesen, insbesondere der Geschäftsbereiche Hoch- und Tiefbau, Industriemontage, Baumaschinen, Verkehrsbau, Baustoffe/Vorprodukte, SF-Bau, Bauträger, OBUG GmbH, denen aus Anlaß der genannten Betriebsänderung wirtschaftliche Nachteile entstehen.

3. Jeder Mitarbeiter, der das Arbeitsverhältnis durch einen vom Arbeitgeber angebotenen Aufhebungsvertrag beendet, erhält ebenfalls eine Abfindung nach den Regelungen des Sozialplanes.

Vom Geltungsbereich ausgenommen sind:

Mitarbeiter, die einen angebotenen zumutbaren Arbeitsplatz (§ 3 des Sozialplanes) ablehnen.

Nach den im einzelnen streitig gebliebenen Angaben der Beklagten wurden von den Niederlassungen, die der gemeinsam gewählte Betriebsrat vertritt, die Niederlassungen in Gera, Zwickau, Zwirtschen und Rudolstadt veräußert; die Hauptniederlassung Gera wurde zum 1. Februar 1995 und die Niederlassungen Leipzig und Berlin wurden zum 31. März 1995 stillgelegt. Hinsichtlich der Niederlassung Dresden informierte die Beklagte die betroffenen Arbeitnehmer mit Schreiben vom 15. Februar 1995, daß die Niederlassung im Rahmen der Privatisierung der Sparte Bauwesen mit Wirkung vom 1. März 1995 auf eine F Verwaltungsgesellschaft mbH, D, übertragen werde und damit auch die Arbeitsverhältnisse gem. § 613 a BGB auf diese übergingen. Der Kläger wurde in dem Schreiben darauf hingewiesen, daß er dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb von drei Wochen widersprechen könne; dies würde bedeuten, daß er in der Sparte Bauwesen verbleibe – jedoch ohne die dazugehörigen Aufgaben. Der Kläger widersprach dem Übergang mit Schreiben vom 6. März 1995. Zur Begründung verwies er auf Unsicherheiten hinsichtlich der aktiven Fortführung der Niederlassung. Ebenso wie der Kläger haben 46 der 53 in der Niederlassung Dresden beschäftigten Arbeitnehmer dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die Erwerberin widersprochen.

Mit Schreiben vom 21. März 1995 kündigte die Beklagte daraufhin das Arbeitsverhältnis des Klägers aus betriebsbedingten Gründen zum 30. Juni 1995, da nach dem Übergang der Niederlassung Dresden auf die Betriebserwerberin keine weitere Einsatzmöglichkeit mehr in der Sparte Bauwesen bestehe. Der Kläger hat die Kündigung nicht angegriffen. Die Arbeitsverhältnisse aller anderen Mitarbeiter, die dem Übergang widersprochen hatten, wurden gleichfalls gekündigt; nähere Angaben hierzu fehlen. Der Kläger hat keine Abfindung aus dem Sozialplan erhalten.

Mit seiner am 14. August 1995 erhobenen Klage hat er zunächst die Zahlung einer Abfindung nach den Grundsätzen des Sozialplans vom 23. April 1993 begehrt. Erstmals mit Schriftsatz vom 17. Oktober 1995 hat er das Zahlungsbegehren auch auf § 113 Abs. 3 BetrVG gestützt. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei nicht deshalb von Sozialplanleistungen ausgeschlossen, weil er einen zumutbaren anderen Arbeitsplatz abgelehnt habe. Der Sozialplan enthalte keine Regelung, wonach Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf einen Betriebserwerber widersprächen, von Sozialplanleistungen ausgenommen seien. Jedenfalls sei der Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses sachlich berechtigt gewesen. Die Betriebserwerberin sei kein Bauunternehmen, so daß die Weiterführung seines Arbeitsverhältnisses völlig unklar gewesen sei.

