Die eingangs dargestellten Zwecke von Ausschlussfristen entsprechen auch der Konzeption des Verjährungsrechts. Die gesetzlichen Verjährungsvorschriften sollen vor unbegründeten Ansprüchen aus längst abgewickelten Vertragsbeziehungen, über die z. B. keine Unterlagen und Zeugen mehr vorhanden sind, schützen.[1]

Die gesetzliche Verjährung rechtmäßiger Ansprüche rechtfertigt sich – wie bei Ausschlussfristen – aus dem Bedürfnis nach Rechtsfrieden und Rechtssicherheit.[2]

Gleichwohl unterscheiden sich Verjährungsfristen nach §§ 195 ff. BGB in mancher Hinsicht grundsätzlich von Ausschlussfristen. Dies gilt zunächst für die Wirkung der jeweiligen Regelung. Nach § 214 Abs. 1 BGB ist der Schuldner nach Ablauf der Verjährungsfrist lediglich berechtigt, die Leistung zu verweigern. Das bedeutet, dass der Anspruch des Gläubigers an sich weiterhin besteht. Der Schuldner muss sich im Prozess auf die Einrede der Verjährung berufen.[3] Ob der Schuldner von diesem Gegenrecht Gebrauch macht, steht aber in seinem Belieben. Nur wenn er im gerichtlichen Verfahren die Einrede der Verjährung erhebt, darf das Gericht diesen Einwand überhaupt berücksichtigen. So kann der Schuldner einer an sich verjährten Leistung das Geleistete nicht zurückfordern, weil der Anspruch an sich ja noch bestand, nur nicht mehr durchsetzbar war.[4] Ausschlussfristen laufen dagegen in der Praxis stets unabhängig von der Kenntnis und dem Willen des Schuldners ab. Ist die Frist abgelaufen, besteht der Anspruch nicht mehr. Wird nach Ablauf der Ausschlussfrist geleistet, kann diese Leistung wegen ungerechtfertigter Bereicherung (innerhalb der Ausschlussfrist) zurückgefordert werden.

Der Schuldner braucht insoweit keine ausdrückliche Einrede mehr zu erheben. Ausschlussfristen betreffen daher nicht die Entstehung eines Rechts und seinen Inhalt, sondern seinen zeitlichen Bestand.[5]

Ein weiterer Hauptunterschied zwischen Verjährungs- und Ausschlussfristen ist, dass Ausschlussfristen regelmäßig deutlich kürzere Fristen vorsehen. Die regelmäßige Verjährungsfrist für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis beträgt 3 Jahre, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden ist[6], teilweise gelten sogar noch längere Fristen. Dies ist in der Praxis des Arbeitslebens als unbefriedigend lang empfunden worden, weshalb Ausschlussfristen einen Fristablauf normalerweise nach 2–3, längstens 6 Monaten vorsehen. Die längste dem Verfasser bekannte tarifliche Ausschlussfrist beträgt 12 Monate seit Entstehen des Anspruchs.[7] Trotz der Gemeinsamkeiten können die Vorschriften des BGB zur Verjährung nicht ohne Weiteres auf Ausschlussfristen angewendet werden.[8]

Eine Ausnahme ist § 202 Abs. 1 BGB. Die Vorschrift sieht vor, dass die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden kann. Diese Regelung ist auch auf Ausschlussfristen anwendbar.[9]

Im Übrigen prüfen das Bundesarbeitsgericht (BAG) und der Bundesgerichtshof (BGH) für jede einzelne Vorschrift deren Übertragbarkeit auf Ausschlussfristen.[10]

Das BAG hat z. B. für § 203 Abs. 1 BGB, der eine Hemmung der Verjährung bei Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien vorsieht, die Anwendbarkeit auf Ausschlussfristen bejaht. Im Anwendungsbereich des § 307 Abs. 3 BGB, also bei einzelvertraglichen Ausschlussfristen, ist allerdings zu beachten, dass Ausschlussfristen stets eine Abweichung vom gesetzlichen Verjährungsrecht darstellen und hierüber dann eine zusätzliche Inhaltskontrolle stattfindet.

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