Die von der Beklagten im Anschluß an den Widerspruch durchgeführten Entlassungen der Mitarbeiter der Niederlassung Dresden seien als mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung anzusehen. Die Beklagte habe den Personalbestand der Sparte Bauwesen in der Zeit von Juni 1994 bis März 1995 um ca. 500 auf 390 Beschäftigte verringert; hiervon seien 44 Arbeitnehmer in Dresden betroffen gewesen. Der Betriebsrat sei für die Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte hinsichtlich der Niederlassung Dresden zuständig gewesen. Er sei zu Recht von den Mitarbeitern der Hauptniederlassung und den weiteren beteiligten Niederlassungen gemeinsam gewählt worden. Diese Niederlassungen seien unselbständig gewesen. Alle für das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats relevanten Entscheidungen seien von der Hauptniederlassung aus getroffen worden. Im übrigen sei die 1994 durchgeführte Wahl des Betriebsrats nicht wirksam angefochten worden. Da die Beklagte zu keinem Zeitpunkt mit dem Betriebsrat über den Abschluß eines Interessenausgleichs verhandelt habe, könne er die Zahlung eines Nachteilsausgleichs mindestens in Höhe des geltend gemachten Abfindungsanspruchs verlangen. Dieser Anspruch sei nicht verfallen, da tarifliche Ausschlußfristen auf sein Arbeitsverhältnis keine Anwendung fänden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Sozialplanabfindung nach Maßgabe des Sozialplans für die Geschäftsbereiche der Sparte Bauwesen vom 23. April 1993 in Höhe von 13.327,– DM netto nebst 5 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Abfindung nach § 113 BetrVG, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch 13.327,– DM netto nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung nicht unterschreiten sollte, zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger könne keine Abfindung aus dem Sozialplan verlangen. Er sei nicht im Rahmen einer Betriebsänderung entlassen worden. Der Betriebsübergang selbst sei keine mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG. Ursächlich für das Ausscheiden des Klägers sei allein dessen Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Betriebserwerberin. Jedenfalls könne der Kläger deshalb keine Abfindung verlangen, weil er einen zumutbaren anderen Arbeitsplatz im Sinne des Sozialplans abgelehnt habe. Als solcher sei die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung bei einem Betriebserwerber anzusehen. Sachliche Gründe für den Widerspruch hätten nicht vorgelegen.

Mangels Betriebsänderung sei auch der Versuch eines Interessenausgleichs nicht erforderlich gewesen. Die Entlassung der Arbeitnehmer, die dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse widersprochen hätten, sei nicht als Betriebsstillegung oder -einschränkung zu bewerten. Im übrigen sei der Betriebsrat für die Niederlassung Dresden gar nicht zuständig gewesen. Diese Niederlassung sei ein selbständiger Betrieb. Sie sei organisatorisch selbständig geführt worden. Jedenfalls sei sie aufgrund der räumlichen Entfernung von der Hauptniederlassung (ca. 150 km) als selbständiger Betrieb zu betrachten.

Selbst wenn ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestanden hätte, wäre es durch den Abschluß des Sozialplans 1993 verbraucht. Schließlich scheitere ein Anspruch auf Nachteilsausgleich auch daran, daß er nicht innerhalb der tariflichen Ausschlußfrist des Baurahmentarifvertrages geltend gemacht worden sei.

Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag des Klägers auf Zahlung einer Sozialplanabfindung stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht sowohl den Hauptantrag als auch den auf Nachteilsausgleich gerichteten Hilfsantrag abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger nur noch seinen Antrag auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Der allein gegen die Abweisung des Hilfsantrags gerichteten Revision war stattzugeben. Die Begründung, mit der das Landesarbeitsgericht den Anspruch auf Nachteilsausgleich nach § 113 Abs. 3 BetrVG abgewiesen hat, hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Sache ist noch nicht entscheidungsreif.

I. Das Landesarbeitsgericht hat offengelassen, ob die Entlassung von Mitarbeitern, die dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf einen Betriebserwerber widersprochen haben, eine mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung im Sinne von § 111 Satz 2 BetrVG darstellen kann und ob die Beklagte hier eine solche Betriebsänderung durchgeführt hat, ohne mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich zu versuchen. Ein Nachteilsausgleich zugunsten der Arbeitnehmer – und damit auch des Klägers – entfalle hier jedenfalls deshalb, weil jegliche Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung ihrer Besitzstände fehlten. Es gehe dem Kläger nicht um legitimen Arbeitnehmerschutz, sondern um die Kumulierung von Vorteilen (Abfindung plus Beibehalt des Arbeitsplatzes). Im übrigen sei ein eventuell bestehendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats durch den Sozialplan vom 23. April 1993 verbraucht worden.

II. Beide Begründungsansätze halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Das Landesarbeitsgericht verneint den Anspruch auf Nachteilsausgleich gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG zu Unrecht mit der Begründung, der soziale Besitzstand des Klägers sei nicht konkret gefährdet gewesen. Damit unterscheidet es nicht hinreichend zwischen den Zwecken, die einerseits mit einer Sozialplanleistung und andererseits einem Anspruch auf Nachteilsausgleich im Sinne von § 113 Abs. 3 BetrVG verfolgt werden. Sozialplanleistungen sollen konkrete Nachteile ausgleichen, die dem Arbeitnehmer infolge der durchgeführten Betriebsänderung entstehen. Insoweit spielt es eine Rolle, inwieweit der soziale Besitzstand betroffen ist, wenn der Arbeitsplatz durch die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung beim Betriebserwerber erhalten bleibt. Diese Wertung findet ihren Niederschlag auch in § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG, wonach die Einigungsstelle eine Abfindung nicht festsetzen soll, wenn ein Arbeitnehmer eine ihm angebotene zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ablehnt (vgl. dazu auch BAG Urteil vom 5. Februar 1997 – 10 AZR 553/96 – AP Nr. 112 zu § 112 BetrVG 1972).

Der Anspruch auf „Nachteilsausgleich” gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG verfolgt hingegen das Ziel, ein bestimmtes betriebsverfassungswidriges Verhalten des Arbeitgebers durch Kostenbelastung zu sanktionieren (Senatsurteil vom 10. Dezember 1996 – 1 AZR 290/96 – AP Nr. 32 zu § 113 BetrVG 1972, unter B II der Gründe). Daraus hat der Senat gerade für den auch hier einschlägigen Fall, daß ein Arbeitnehmer entlassen wird, nachdem er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber widersprochen hat, Konsequenzen gezogen. Er hat angenommen, daß der mit § 113 Abs. 3 BetrVG verfolgte Sanktionszweck es gebietet, die Berechnung der festzusetzenden Abfindung nicht nach den Kriterien durchzuführen, die für Sozialplanleistungen gelten. Maßgebend ist gemäß der gesetzlichen Verweisung in § 113 Abs. 1 BetrVG allein § 10 KSchG. Dieser enthält aber keine Vorgaben, die eine Abfindung bei Ablehnung eines zumutbaren anderen Arbeitsplatzes entsprechend § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG entfallen lassen könnten. Dem Gesetz ist eine Reduzierung des Abfindungsbetrages bei Ablehnung eines zumutbaren anderen Arbeitsplatzes nicht zu entnehmen (Senatsurteil vom 10. Dezember 1996, aaO). Daran ist festzuhalten. Das Landesarbeitsgericht hätte also nicht offenlassen dürfen, ob eine Betriebsänderung vorlag und ob die Betriebspartner einen Interessenausgleich versucht haben.

2. Nicht zu folgen ist dem Landesarbeitsgericht auch in seiner weiteren Annahme, eventuell bestehende Mitbestimmungsrechte seien jedenfalls durch den Sozialplan vom 23. April 1993 verbraucht worden. Der Abschluß eines Sozialplans macht den Versuch eines Interessenausgleichs nicht entbehrlich. Sollte das Landesarbeitsgericht gemeint haben – wofür sein Hinweis auf § 2 des Sozialplans sprechen könnte –, der Sozialplan enthalte zugleich Regelungen, die dem Interessenausgleich dienten (also Regelungen über das Ob und Wie der geplanten Betriebsänderung), könnte das am Ergebnis nichts ändern. Das Landesarbeitsgericht führt nicht näher aus, worin es derartige Regelungen sieht. Der erwähnte § 2 des Sozialplans regelt nur, welche Leistungen Mitarbeiter beanspruchen können, denen die Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz angeboten wird (Verdienstsicherung, Fahrtkosten, Umzugskosten pp.). Das sind typische Sozialplanleistungen. Aus der Regelung folgt keine Verpflichtung der Beklagten, eine Versetzung anzubieten, was als Regelung des Interessenausgleichs immerhin in Betracht käme (vgl. nur Fitting/Kaiser/ Heither/Engels, BetrVG, 19. Aufl., §§ 112, 112 a Rz 17).

Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Betriebsrat habe sein Mitbestimmungsrecht durch den Sozialplan vom 23. April 1993 verbraucht, hält auch aus einem weiteren Grunde der Überprüfung nicht stand. Richtig ist nur, daß Betriebsrat und Arbeitgeber für noch nicht geplante, aber in groben Umrissen schon abschätzbare Betriebsänderungen einen Sozialplan in Form einer freiwilligen Betriebsvereinbarung aufstellen können (Senatsbeschluß vom 26. August 1997 – 1 ABR 12/97 – BAGE 86, 228 = AP Nr. 117 zu § 112 BetrVG 1972). Das gilt jedoch nicht in gleichem Umfang für den Abschluß eines Interessenausgleichs. Bei Sozialplänen geht es um die Festlegung von Ansprüchen der Arbeitnehmer für den Fall, daß sie infolge einer Betriebsänderung bestimmte Nachteile erleiden, z.B. entlassen werden. Dieser Gegenstand ist einer auf künftige Fälle bezogenen Regelung in abstrakt-genereller Form zugänglich. Von den besonderen Umständen der einzelnen Betriebsänderung kann dabei abgesehen werden. Im Unterschied dazu ist der Interessenausgleich seiner Natur nach auf den Einzelfall bezogen, denn durch ihn soll der Betriebsrat Einfluß auf die Gestaltung der konkreten Betriebsänderung nehmen können. Dies schließt vorweggenommene Regelungen für künftige, in ihren Einzelheiten noch nicht absehbare Maßnahmen aus. In einer solchen Regelung läge in Wirklichkeit ein Verzicht auf die Mitgestaltung der künftigen Betriebsänderung (Senatsbeschluß vom 26. August 1997, aaO, unter B II 2 b aa der Gründe; so auch schon Senatsurteil vom 29. November 1983 – 1 AZR 523/82 – BAGE 44, 260, 265 = AP Nr. 10 zu § 113 BetrVG 1972).

Selbst wenn also im Zusammenhang mit dem Sozialplan vom 23. April 1993 Verhandlungen über einen Interessenausgleich geführt worden wären und diese – sei es auch im Sozialplan – einen Niederschlag gefunden hätten, könnten sie nur dann als ausreichend angesehen werden, wenn die spätere Betriebsänderung damals schon so konkret geplant gewesen wäre, daß der Betriebsrat die Möglichkeit hatte, ihre Durchführung zu beurteilen und sie zu beeinflussen. Dazu hat das Landesarbeitsgericht aber nichts festgestellt.

III. Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben, soweit es den auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs gerichteten Hilfsantrag abgewiesen hat. Die Sache ist zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat nicht möglich. Hierzu bedarf es weiterer Tatsachenfeststellungen.

1. Die Klage ist nicht deshalb abweisungsreif, weil feststünde, daß für die Niederlassung Dresden überhaupt kein zuständiger Betriebsrat im Amt war. Nach den bisherigen Feststellungen existierte schon 1993 ein Betriebsrat, der seinen Sitz bei der Hauptniederlassung in Gera hatte, aber auch die Niederlassung Dresden vertrat. 1994 fand eine Betriebsratswahl statt, bei der die Arbeitnehmer aller Niederlassungen der Sparte Bauwesen – und zwar auch der Niederlassungen, die zuvor einen eigenen Betriebsrat hatten – gemeinsam einen Betriebsrat gewählt haben. Dem Wahlvorstand war zwar zunächst durch Beschluß des Arbeitsgerichts Gera untersagt worden, eine Betriebsratswahl für die gesamte Sparte Bauwesen durchzuführen (Beschluß vom 17. März 1994 – 5 BVGa 9/94). Diese Entscheidung war aber nur darauf gestützt, daß die Bestellung des damaligen Wahlvorstandes gegen § 17 BetrVG verstieß; er hätte von der Mehrheit aller Arbeitnehmer der beteiligten Niederlassungen in einer Betriebsversammlung gewählt werden müssen, was nicht geschehen war. Das Arbeitsgericht hat in der Begründung seines Beschlusses ausdrücklich darauf hingewiesen, daß eine eventuelle Verkennung des Betriebsbegriffs gemäß §§ 1, 4 BetrVG die Wahl nur anfechtbar machen könne, nicht jedoch nichtig; die Verkennung des Betriebsbegriffs sei nicht offensichtlich.

Zeitlich nach dieser Entscheidung ist eine Wahl durchgeführt worden. Ob und unter welchen Umständen ein neuer Wahlvorstand bestellt wurde, ist nicht näher festgestellt. Wenn die Mängel, die zur Entscheidung des Arbeitsgerichts geführt hatten, vermieden wurden, fehlen Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit dieser Wahl. Die von der Beklagten gerügte Verkennung des Betriebsbegriffs allein führt nach ständiger Rechtsprechung nicht zu deren Nichtigkeit, sondern nur zu ihrer Anfechtbarkeit (vgl. Senatsbeschluß vom 27. Juni 1995 – 1 ABR 62/94 – AP Nr. 7 zu § 4 BetrVG 1972, unter B I der Gründe, m.w.N.). Dies trägt dem Grundsatz Rechnung, daß eine Wahl nur in besonderen Ausnahmefällen nichtig ist, wenn gegen wesentliche Grundsätze des Wahlverfahrens in einem so krassen Maße verstoßen worden ist, daß nicht einmal der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl gewahrt wird. Voraussetzung ist ein grober und offensichtlicher Verstoß (s. schon Senatsbeschluß vom 17. Januar 1978 – 1 ABR 71/76 – BAGE 30, 12 = AP Nr. 1 zu § 1 BetrVG 1972; BAG Beschluß vom 11. April 1978 – 6 ABR 22/77 – AP Nr. 8 zu § 19 BetrVG 1972).

Auch wenn hier manches dafür spricht, daß jedenfalls die Niederlassungen Berlin und Dresden in Anbetracht der weiten Entfernung von der Hauptniederlassung Gera (nach Angaben der Beklagten 150 km bzw. 280 km) als selbständige Betriebe im Sinne von § 4 Satz 1 Nr. 1 BetrVG anzusehen sind (vgl. nur Fitting/Kaiser/Heither/ Engels, aaO, § 4 Rz 13, m.w.N.), liegt ein in diesem Sinne offensichtlicher und grober Verstoß nicht vor. Es besteht kein Anlaß, von dem Grundsatz abzuweichen, daß die Verkennung des Betriebsbegriffs regelmäßig nur zur Anfechtung der Betriebsratswahl führt.

Die Wahl ist hier zwar angefochten worden. Das Anfechtungsverfahren wurde aber nicht abgeschlossen, sondern zum Ruhen gebracht. Da auch bei erfolgreicher Anfechtung die Entscheidung erst mit Rechtskraft für die Zukunft wirkt (s. nur BAG Beschluß vom 13. März 1991 – 7 ABR 5/90 – BAGE 67, 316 = AP Nr. 20 zu § 19 BetrVG 1972), war der 1994 gewählte Betriebsrat im hier interessierenden Zeitraum Anfang 1995 noch im Amt. Soweit es für die Beurteilung auf einen Zeitpunkt vor der Wahl dieses Betriebsrats ankäme, ist nach den bisherigen Feststellungen unklar, ob für die Niederlassung Dresden überhaupt ein gewählter Betriebsrat zuständig war, oder ob die Niederlassung Dresden nur von dem in der Hauptniederlassung gewählten Betriebsrat „mitbetreut” wurde.

2. Die Sache ist auch nicht deshalb entscheidungsreif, weil der Tatbestand einer Betriebsänderung auszuschließen wäre, so daß auch ein Anspruch aus § 113 Abs. 3 BetrVG nicht in Betracht kommen könnte.

a) Der Übergang des Betriebes oder eines Betriebsteils ist allerdings als solcher keine Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG (ständige Rechtsprechung, zuletzt etwa Senatsbeschluß vom 10. Dezember 1996 – 1 ABR 32/96 – BAGE 85, 1, 8 = AP Nr. 110 zu § 112 BetrVG 1972, unter B II 2 c aa der Gründe). Gliedert aber der Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Veräußerung eines Betriebsteils diesen aus, um ihn auf ein anderes Unternehmen zu übertragen, so liegt in der organisatorischen Spaltung des Betriebes u.U. eine mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung im Sinne von § 111 Satz 2 Nr. 3 BetrVG (Senatsbeschluß vom 10. Dezember 1996, aaO). Es kann dahingestellt bleiben, ob diese mit Wirkung zum 1. Januar 1995 in § 111 BetrVG aufgenommene Regelung hier zur Anwendung kommt. Der Kläger ist nämlich nicht infolge einer „Spaltung” entlassen worden. Diese führte nur zur organisatorischen Herausnahme der Niederlassung Dresden aus der bisher (fiktiv) einheitlichen Organisation der Sparte Bauwesen.

Die Entlassung ist vielmehr zurückzuführen auf die weitere Entscheidung der Beklagten, diejenigen Arbeitnehmer, die nach der Übertragung des Betriebsteils auf den Betriebserwerber dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse widersprochen haben, nicht weiterzubeschäftigen (s. auch Senatsurteil vom 10. Dezember 1996 – 1 AZR 290/96 – AP Nr. 32 zu § 113 BetrVG 1972, unter A I 2 der Gründe). Entscheidend ist also, ob diese Personalreduzierung – eventuell zusammen mit weiteren Maßnahmen des bisherigen Betriebsinhabers – den Tatbestand einer Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG erfüllt. Nur dann kann im Sinne von § 113 Abs. 3 BetrVG gesagt werden, daß eine geplante Betriebsänderung durchgeführt wurde und Arbeitnehmer infolge dieser Maßnahme entlassen worden sind. Dies hat der Senat schon in seiner Entscheidung vom 10. Dezember 1996 (aaO) entschieden. Er hat dort angenommen, daß für die Frage, ob eine Betriebseinschränkung durch Personalabbau vorliegt, auch diejenigen Mitarbeiter zu berücksichtigen sind, die dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber eines Betriebsteils widersprochen hatten und anschließend zusammen mit den Arbeitnehmern des nicht veräußerten Restbetriebes, dessen Stillegung von vornherein geplant war, entlassen worden waren.

b) Eine solche Konstellation ist auch hier nicht auszuschließen. Die Niederlassung Dresden ist als Betriebsteil eines einheitlichen Betriebes anzusehen. Bereits 1993 bestand nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ein Betriebsrat, der mehrere Niederlassungen – darunter die Niederlassung Dresden – „betreute”. 1994 haben die Arbeitnehmer sämtlicher Niederlassungen diese als Bestandteile eines einheitlichen Betriebes betrachtet und gemeinsam einen Betriebsrat gewählt. Da dessen Wahl – wie dargelegt – nicht wirksam angefochten wurde, war er zum hier interessierenden Zeitpunkt noch im Amt. Wird aber ein Betriebsrat wirksam für eine betriebsratsfähige Einheit gewählt, ist auch hinsichtlich seiner Mitbestimmungsrechte von dieser Einheit auszugehen. Der Senat hat für den umgekehrten Fall, daß für den Teil eines Betriebs ein eigener Betriebsrat gewählt wurde, gleichfalls angenommen, daß dieser Betriebsrat alle entsprechenden Beteiligungsrechte hat. Solange dessen Wahl nicht wirksam angefochten wurde, ist unerheblich, ob er tatsächlich für eine betriebsratsfähige Einheit gewählt worden ist (Senatsbeschluß vom 27. Juni 1995 – 1 ABR 62/94 – AP Nr. 7 zu § 4 BetrVG 1972).

c) Bei der danach gebotenen „betriebseinheitlichen” Sichtweise geht es hinsichtlich der Niederlassung Dresden nicht um die Stillegung eines selbständigen Betriebes. Deshalb kann es dahingestellt bleiben, ob eine Betriebsstillegung auch dann vorliegen kann, wenn alle Arbeitnehmer bei einer Betriebsveräußerung von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen und mangels Vorhandenseins anderer Betriebsmittel anschließend entlassen werden müssen (so etwa Däubler in Däubler/ Kittner/Klebe, BetrVG, 6. Aufl., § 111 Rz 105; offensichtlich auch BAG Beschluß vom 1. April 1998 – 10 ABR 17/97 – AP Nr. 123 zu § 112 BetrVG 1972, unter B III 2 der Gründe; einschränkend Richardi, BetrVG, 7. Aufl., § 111 Rz 131 – Betriebsänderung komme nur bei Veräußerung eines Betriebsteils in Betracht). In Betracht kommen könnte vielmehr eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 1 Nr. 1 BetrVG unter dem Gesichtspunkt der Stillegung eines wesentlichen Betriebsteils bzw. einer – bezogen auf den Gesamtbetrieb – wesentlichen Betriebseinschränkung durch Personalabbau (vgl. Senatsurteil vom 10. Dezember 1996, aaO). Die Wesentlichkeit kann sich dabei aus der Bedeutung des Betriebsteils innerhalb der Gesamtorganisation ergeben (s. nur Fitting/Kaiser/Heither/Engels, aaO, § 111 Rz 65, 66). Hierzu fehlen nähere Feststellungen des Aufgabenbereichs der Niederlassung Dresden im Verhältnis zu dem anderer Niederlassungen bzw. zum Gesamtbetrieb.

Ein Betriebsteil kann darüber hinaus auch dann wesentlich sein, wenn in ihm ein erheblicher Teil der Gesamtbelegschaft beschäftigt wird. Dies hat Bedeutung vor allem für den Tatbestand einer wesentlichen Betriebseinschränkung durch Personalabbau. Maßgebend sind insoweit die Zahlen entsprechend § 17 KSchG, wobei aber mindestens 5 % der Gesamtbelegschaft betroffen sein müssen (Senatsurteil vom 7. August 1990 – 1 AZR 445/89 – AP Nr. 34 zu § 111 BetrVG 1972; Senatsbeschluß vom 11. November 1997 – 1 ABR 6/97 – AP Nr. 42 zu § 111 BetrVG 1972, unter II 3 der Gründe). Wenn man dabei nur die Niederlassung Dresden in Betracht zieht, so ist zweifelhaft, ob die erforderliche Größenordnung erreicht wird. Ausgehend von einer ursprünglichen Gesamtzahl von ca. 1500 Arbeitnehmern wäre die Zahl von 5 % (75 Arbeitnehmer) nicht erreicht. Von einer geringeren Gesamtzahl wäre u.U. dann auszugehen, wenn im entscheidenden Zeitpunkt aufgrund vorangegangener Maßnahmen die Gesamtzahl bereits dauerhaft herabgesetzt worden wäre.

Eine wesentliche Betriebseinschränkung durch Personalabbau im Sinne des Betriebsverfassungsrechts könnte sich aber auch aus einer zusammenfassenden Betrachtung mehrerer Maßnahmen ergeben. Nach den Angaben der Beklagten sind die Hauptniederlassung Gera mit 178 Arbeitnehmern zum 1. Februar 1995 und die Niederlassung Berlin mit 30 Arbeitnehmern zum 31. März 1995 stillgelegt worden. Geht man von einem einheitlichen Betrieb aus, könnten diese Personaleinschränkungen als einheitliche Maßnahme zu bewerten sein, weil sie in einem sachlichen Zusammenhang stehen und auf eine einheitliche Konzeption zurückgehen (vgl. für eine ähnliche einheitliche Bewertung mehrerer Maßnahmen bei einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen Senatsbeschluß vom 11. November 1997 – 1 ABR 6/97 – AP Nr. 42 zu § 111 BetrVG 1972, unter II 3 der Gründe). Insofern könnte der zeitliche Zusammenhang der Maßnahmen einen Anhaltspunkt geben. Es ist aber nicht näher aufgeklärt, wie es zu den Maßnahmen gekommen ist und ob ihnen eine einheitliche Planung zugrunde lag.

3. Die Sache ist auch nicht deshalb entscheidungsreif, weil feststünde, daß bereits ein Interessenausgleich erfolgt ist. Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob, wann und in welcher Weise der Betriebsrat beteiligt wurde. Soweit es davon ausgegangen ist, ein eventuelles Mitbestimmungsrecht sei durch den Sozialplan verbraucht, ist diese Annahme – wie dargelegt – mit der gegebenen Begründung nicht haltbar. Denkbar ist aber immerhin, daß die Betriebspartner bei Abschluß des Sozialplans zugleich auch Einigkeit darüber erzielt haben, wie die vorgesehenen unternehmerischen Maßnahmen durchzuführen seien und der Betriebsrat dem unternehmerischen Konzept bereits zugestimmt hat. Daß dies nicht in einer gesonderten Vereinbarung niedergelegt wurde, spricht nicht zwingend gegen eine solche Einigung. Sozialplan und Interessenausgleich werden nicht selten ohne deutliche Trennung voneinander vereinbart.

Da ein Interessenausgleich allerdings nicht abstrakt-generell für künftige Fälle im voraus abgeschlossen werden kann (Senatsbeschluß vom 26. August 1997 – 1 ABR 12/97 – BAGE 86, 228 = AP Nr. 117 zu § 112 BetrVG 1972), wäre weitere Voraussetzung, daß bereits zu diesem Zeitpunkt die Planungen so konkret waren, daß mit dem Betriebsrat über das Ob und Wie der Betriebsänderung verhandelt werden konnte. Die bloße Möglichkeit einer Stillegung bzw. entsprechender Entlassungen für den Fall, daß die Fortführung oder Veräußerung eines Betriebsteils nicht gelingt, genügt diesen Anforderungen in der Regel nicht. Hinsichtlich der Beklagten sind aber Besonderheiten zu berücksichtigen, die einen großzügigeren Maßstab rechtfertigen könnten. Sie war von vornherein nicht auf längerfristige Fortführung der von ihr übernommenen Betriebe bzw. Betriebsteile angelegt. Ihr Unternehmenszweck bestand gerade darin, diese entweder zu veräußern oder stillzulegen. Insofern erscheint es nicht ausgeschlossen, daß bereits bei Abschluß des Sozialplans ein hinreichend konkretes unternehmerisches Konzept für die Umsetzung dieses Ziels vorlag, das vom Betriebsrat mitbeurteilt werden konnte und aufgrund eines Interessenausgleichs mitgetragen worden ist.

4. Der Senat kann schließlich auch nicht deshalb abschließend entscheiden, weil feststünde, daß der Kläger eine auf das Arbeitsverhältnis anzuwendende tarifliche Ausschlußfrist versäumt hätte, so daß ein möglicher Anspruch auf Nachteilsausgleich verfallen wäre. Die Beklagte hat zuletzt nicht mehr bestritten, daß jedenfalls der für gewerbliche Arbeitnehmer geltende Bundes-Rahmentarifvertrag für das Baugewerbe keine Anwendung findet, weil der Kläger als Angestellter tätig war. Ob die Anwendung eines anderen Tarifvertrages – etwa des Rahmentarifvertrages für die technischen und kaufmännischen Angestellten des Baugewerbes – vereinbart war, ist streitig geblieben. Der Anstellungsvertrag enthält keine allgemeine Bezugnahme auf tarifliche Bestimmungen. Die Vereinbarung der Gehaltsgruppe „T 6” und die Verweisung darauf, daß zusätzliche Leistungen auf der Grundlage „vom Bundes-Rahmentarifvertrag” gewährt werden, besagt für sich allein noch nichts über die Anwendung eines Tarifvertrages insgesamt. Auch insoweit bedarf es also der weiteren Sachaufklärung (vgl. zur Anwendung tariflicher Ausschlußfristen bei Nachteilsausgleich im übrigen zuletzt Senatsurteil vom 21. Oktober 1997 – 1 AZR 138/97 – n.v.).

IV. Das Landesarbeitsgericht wird unter Berücksichtigung der Ausführungen unter III den Parteien Gelegenheit geben müssen, zu den angesprochenen Fragen Stellung zu nehmen. Kommt das Landesarbeitsgericht nach erneuter Verhandlung zur Bejahung eines Anspruchs auf Nachteilsausgleich, ist dessen Höhe gemäß § 113 BetrVG festzusetzen (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 10. Dezember 1996 – 1 AZR 290/96 – AP Nr. 32 zu § 113 BetrVG 1972, unter A II und B II der Gründe).

 

Unterschriften

Dieterich, Wißmann, Rost, von Platen, Brunner

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 19.01.1999 durch Klapp, Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 436269

BB 1999, 1506

BB 2000, 47

DB 2000, 231

ARST 2000, 18

EWiR 1999, 727

FA 1999, 266

NZA 1999, 949

SAE 2000, 178

ZIP 1999, 1411

AP, 0

ZInsO 1999, 544

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